EU: Klimawandel: 2050 - Die Zukunft beginnt heute

Innovation, Motivation und eine Bewusstseinsänderung sind notwendig

Brüssel- Das Europäische Parlament ist zutiefst besorgt darüber, dass der Klimawandel schneller verläuft und mit schwerwiegenderen negativen Auswirkungen einhergeht als ursprünglich angenommen. Die Abgeordneten plädieren dafür, die Treibhausgasemissionen gegenüber 1990 um 25 % bis 40 % bis zum Jahr 2020 und um mindestens 80 % bis zum Jahr 2050 zu reduzieren. Zugleich legen sie zahlreiche Empfehlungen für eine künftige integrierte EU-Klimaschutzpolitik vor.

Der vom Nichtständigen Ausschuss des EP zum Klimawandel vorgelegte Abschlussbericht wurde gestern vom Plenum mit großer Mehrheit verabschiedet (570 Ja-Stimmen, 78 Nein-Stimmen, 24 Enthaltungen).

"Der Bericht anerkennt, dass mit Verboten und Sanktionen wenig zu erreichen ist. Vielmehr müssen Innovation, Motivation und eine Bewusstseinsänderung erreicht werden", erklärte Berichterstatter Karl-Heinz FLORENZ (CDU). Das EP habe ehrgeizige und notwendige Ziele formuliert. Es gebe aber keine Wunderwaffe, sondern im Kampf gegen den Klimawandel benötige man einen Strauß von Maßnahmen. Man müsse möglichst umfassend und intelligent an der Reduzierung des CO2-Ausstoßes arbeiten. Florenz sprach weiter davon, dass der Abschlussbericht des Klimaausschusses die "Visitenkarte" des Europäischen Parlaments für die kommende Klimakonferenz sei.

Klimawandel verläuft schneller als ursprünglich angenommen

Die Abgeordneten sind zutiefst besorgt darüber, dass zahlreichen wissenschaftlichen Berichten zufolge der Klimawandel schneller verläuft und mit schwerwiegenderen negativen Auswirkungen einhergeht, als ursprünglich angenommen. Es müsse daher analysiert werden, ob der Zielwert der EU von 2°C Erwärmungsniveau nach wie vor ausreiche, um das Ziel der Abwendung gefährlicher Klimaänderungen zu erfüllen. Das EP spricht sich dafür aus, die Treibhausgasemissionen gegenüber 1990 um 25 % bis 40 % bis zum Jahr 2020 und um mindestens 80 % bis 2050 zu reduzieren.

Der Abschlussbericht formuliert eine Vielzahl an Maßnahmen für eine integrierte EU-Klimaschutzpolitik:

- Verbindliches 20-%-Ziel für die Energieeffizienz bis 2020 sowie konkrete Zwischenziele für die Reduzierung

- Solarenergiepartnerschaften mit Drittstaaten im Mittelmeerraum als Baustein einer EU-Energieaußenpolitik

- Langfristziel der Bauwirtschaft: Netto-Energiebilanz von Null bei neuen Wohngebäuden bis 2015 und bei neuen gewerblichen und öffentlichen Gebäuden bis 2020

- Gründung einer europäischen Gemeinschaft für Energie aus erneuerbaren Quellen

- Erforschung und Entwicklung Bahn brechender umweltfreundlicher Verkehrstechnologien wie z. B. Wasserstoff- und Elektromotoren, Brennstoffzellen, Hybridantrieb oder fortschrittliche Biokraftstoffe für Antriebssysteme

- Ausarbeitung von Reduktionszielen für den Ausstoß von Treibhausgasen in der Landwirtschaft, einschließlich Methan und Lachgas, "ergebnisoffen prüfen"

- Einrichtung eines europäischen Klimafonds und/oder entsprechender Fonds in den Mitgliedstaaten, die teilweise aus Versteigerungserlösen des Emissionshandelssystems gespeist werden sollten, um einen Kapitalstock zur Finanzierung einer zukünftigen Klimapolitik zu schaffen

- Finanzierung und Einführung eines EU-weiten Supernetzes, zu dem Stromanbieter aller Art Zugang haben

- Entwicklung neuer Kommunikationsstrategien, um die Bürger aufzuklären und Anreize zu bieten, ihre Emissionen auf erschwingliche Weise zu verringern, z. B. durch Formulierung von Informationen über die CO2-Relevanz von Erzeugnissen und Dienstleistungen

- Energieeffizienzmaßnahmen und andere Maßnahmen zur Bekämpfung der Energiearmut mit dem Ziel, Netto-Null-Energieverbrauchsziele in privaten, gewerblichen und öffentlichen Gebäuden aufzustellen

- Förderung einer Lebensweise und einer Art des Konsums, die auf eine nachhaltige Entwicklung ausgerichtet sind

„Grüner New Deal“

Kommission und Mitgliedstaaten werden nachdrücklich aufgefordert, die Forderung der Vereinten Nationen nach einem ‘grünen New Deal’ zu unterstützen. Angesichts der Finanzkrise müssten die Investitionen zur Wiederbelebung des Wirtschaftswachstums nachhaltig sein. Gefördert werden müssten insbesondere grüne Technologien, mit denen die künftige Wettbewerbsfähigkeit Europas erhöht wird und gleichzeitig Arbeitsplätze gesichert werden.

Klimawandel muss finanzielle Priorität haben

Das Parlament betont, dass dem Klimawandel und den Maßnahmen zu seiner Eindämmung in der nächsten Finanziellen Vorausschau der EU höchste Priorität eingeräumt werden müsse. Die EU müsse sich "finanzpolitisch engagieren", sowohl in den Kernbereichen Förderung und Entwicklung von Technologien zur Bekämpfung des Klimawandels und Klimaentwicklungshilfe als auch bei der Unterstützung von grenzüberschreitenden Anpassungsmaßnahmen, Effizienzsteigerungen und der Hilfe im Katastrophenfall.

Darüber hinaus müssten die Erfordernisse von Emissionsreduktionen und Anpassungsmaßnahmen an die Folgen des Klimawandels in Entwicklungshilfeprogramme integriert werden. Nötig seien auch "zusätzliche Mittel", um die Entwicklungsländer bei der Bewältigung der mit dem Klimawandel verbundenen Herausforderungen zu unterstützen.

Das EP begrüßt in diesem Zusammenhang, dass die EU die Gründung einer Globalen Allianz gegen den Klimawandel (GCCA) veranlasst hat, die Maßnahmen zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels in denjenigen Entwicklungsländern unterstützen soll, die durch den Klimawandel am stärksten gefährdet sind.

Energie- und Energieaußenpolitik

Europa brauche sowohl innerhalb der EU als auch in den Außenbeziehungen eine gemeinsame zukunftsorientierte strategische Energie- und Energieaußenpolitik, mahnen die Abgeordneten. Diese müsse auf der Solidarität zwischen den Mitgliedstaaten beruhen, damit ein hohes Maß an Energieversorgungssicherheit unter den Vorgaben der Nachhaltigkeit, Ressourceneffizienz und Klimaneutralität gewährleistet und mögliche Unterbrechungen der Energieversorgung verhindert werden kann.

Unterschiedliche Haltungen zur Kernenergie

Mit Blick auf die Kernenergie nehmen die Abgeordneten zur Kenntnis, dass die "Haltungen der Mitgliedstaaten zur Kernenergie unterschiedlich sind". Sie fordern die EU-Kommission deshalb dringend auf, radioaktiven Abfällen und dem gesamtem Brennstoffzyklus besondere Aufmerksamkeit zu widmen, um die Sicherheit zu verbessern.

Vor der Komplexität des Problems nicht kapitulieren

Vor der Komplexität des Problems Klimawandel dürfe nicht kapituliert werden, betonen die Abgeordneten abschließend. Vielmehr müsse man mit "visionärem Gestaltungswillen" auf die Herausforderungen reagieren, die die energie- und klimapolitische Zeitenwende – ausgedrückt in einer Verknappung der Rohstoffe – dem Menschen stelle. Der Klimawandel müsse als "neuer Parameter" in alle Bereiche und Politikfelder integriert und die Ursachen und Folgen der globalen Erwärmung und des Klimawandels müssten in allen maßgeblichen Bereichen der EU-Gesetzgebung berücksichtigt werden.

Klar ist für die Abgeordneten, dass der Klimawandel nur erfolgreich bekämpft werden kann, wenn die Bürger durchgängig an diesem Prozess beteiligt und während des Übergangszeitraums zu einer in Bezug auf CO2-Emissionen neutralen Wirtschaft geschützt werden.


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /