30 Jahre NEIN zu ZWENTENDORF: "ENERGIEWENDE ist endlich ambitioniert anzugehen"

Bereits vor 30 Jahren wurde, nach der Volksabstimmung zum Atomkraftwerk Zwentendorf, ein Umdenken in der Energiepolitik gefordert

Anläßlich 30 Jahre NEIN zu ZWENTENDORF fand gestern vormittag im gediegenen Rahmen des Naturhistorischem Museum eine Pressekonferenz von damals maßgeblichen Protagonisten statt. Aufgrund einer Initiative von oekonews und der Agenda X erzählten Hausherr Prof. Bernd Lötsch, Freda Meissner-Blau und Doz. Dr. Peter Weish über den erfolgreichen Widerstand gegen das per Volksabstimmung verhinderte,bereits fertiggestellte AKW und beleuchteten den heutigen traurigen Stand der Atomtechnik.

Festzuhalten bleibt jedenfalls dem österreichischem Volk für seine damalige weise Voraussicht zu gratulieren - eben heute, nach rund 30 jähriger Betriebsdauer, müsste der Reaktor stillgelegt und abgewrackt werden, falls er in Betrieb gegangen wäre. Hierbei würden Kosten in der Höhe von hunderten Millionen Euro anfallen.
Man stelle sich die solcherart ausgelösten politischen Diskussionen vor... Wahrlich weise und ein
Segen. dass sich diese Kostenproblematik für Österreich nicht stellt.
Prof. Lötsch verwies einleitend auf die Anfänge des Widerstandes gegen Zwentendorf ,
als bereits 1971 ein verlachtes Häufchen von Aktivisten auf dem geplanten, damals noch
leerem, Baugelände eine erste Kundgebung abhielt. Damals federführend war Peter Weish,
Verfasser des Klassikers "Radioaktivität und Umwelt" gemeinsam mit dem kritischen Chemiker Dr. Eduard Gruber. Dieses Standardwerk wurde seither mehrmals aktualisiert und neu aufgelegt.
Für Freda Meissner-Blau hat der 5. November 1978 eine historische Dimension,
vorallem in demokratie-politischer Hinsicht : erstmals gelang ein Durchbruch gegen die "Allmacht" der Wirtschaft. Menschen aller Lager und quer durch die Schichten schafften es an EINEM Strang zu ziehen und setzten sich so gegen die geballte Macht der Industrie und des Technokratentums
durch. Österreich nahm damit eine Vorreiter-Position ein und wurde vielerorts in Europa hierfür bewundert und beneidet. Die Fragwürdigkeit der Atomenergie bekam eine neue Dimension und das energiepolitische Interesse der Bevölkerung konnte durch schönfärbende Sonntagsreden nicht mehr abgespeist werden.
Diese Überwindung von Gräben, die ausschließlich dem Interesse der Mächtigen dienten,
erlaubten das Aufkommem eines gesunden Mißtrauens gegen Expertenverheißungen. Es kam
auf jeden Einzelnen an.

Peter Weish wies auf die aktuelle katastrophale Lage der Atomindustrie hin und unterstrich die Notwendigkeit des Energiesparens als Zuwachsminimierungsfaktor durch klugen und nachhaltigen Gebrauch der Ressourcen: ’Neue Technologien im Bereich Effizienz, wie beispielsweise der Passivhausstandard, zeigen auf, in welche Richtung es gehen kann. Die momentan weltweit operierenden 439 AKW´s steuern je nach Be rechnungsmodus derzeit 4- bis 6% zur gesamten
Weltenergieproduktion bei. Es ist vollkommen illusorisch, so viele AKW´s neu zu bauen, dass ein maßgeblicher co2 Einsparungseffekt zum tragen käme. Ganz zu schweigen von der äußerst CO2 ausstoßintensiven Bauphase, die zumeist bis zu 10 Jahren dauert. Das aktuelle Beispiel des Neubaus eines finnischen AKW´s beweist augenscheinlich die enorme Kostenexplosion und Fertigstellungsverzögerung solcher Projekte. Nicht verwunderlich, wenn man bedenkt, dass Baumateralien wie etwa Stahl und Zement sich ständig verteuern. Außerdem ist Uran eine erschöpfliche Ressource und äußerst umweltschädlich beim Abbau. ’

Prof Lötsch sekundiert mit einer Aufforderung zur moralischen Kritik gegen Masseninvalidiesierung und Spätschäden, die kein Mensch ernstlich verantworten kann. Dem juridischen Begriff des ’Dolus eventualis”, das billigende Inkaufnehmen der Schäden Dritter, muss hier uneingeschränkt Geltung verliehen und solcherlei Schädigung untersagt werden. ’Alles spricht für die Durchsetzung energiepolitischer Vernunft, wie von den Protagonisten bereits vor 30 Jahren gefordert, Konsens gegen Energieverschwendung, Geld bei Importen und CO2
Zertifikaten sparen, verbraucherseitige Energiepolitik, sinnvolle Tarifpolitik dies
sind die Rezepte für ein menschenwürdiges Fortkommen am Energiesektor. Angelehnt an
das Sprichwort "Not macht erfinderisch" kann dem gegenübergestellt werden :
"Überfluß macht dumm" - in Anbetracht der Orgie blödsinniger Verschwendung, wie sie bei uns zu häufig passiert. ’

Ein erhebendes Gefühl den Ausführungen dieser drei historischen Protagonisten zu
lauschen und solche nach wie vor gültigen und ungebrochenen Gegenstimmen zu einer Wirtschaftsordnung zu vernehmen, deren nicht zukunftsfähiger oberster Ethos freier Warenaustausch heißt.

Die Politik muss raschest handeln. Energieeffizienz und erneuerbare Energien müssen forciert werden.



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GastautorIn: Daniel Hackenberg für oekonews.
Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /