© Holler/Oekonews
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Gaskrise- Denken wir endlich für das nächste Mal vor!

Festhalten an alten Mustern der Energiepolitik manövriert uns immer mehr in die Abhängigkeit - eine oekonews-Ansichtssache

Am Samstag forderte Eva Glawischnig von den Grünen im Mittagsjournal einen Energiegipfel. EWirtschafts- und Energieminister Reinhold Mitterlehner konterte zu den Vorwürfen, ein Energiegipfel habe bereits am Mittwoch vergangener Woche stattgefunden. Die Vertreter mehrerer Ministerien, der Sozialpartner, der Länder und der Energielieferanten hätten sich getroffen und alle Schritte eingeleitet, um die Krise zu managen. Im Vergleich zu den anderen, vom Lieferstopp betroffenen Ländern hat Österreich die Krise bisher noch gut gemeistert. Alle Haushalte haben Gas. Es mussten weder Kraftwerke noch Industriebetriebe abgeschaltet werden.

Mitterlehner meinte, im Sinne einer langfristigen Energiestrategie habe der frühere Wirtschaftsminister Martin Bartenstein schon im Vorjahr einen Masterplan Wasserkraft vorgestellt, mit dem die Wasserkraft von 58 auf 69 Prozent ausgebaut werden solle. Es bestehe allerdings kein Zweifel, dass wir noch nicht alle Möglichkeiten bei der Optimierung der Energieversorgung ausgeschöpft haben. Vor allem in Richtung Versorgungssicherheit und Energieeffizienz müssen wir noch arbeiten. Hier habe die Bundesregierung mit dem Konjunkturpaket II schon Maßnahmen vorgestellt. So können Haushalte und Betriebe in den kommenden zwei Jahren für die thermische Sanierung 200 Millionen Euro abrufen. Auch die Bundes-Immobiliengesellschaft wird viel Geld dafür zusätzlich ausgeben.

Die Experten des Ministeriums arbeiten derzeit auch am Aktionsplan, um die EU-Besschlüsse vom Dezember umzusetzen, die einen Anteil der Erneuerbaren Energien von 34 Prozent bis 2020 vorsehen. Dieser Aktionsplan wird Anfang nächsten Jahres fertig sein und festlegen, wie und wann der Anteil der Erneuerbaren Energien in Österreich erhöht werden kann.

"Fundamentale Krise der österreichischen Energiepolitik" titelte Global 2000 in einer Presseaussendung und weiter "Bitterer Befund: Klimaschutz-Ziel wird verfehlt, Anteil erneuerbarer Energieformen sinkt, Ökostromförderung liegt auf Eis, Stromverbrauch steigt, Atomstromanteil steigt" - Kommt uns doch bekannt vor - sehr aktuell- oder. Diese Zeilen stammen bereits aus dem Jahr 2004.

‘Wir müssen die Förderung erneuerbarer Energiequellen endlich als Chance für heimische Technologie, Stärkung unseres Wirtschaftsstandorts, Sicherung unserer Energieversorgung, Schutz unser Landschaft und Umwelt sowie als Investition in die Zukunft unserer Kinder sehen und nicht nur einseitig die Kosten’, so der Präsident des ökosozialen Forums, Franz Fischler, bereits vor über einem Jahr.

Die Abhängigkeit Österreich von Energielieferanten aus dem Ausland sinkt nicht- im Gegeenteil, sie wird immer höher. Eine nachhaltige Orientierung der Energiepolitik scheint, gesamt gesehen, immer noch nicht sichtbar.
Leider scheint sich in der Energiepolitik auch mit der neuen Regierung nichts, aber schon gar nichts geändert haben. Österreich muss endlich andere Weichen stellen- ein "Masterplan" Wasserkraft, auf den Wirtschaftsminister Mitterlehner verweist, scheint absolut keine Lösung gegen eine Gaskrise. Oder will der Minister Stromheizungen propagieren?

"Wasserkraft-Reflexe sind keine Lösung! und "Vernunft statt Opportunismus" fordert die Umweltorganisation VIRUS angesichts der aktuellen Gaskrise Der Wasserkraftausbau habe bisher nicht zu einer Verringerung der Importabhängigkeit geführt, jetzt solle man nicht so tun, als würde der kümmerliche Rest alle Probleme lösen können, so VIRUS Sprecher Wolfgang Rehm. Die Umweltorganisation weist darauf hin, dass bei der Raumwärme, dem Bereich des größten Erdgaseinsatzes sinnvollerweise Strom keine Rolle spielt und es demzufolge bei den Lektionen aus der Gaskrise nicht vorrangig um Kraftwerke geht. "Hier braucht es eine Offensive bei der thermischen Gebäudesanierung und der Nahwärmeversorgung, wo bleiben die Wärmedämmungs-Milliarden ?" appellierte Rehm.

Im Bereich der Elektrizitätsversorgung ist der Trend zum Gaskraftwerk trotz Lippenbekenntnissen ungebrochen. "Aktuell wurden die Murkraftwerke Gössendorf und Kalsdorf als Energieautarkie-Feigenblätter im Eiltempo vom Umweltsenat genehmigt, gleichzeitig soll bei Mellach ein Gaskraftwerk errichtet werden, dessen Erzeugungsvermögen allein in derselben Größenordnung liegt, wie der Masterplan Wasserkraft für Österreich insgesamt," rückt Rehm die Relationen zurecht. Die Wasserkraft reiche bei Trendfortschreibung bei weitem nicht zur Deckung des Stromverbrauchszuwachses aus. "7 Milliarden Kilowattstunden stehen bis 2020 einem Bedarf von 18 Milliarden gegenüber hier kann mit dem Masterplan nicht einmal der derzeitige Anteil gehalten werden, auf den Gesamtenergieverbrauch bezogen ist die Lücke noch größer," rechnet Rehm vor. Für die Umweltorganisation ist konsequenterweise die Lösung vorrangig bei einer Reduktion des absoluten Verbrauchs zu suchen. "Die werden wir aber nie erreichen, wenn nur angebotsorientiert geplant und finanziert wird," so Rehm. Das Konjunkturpaket II, auf das Mitterlehner verweist, ist ein richtiger Schritt, aber es ist zu wenig.

Virus hat recht- Eine österreichische vorausschauende Energiepolitik fehlt. "Einer Bartenstein’schen Schwerpunktsetzung die Wasserkraft allem anderen voranzustellen, fehlt die fachliche Grundlage," so Rehm.

Eine Energiewende schafft bis zu 100.000 "grüne" Jobs" so der Biomasseverband diese Woche. Die aktuelle Krise in der Gasversorgung sei nur ein Vorgeschmack dessen, was auf Österreich innerhalb der nächsten drei bis fünf Jahre zukommen werde, wenn es 2009 nicht zu einer drastischen Änderung der Energiepolitik Österreichs kommen werde, meint Dr. Heinz Kopetz, Präsident des Österreichischen und Europäischen Biomasse-Verbandes. "Ohne lange nachzudenken rufen einige nach neuen Gasleitungen, nicht zuletzt sieht das aktuelle Regierungsprogramm deren Ausbau vor. " so Kopetz weiter.

Energieeffizienz ist billiger als neue Gas-Kraftwerke" (PDF) wie die IG Passivhaus anhand konkreter Daten errechnet hat. Allein die Investitionskosten für den bis 2015 geplanten Gaskraftwerksausbau mit 3.600 MW Leistung, Speicher-, Netz- und Pipelineausbau werden € 3,9 Mrd. betragen! Dazu kommen Gas-Brennstoffkosten zwischen € 3,0 – 8,0 Mrd. (bei einer Betriebslaufzeit von 20 Jahren) und die CO2-Zertifikatkäufe von mind. € 13,5 Mrd. (bei einer Betriebslaufzeit von 20 Jahren) für die neuen Gasdampfkraftwerke zu berücksichtigen. Im Vergleich dazu würde das erforderliche zusätzliche Fördervolumen von € 12,4 Mrd. für eine Energieeffizienz Offensive lediglich der Summe aus Investitions- und Gaskosten (bei einer Betriebslaufzeit von 20 Jahren) entsprechen, ohne dabei die auch fälligen CO2-Zertifikatkäufe zu berücksichtigen. FAZIT: Geplante Investitionen müssen anders, in Erneuerbare Energie und Energieeffizienz investiert werden.

Daher kann die Forderung nur sein: Endlich eine langfristige,. vorausschauende, nachhaltige Energiepolitik zu machen und nicht an alten Mustern festzuhalten. Österreich hat die Jahrhundertchance, zum absoluten Vorreiter im Bereich Erneuerbare Energie zu werden, wenn wir endlich auf Nachhaltigkeit im Energiebereich, auf Energieeffizienz, Windkraft, Sonnenkraft, Biomasse usw. umstellen. Übrigens spricht auch nichts gegen naturverträgliche Wasserkraft- aber es wäre sinnvoill. auch hier das Effizienzpotential im Bereich bisheriger Wasserkraftwerke zuerst auszuschöpfen, beispielsweise auch Kleinwasserkraftbetreiber durch entsprechende Investitionsförderungen hierbei zu unterstützen, oder auf neue Technologien, wie "Pumpe-als-Turbinen" Wasserkraftschnecken oder die Stromboje zu setzen.

Wir empfehlen dem Wirtschaftsminister, sich rasch mit den Vertretern der erneuerbaren Energie- und Energieeffizienz-Verbände zu treffen, um endlich aus erster Hand von den Möglichkeiten und unendlich großen Chancen in diesen Bereichen informiert zu werden und Bescheid zu wissen, was notwendig ist, damit wir bei künftigen Gaskrisen nicht wirklich im Kalten sitzen und gleichzeitig mindestens 100.000 Arbeitsplätze geschaffen werden können!


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /