© Bild von Pezibear auf Pixabay
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Saatgutrechts-Reform: Vielfalt statt Industrie-Zwang

EU-Kommission muss Wohl der BürgerInnen vor Interessen der Agrarlobby stellen

Derzeit läuft die EU-weite Konsultation für ein neues europäisches Saatgutrecht. Um die Ernährungssicherheit nachhaltig abzusichern, ist eine grundlegende Transformation der Landwirtschaft notwendig. Ob diese gelingt, wird sich auch in der Saatgutrechts-Reform zeigen. "Kern der Auseinandersetzung ist, ob der Industriesaatgut-Zwang ausgebaut oder Antworten auf aktuelle Herausforderungen wie Klimawandel und Vielfaltsverlust gefunden werden", betont Dagmar Urban, Leiterin des Bereichs Politik bei ARCHE NOAH. "Die Auswirkungen der Saatgutrechts-Reform sind enorm. Es geht um die Zukunft unserer Ernährung, um das bäuerliche Recht auf frei verfügbares Saatgut, und um Sortenvielfalt in den Gärten und auf den Äckern."

In der EU gelten derzeit die aus den 1960er Jahren stammenden Vorschriften für die Erzeugung und das Inverkehrbringen von Saatgut. Diese bevorzugen standardisiertes Industriesaatgut und schränken die Vielfalt auf dem Acker, im Garten und auf unseren Tellern drastisch ein. Laut der Welternährungsorganisation FAO sind seit 1990 bereits 75 Prozent der pflanzengenetischen Ressourcen verloren gegangen. "Das derzeitige Saatgutrecht ist mitverantwortlich für einen enormen Verlust biologischer Vielfalt und lässt Bäuerinnen und Bauern bei der Anpassung an den Klimawandel im Stich", betont Dagmar Urban von ARCHE NOAH.

"Wir rufen die EU-Kommission auf, sich in der Saatgutrechts-Reform um das Wohl der BürgerInnen zu kümmern, anstatt um die Milliardengewinne der Agrarindustrie-Lobby", so Dagmar Urban. Denn im schlimmsten Fall wird Vieles zerstört: Eine von der EU-Kommission präsentierte Reformoption verbietet sogar den Verkauf von vielfältigem, regionalem Saatgut und ignoriert das im Völkerrecht abgesicherte Recht auf freien Tausch von Saatgut. Neben dieser extrem rückwärtsgewandten Option, gibt es zumindest eine Option, die teils Potential zeigt, zu einer widerstandsfähigeren Landwirtschaft und vielfältigeren Ernährung beizutragen. Anstatt zögerlicher Ansätze braucht es jedoch eine darüber hinausgehende Vielfalts-Option. "Landwirtschaft darf nicht mehr auf Industriestaatgut und Monokulturen beschränkt werden, die uns von ressourcenintensiven und giftigen Pestiziden und Düngemitteln abhängig machen. Die Zukunft gehört der Vielfalt", betont Dagmar Urban. "Wir fordern ein Ende der Überregulierung von Hobbygärten, einen gleichberechtigten Marktzugang für vielfältiges und regional angepasstes Saatgut sowie ein garantiertes Recht, Saatgut zu erhalten, zu tauschen und zu verkaufen.

Während Teile der EU-Kommission noch in den gescheiterten Ansätzen des letzten Jahrhunderts feststecken, hat die Zivilgesellschaft in einem offenen Brief bereits die Grundpfeiler für ein zukunftsfähiges, vielfaltsförderndes Saatgutrecht definiert. "Es gibt viele gute Gründe, die Vielfalt aus ihren bürokratischen Fesseln zu befreien. Die Vielfalt der Sorten und der Arten ermöglicht es uns, in Zukunft besser mit Wetterextremen zurecht zu kommen, umweltfreundlicher zu wirtschaften und auch gesünder zu essen", stellt Dagmar Urban von ARCHE NOAH fest.

Link zum gemeinsamen Brief an die EU-Kommission zu den Grundpfeilern eines vielfaltsfördernden Saatgutrechts


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /