© Holler/Oekonews
© Holler/Oekonews

Eine traurige Wahrheit

15 Mrd. Euro für Banken- und wieviel für Erneuerbare Energie? - Eine oekonews-Ansichtssache von Doris Holler-Bruckner

Finanzkrise- die Banken brauchen Geld. Rasch. Kein Problem. In Windeseile peitscht man das durch das Parlament- Geld kommt, keine Frage. Der Staat hilft. 15 Milliarden Euro an Staatshilfen für die Banken, so war in diversen Medien nachzulesen.

Und was passiert beim Klimaschutz?

Wie heute in der Wiener Zeitung zu lesen ist, intervenierten die von Österreich entsandten Vertreter in Brüssel, Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner und Außenminister Michael Spindelegger, in Brüssel gegen das für Österreich geplante 34% Ziel im Rahmen des EU-Klimapakets, dass 20% Erneuerbare Energie bis 2020 für die gesamte EU festlegt. Mitterlehner meinte, so die Wiener Zeitung, das Ziel sei für Österreich nicht machbar. "Wir haben nur eine Donau!" wird Mitterlehner zitiert - und jeder Prozentpunkt der Erhöhung des Anteils Erneuerbarer Energie koste - man beachte "KOSTE"- Österreich, 150 bis 200 Millionen Euro.

Sehr geehrter Herr Wirtschaftsminster! Sie vergessen leider: Großwasserkraft ist nicht die einzige Lösung - es gibt einen Energiemix. Wir haben nicht nur eine Donau - wir haben unzählige Möglichkeiten, Erneuerbare Energie zu erzeugen.

Es gibt andere, innovative Arten der Wasserkraftnutzung z.B. Wasserkraftschnecken oder die Stromboje mit ihrem künftigen Potential oder die Revitalisierung bestehender Kraftwerke.

Wir haben unzählige nach Süden ausgerichtete Dächer.

Wir haben mehr Holz im Wald als wir derzeit verbrauchen.

Wir haben Bauern, die nicht nur Nahrungsmittel, sondern auch Energie erzeugen können, die Biomasse für Wärme, Strom und Kälte, ja sogar für den Verkehrsbereich liefern können.

Wovon auch nicht gesprochen wurde- was eine Wende zusätzlich bringt:

Eingesparte Kosten für nicht notwendige Energielieferungen aus dem Ausland, das sind neue Arbeitsplätze in Österreich, auch im regionalen Bereich. Das heißt gleichzeitig Steuerannahmen durch Lohnsteuer, die der Staat durch diese Arbeitsplätze bekommt, eingesparte Kosten für Zahlungen an Arbeitslose, usw.

Die Internationale Energieagentur (IEA) warnt im kürzlich veröffentlichten "Energy Outlook 2008" vor einem Energieengpass und steigenden Preisen für fossile Energieträger- sie ruft zu einem möglichst raschen Umstieg zu Energieeffizienz und nachhaltigen Energieformen auf. Nobuo Tanaka hat diese Forderung gestern in Polen, bei den internationalen UN-Klimakonferenz, lautstark wiederholt. Und die IEA ist keine Umweltbehörde.

Wie sieht es anderswo aus?

Portugal schafft es, innerhalb von 3 Jahren seine Erzeugung von Strom aus Erneuerbaren Quellen zu verfünffachen. Milliarden werden investiert, um rasch umzusteigen und keine Kyoto-Strafzahlungen leisten zu müssen. Warum wohl? In Portugal herrscht bei allen im Parlament vertretenen Parteien Einigkeit darüber, dass eine Energiewende eine Notwendigkeit für die Zukunft ist.

Aber nicht nur bei den Erneuerbaren Energien- auch bei der Energieeffizienz denkt man nicht weit genug

Schlimm genug, dass wir bei den Erneuerbaren Energien offensichtlich darauf warten wollen, bis manche ÖsterreicherInnen in ein paar Jahren im Kalten sitzen, weil dann die fossilen Energien zu teuer oder nicht mehr erhältlich sind. Auch bei der Energieeffizienz reagiert die österreichische Bundespolitik (noch) nicht!

Das Konjunkturpaket der Bundesregierung sieht derzeit 100 Mio. Euro Förderung für thermische Sanierungen vor. Das ist definitiv zu wenig. Würde man 1 Mrd. Euro in entsprechend hochwertige Sanierung investieren, so würden die Kosten für notwendige CO2-Zertifikate zur Erfüllung des österreichischen Kyoto-Ziels um bis zu 500 Mio. Euro reduziert werden. Dies brächte eine Heizkosteneinsparung von bis zu 1 Mrd. Euro.

Weniger Heizkosten = mehr Kaufkraft.

Dies brächte auch 11000 Arbeitsplätze, die allein 100 Mio. Euro Lohnsteuereinnahmen bringen würden. 11.000 Arbeitslose, wie der ÖGB errechnet hat, belasten den Staatshaushalt mit mindestens 275 Mio. Die ersparen wir uns.

Rund 3.000 Euro mehr pro ArbeitnehmerIn pro Jahr ergeben sich durch
Beschäftigung statt Arbeitslosigkeit bei der Annahme von 3 Monaten Arbeitslosigkeit/Jahr, bei einem Einkommen von 1.400 Euro netto/Monat.
Mehr Beitragsmonate heißt auch mehr Pension. 3.000 Euro mehr für 11.000 Menschen bringen einen Kaufkraftgewinn von 33 Millionen Euro per Jahr! Dazu kommt ein Kaufkraftgewinn für alle durch die Heizkostenersparnis von 1 Mrd. Euro.
Sind satte 34 Millionen!

Investitionen in die thermische Sanierung lohnen sich also mehrfach: Allein im
Beschäftigungsbereich stehen einer Investition von 1 Mrd. Euro eine Entlastung von 275 Mio. Euro (Kosten für 11.000 Arbeitslose) und eine Kaufkraftsteigerung um 33 Mio. Euro bei den Bau-Beschäftigten sowie 1 Mrd. Euro aus Heizkosteneinsparungen für alle Österreicher gegenüber.

Schaun wir doch endlich über den Tellerrand

In den letzten Tagen konnte ich, durch Teilnahme an einer Pressereise des österreichischen Biomasseverbandes, die durch Belgien und die Niederlande führte, und durch ein Gespräch mit einer internationalen Delegation, erfahren, was andere Länder derzeit tun.

In Kalifornien gilt der Bereich der Erneuerbaren Energien als jener, der das gleiche Potential hat wie noch vor wenigen Jahren die Computerbranche. In Belgien, in Portugal, in Spanien, in den Niederlanden usw. hat man das ungeheure Potential von Erneuerbaren Energien erkannt und reagiert bereits mit entsprechenden Gesetzen.

Österreich träumt vor sich hin- wir glauben, wir sind ein Umweltmusterland. Aber andere reagieren weit rascher. Der Zug fährt derzeit ohne uns- und wenn es so weiter geht: die Zeche müssen wir alle in ein paar Jahren bezahlen.


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /