4 Grad Plus? Vorarlberg denkt bei Klimaerwärmung vor

Die Vorarlberger Landesregierung stellt neuen Aktionsplan vor

Bregenz - Überschwemmungen, schneelose Winter, extreme Hitze.. Auch wenn an Maßnahmen gegen den Klimawandel gearbeitet wird, sind Veränderungen wahrscheinlich fix und die Klimaerwärmung wird weitergehen. Um die erwarteten Veränderungen einzugrenzen, setzt Vorarlberg neben der Verringerung der Treibhausgase im Rahmen der Energieautonomie auf seine Klimawandel-Anpassungsstrategie und den Aktionsplan 2017. Details dazu stellten die Landesräte Erich Schwärzler und Johannes Rauch am Freitag vor.

Die Ergebnisse sind schockierend: Wenn es keine Erfolge bei der Treibhausgassenkung gibt, dann könnte sich die Jahresdurchschnittstemperatur in Vorarlberg von derzeit rund 5 Grad Celsius um 4 Grad auf dann neun Grad deutlich erhöhen, wie neueste Klimaszenarien zeigen.

"Vorarlberg ist sich seiner Verantwortung bewusst", wie Landesrat Rauch betonte: "Mit Hilfe der Energieautonomie-Strategie wollen wir bis 2050 Null-Emissionen erreichen und damit die Klimaerwärmung auf ein verträgliches Maß begrenzen. Um das zu schaffen, müssen wir die Maßnahmen der Energieautonomie entschlossen vorantreiben: den Anteil an erneuerbaren Energien steigern, den Energieverbrauch reduzieren." Im Bereich Klimawandel verfolgen wir also eine Doppelstrategie, sagte Rauch: "zum einen den Klimaschutz, zum anderen die Anpassung an die unausweichlichen Folgen des Klimawandels."

Klimaszenarien Vorarlberg bis 2100

Um die Auswirkungen des Klimawandels auf Vorarlberg besser einschätzen zu können, hat das Land Vorarlberg gemeinsam mit dem Bund und den Bundesländern die Studie "ÖKS 15 – Klimaszenarien für Österreich" beauftragt. Die Studie wurde von der Universität Salzburg, der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) und dem Wegener Center der Universität Graz durchgeführt. Klima-Experte Douglas Maraun stellte die wesentlichen Ergebnisse vor. Bei bei einem business-as-usual Szenario (also bei ungebremsten Treibhausgasemissionen) wäre mit folgenden Konsquenzen für Vorarlberg zu rechnen:

• Die mittlere Lufttemperatur würde von 5 °C bis Ende dieses Jahrhunderts um 4,2 °C auf 9,2 °C zunehmen, allein bis 2035 um rund 1,4 °C.
• Hitzetage mit Temperaturen über 30 °C steigen in ferner Zukunft im Durchschnitt Vorarlbergs von 0,7 um 11,6 auf rund 12 Tage – im Flachland teilweise auf über 30 Tage.
• Die Vegetationsperiode von 184 Tagen erhöht sich bis Ende dieses Jahrhunderts um 63 Tage auf rund 250 Tage.
• Die Heizgradtage nehmen bis Ende des Jahrhunderts um fast 30 Prozent ab.
• Die Niederschlagsszenarien unterliegen einer großen natürlichen Schwankungsbreite. Im Frühling der fernen Zukunft wird es im business-as-usual-Szenario signifikante Zunahmen von mehr als 10 Prozent etwa im Bregenzer Wald und im Bereich des Walgau geben.

" Den Klimawandel können wir nicht negieren. Mit dem Projekt Klimaszenarien wollen wir das mögliche Klima der Zukunft für die Menschen greifbar machen", meinte Landesrat Erich Schwärzler: "Auf der Grundlage der neuen Klimaszenarien können in Zukunft bessere Analysen durchgeführt werden, wie sich das Land Vorarlberg bestmöglich an den Klimawandel, zum Beispiel in den Bereichen Katastrophenschutz, Umwelt, Tourismus und Gesundheit, anpassen kann." Die Daten der Klimaszenarien sind auf den Internetseiten des Landes verfügbar.

Aktionsplan Klimawandel-Anpassung 2017

Die Klimaforschung ist sich einig, dass – selbst, wenn die in Paris beschlossenen Klimaziele erreicht werden - der Klimawandel auch in den nächsten Jahren voranschreiten wird. Die Vorarlberger Landesregierung hat mit der Klimawandel-Anpassungsstrategie bereits 2015 ein Konzept vorgelegt, um die Bevölkerung auf die kommenden Veränderungen vorzubereiten. Nun liegt ein Aktionsplan für 2017 vor, der zeigt, was die Landesregierung im Bereich Klimawandelanpassung unternimmt:

Wildbach und Lawinenverbauung investiert vermehrt in flächenwirtschaftliche Projekte
Zusätzlicher Siedlungsraum wird vor Hochwasser geschützt
Wasserwirtschaft sichert Trinkwasserversorgung durch Schaffung bzw. Ausbau zweiter Standbeine
Landwirtschaft setzt auf Erhalt seltener und alter Pflanzen zur Stärkung der Anpassungsfähigkeit
Landesfeuerwehrverband berät Betroffene von Naturgefahren
Straßenbau investiert in Maßnahmen zur Bewältigung höherer Niederschlagsmengen
Tourismus setzt auf Ganzjahresangebot
Förderaktion Klimawandel-Anpassungsmodellregionen (KLAR): Regionale Lösungen für globale Herausforderungen

Die Folgen des Klimawandels sind für viele Menschen in den Gemeinden bereits heute spürbar. Um Regionen und Gemeinden die Möglichkeit zu geben, sich vorausschauend an den Klimawandel anzupassen, startete der Klima- und Energiefonds in enger Zusammenarbeit mit den Bundesländern das europaweit einzigartige Pilotprogramm "KLAR: Klimawandel-Anpassungsmodellregionen". Mit diesem Förderprogramm werden Gemeinden und Regionen bei der Planung und Umsetzung von Anpassungsmaßnahmen (z.B. Beschattungssysteme für Kindergärten, Trinkwasserbrunnen, Weinbau in neuen Lagen oder Angebote für sanften Tourismus) unterstützt.

Alle Details:
www.vorarlberg.at/klimazukunft

Wichtig für die Aufklärung zum Thema Klimawandel

‘Die von der schwarz-grünen Landesregierung vorgestellten Klimaszenarien sind ein wichtiger und ungeschönter Akt der Aufklärung zum Thema Klimawandel. Diese wissenschaftlichen Szenarien zeigen auf was uns droht, wenn nicht konsequent dagegen gesteuert, bzw. konsequent Klimaschutz betrieben wird. Eine Temperaturerhöhung von bis zu 4°C im Jahresschnitt muss unbedingt vermieden werden", ermahnt der Grüne Energie- und Klimaschutzsprecher Adi Gross.

Gerade diese Woche wurde vom Europäischen Parlament das Klimaabkommen von Paris mit überwältigender Mehrheit angenommen. Dies sei ein wichtiges Signal. Bedauerlich und absolut unverständlich - und ebenso verantwortungslos - sei aber, dass die österreichischen Abgeordneten der FPÖ dagegen gestimmt haben. ‘Das gleiche geschah im Juli, als im Österreichischen Parlament über das Abkommen debattiert wurde. Auch da stimmte die FPÖ dagegen’, so Gross.

Vorarlberg habe sich bereits vor Jahren mit dem Beschluss zur Energieautonomie das weit vorausschauende Ziel gesetzt, bis 2050 null Emissionen zu erreichen. "Das war und ist eine großartige Entscheidung", freut sich Gross immer noch, "Ein Meilenstein und eine Vorwegnahme der nun vereinbarten Ziele im Rahmen des weltweiten Klimaabkommens von Paris".

Es sei wichtig die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Vorteile, sprich die Chancen, die eine solche Zielsetzung mit sich bringt, gezielt zu nutzen. ‘Wir haben in einer Reihe von Sektoren große Erfolge, die auch anerkannt gehören. Trotzdem müssen wir in einigen Segmenten die Anstrengungen deutlich erhöhen! Dazu gehört insbesondere der Verkehr. Da laufen uns die Emissionen weiterhin aus dem Ruder’, so Gross. Es brauche eine nachhaltige Mobilitätswende. Ein weiteres Beispiel, wo noch dringend nachgeschärft werden müsse, sei die Nutzung von Ölheizungen. ‘Da ist es notwendig, bald an einen Punkt zu kommen, wo keine neuen Ölanlagen mehr installiert werden’, fordert Gross.

"Letztlich sollte die Einhaltung von Klimaschutzzielen so bedeutsam werden, wie die Einhaltung der Maastrichtkriterien. Bei allen noch offenen Punkten bin ich aber optimistisch. Wir haben in Vorarlberg super Voraussetzungen und viele engagierte Menschen, sodass wir das schaffen werden", schließt Gross.


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /