© oekonews- Wolfgang Pucher/ Verkehrsminister Leichtfried  mit dem Elektroauto vor dem Parlament
© oekonews- Wolfgang Pucher/ Verkehrsminister Leichtfried mit dem Elektroauto vor dem Parlament

Mobilität im Mittelpunkt

Umweltfreundlich, sicher, leistbar und mehr- Debatte im Verkehrsausschuss - Minister Leichtfried: Maßnahmen für umweltfreundliche Mobilität und Maßnahmenpaket soll demnächst vorgestellt werden

Wien - Viele Bereiche haben mit Verkehr zu tun, das zeigte sich auch beim ersten Verkehrsausschuss im neuen Parlamentsjahr. In einer Aussprache mit den Abgeordneten über aktuelle Themen wies Verkehrsminister Jörg Leichtfried auf die rasanten Entwicklungen im Bereich der E-Mobilität und des automatisierten Fahrens hin, die einen gesetzlichen Rahmen brauchen werden. Außerdem wurden der Sicherheitsbericht 2015 der Sicherheitsuntersuchungsstelle des Bundes und der Tätigkeitsbericht der Schienen-Control GmbH 2015 präsentiert.

Debattiert wurden auch über eine Reihe von Anträgen von FPÖ, Grünen und NEOS, die meisten davon bereits einmal debattiert und vertagt worden. So will die FPÖ günstigere Versicherungen für Autos, die zusätzliche Sicherheitsfeatures haben, und ein Österreich-Ticket für alle öffentlichen Verkehrsmittel. Außerdem sollen Schulkinder in Bussen Anspruch auf jeweils einen Sitzplatz haben.

Die NEOS wollen eine Neuausrichtung der Finanzierung von Infrastrukturprojekten und eine r EU-konforme Beschränkung von Direktvergaben von gemeinwirtschaftlichen Leistungsverträgen im öffentlichen Verkehr. Grüne und NEOS fordern Änderungen in der Straßenverkehrsordnung, um die Vorschriften für die Benützung von Miniscootern und Fahrrädern durch Kinder zu vereinfachen.

Umweltfreundliche und sichere Mobilität als Schwerpunkte der Verkehrspolitik

Verkehrsminister Jörg Leichtfried stellte die Grundsätze seiner Verkehrspolitik dar und nannte zwei Schwerpunkte für die nächste Zeit: Maßnahmen für umweltfreundliche Mobilität und ein Maßnahmenpaket mit etwa hundert Einzelmaßnahmen, das demnächst vorgestellt werden soll. Ziel sei eine Halbierung der Zahl der Verkehrstoten bis 2020. Wichtig seien vor allem Maßnahmen zur Bewusstseinsbildung, speziell unter jungen Männern, die eine besondere Risikogruppe darstellten. Auch die Frage der Ablenkungen als Unfallursache werde im Fokus stehen, sowie technische Maßnahmen, mit denen Unfallfolgen verringert werden können.

ÖVP-Verkehrssprecher Andreas Ottenschläger sagte die Unterstützung seiner Fraktion für das Maßnahmenpaket des Ministers zur Verkehrssicherheit zu.

Die Grüne Behindertensprecherin Helene Jarmer unterstrich die Forderung nach Barrierefreiheit im öffentlichen Verkehr und forderte erneut eine Telefon- bzw. Notrufzentrale für gehörlose Menschen, etwas, von dem auch andere Menschen profitieren können. Der Minister zeigte sich interessiert an den technischen Neuerungen, die barrierefreie Kommunikation erleichtern sollen.

Harald Walser (Grüne) erinnerte an die Anliegen des Nahverkehrs in Vorarlberg und Tirol. Die Abgeordneten Konrad Antoni (S) und Werner Groiß (V) verwiesen auf erfolgreiche Gespräche in Niederösterreich über den Ausbau der Franz-Josefs-Bahn und ersuchten um Unterstützung des Verkehrsministers. Deimek (F) thematisierte die zögernde Entwicklung der Donauschifffahrt und Probleme des Bahnverkehrs im "deutschen Eck".

Eine grundsätzliche Frage war die umwelt- und klimagerechte Umgestaltung des Verkehrssystems. Der Verkehrsminister stimmte Abgeordneter Christiane Brunner (G) zu, dass der Klimavertrag von Paris eine neue Richtung weise. NEOS-Abgeordneter Michael Bernard meinte, es seien große Schritte in der Reduktion der CO2-Belastung möglich, Österreich müsse sich hier an die Spitze setzen, nicht nur reagieren. Für eine Dekarbonisierung des Verkehrssystems werde die Elektromobilität ein wichtiger Punkt sein, ebenso eine ökosoziale Steuerreform, meinte Leichtfried. Für umweltfreundlichen Verkehr habe der Schienenverkehr zentrale Bedeutung. Im Individualverkehr stelle die Elektromobilität wahrscheinlich die zukunftsträchtigste Lösung dar, auch wenn er als Verkehrsminister einen technologieneutralen Ansatz habe. Die Frage, wie ein Umstieg auf Elektrofahrzeuge als Erstfahrzeug stimuliert werden könnte, brauche noch einiger Überlegungen. Verschiedene Anreize seien denkbar, dazu gehörten etwa eine flexible Preisgestaltung an Ladestationen, wie sie in Norwegen bereits praktiziert wird.

Als weiteren Bereich, in dem die Entwicklung sehr rasch voranschreite, nannte der Minister den Bereich des automatisierten Fahrens. Derzeit lägen schon drei Anträge für Teststrecken vor. Potenzial für eine erste Anwendung im Alltag sehe er auf gewissen Autobahnstrecken.

verbesserte Meldekultur für Störfälle

Eine verbesserte Meldekultur für Störfälle in den Bereichen Schiene, Schifffahrt, Seilbahnen und Zivilluftfahrt konstatiert die Sicherheitsuntersuchungsstelle des Bundes (SUB) in ihrem Sicherheitsbericht. Ein wichtiger Punkt für diesen Erfolg ist, dass die SUB sich an Unternehmen direkt wendet und sie über ihre Meldepflichten aufklärt. Zentrale Aufgabe der SUB als unabhängige Behörde ist die Untersuchung von Unfällen und Störungen durch ein qualifiziertes Untersuchungsverfahren, eine Feststellung der möglichen Ursachen und die Ausarbeitung von Sicherheitsempfehlungen um die Verkehrssicherheit zu verbessern.


Keine einheitliche Entwicklung im Schienenverkehr

Der Tätigkeitsbericht der Schienen-Control GmbH 2015 brachte ein spannendes Jahr in den Fokus, so erfolgte die Vollinbetriebnahme des Hauptbahnhofs Wien. Auf europäischer Ebene wurde intensiv um das 4. Eisenbahnpaket verhandelt. Technisch konnte eine Einigung erzielt werden, um politische Details, welche die Wettbewerbsbedingungen für den Marktzugang definieren, wurde bis zum Frühjahr 2016 gerungen.

Die Entwicklung des Verkehrsaufkommens war uneinheitlich, wie SPÖ-Abgeordneter Hell aufzeigte. So ging der Schienengüterverkehr gegenüber 2014 aufgrund einer schwachen Konjunktur etwas zurück, bei einem Zuwachs der Marktanteile von Privatbahnen. Der Personenverkehr zeigte einen leichten Zuwachs gegenüber 2014. Zufriedenstellend sei die hohe Pünktlichkeit im Zugverkehr, meinte Hell. Abgeordneter Willi (G) zeigte sich unzufrieden über das Stagnieren des Güterverkehrs auf der Schiene, er sah die sinkenden Treibstoffpreise als Hauptfaktor. Er hoffte, wie auch FPÖ-Verkehrssprecher Deimek, dass es keine weiteren Streckenstilllegungen geben wird. Der Verkehrsminister stimmte den Abgeordneten zu, dass auch bei stillgelegten Strecken die Trasse möglichst erhalten bleiben sollte, um die Option einer späteren Reaktivierungen offen zu halten.

In Antwort auf ÖVP-Abgeordnete Elisabeth Pfurtscheller, die meinte, dass gewisse Liberalisierungsschritte des Bahnmarktes noch möglich seien, sagte Leichtfried, dass eine zu weitgehende Liberalisierung problematisch sei. Österreich habe durchaus eine breite Palette an Eisenbahnunternehmen, die zu fairen Bedingungen die Infrastruktur nützen könnten. Die Privatbahnen konnten zuletzt ihren Marktanteil im Verkehrsaufkommen und an der Verkehrsleistung steigern. Was zu vermeiden sei, wären Oligopole, wie sie sich nach der Liberalisierung des Luftverkehrs herausgebildet hätten. Wenn er sich für die Erhaltung integrierter Eisenbahnunternehmen ausspreche, so erkläre sich das aus den schlechten Erfahrungen, die etwa Großbritannien mit der radikalen Privatisierung des Schienennetzes gemacht habe. ÖVP-Verkehrssprecher Andreas Ottenschläger stellte dazu klar, dass auch seine Fraktion es für sinnvoll halte, die Schieneninfrastruktur als staatliche Aufgabe zu definieren und sie nicht zu privatisieren. Gleichzeitig sollte aber sichergestellt werden, dass diese optimal genützt wird, dazu brauche es auch Privatunternehmen.

Und wieder das Österreich-Ticket

Erneut befasste sich der Ausschuss mit einem Antrag des Freiheitlichen Verkehrssprechers Gerhard Deimek für die Einführung eines Österreich-Tickets, das zu einem sozial verträglichen Tarif die Nutzung sämtlicher öffentlicher Verkehrsmittel in Österreich ermöglichen soll. Deimek verweist dabei auf das erfolgreiche Modell einer Jahresnetzkarte, das in der Schweiz bereits existiert.

NEOS gegen Direktvergaben im öffentlichen Verkehr und neue Formen der Infrastrukturfinanzierung

Eine Ende der Direktvergaben beim öffentlichen Verkehr forderte einmal mehr Abgeordneter Michael Bernhard. Er meint, die bisher in Österreich geübte Praxis der Direktvergabe von gemeinwirtschaftlichen Leistungsverträgen sei im öffentlichen Verkehr nicht konform mit dem aktuellen EU-Recht, das solche Direktvergaben nur sehr restriktiv zulassen würde. Er spricht sich auch für die Schaffung einer Infrastrukturfinanzierungs-AG (INFINAG) nach Schweizer Modell aus. In die INFINAG wären laut dem Abgeordneten die ÖBB-Infrastruktur-AG und die ASFINAG einzugliedern, um eine echte Trennung zwischen den Kosten für die Errichtung der Verkehrsinfrastruktur und für deren Betrieb zu erreichen. Die Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur wäre nach seiner Vorstellung durch eine Zweckwidmung verkehrsrelevanter Steuern und drei Infrastrukturfonds zu sichern.

Mehr kinderfreundliche Regelungen in der StVO

Vom Ausschuss wurde auch je ein Antrag der Grünen und der NEOS mit der Forderung nach mehr Kinderfreundlichkeit in der Straßenverkehrsordnung (StVO) wieder aufgenommen. Die Grünen sehen die Lösung in einer Definition, die die Benützung von Tretrollern, Miniscootern und dergleichen mit dem Gehen gleichsetzt. Damit könnten Kinder diese ohne Altersbeschränkung legal benützen, womit man der Realität auf dem Schulweg Rechnung trage. Ähnlich lautet auch ein bereits einmal vertagter Antrag des NEOS-Abgeordneten Michael Bernhard. Die Bewegung von Kindern müsse gefördert werden, argumentierte er.


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /