Wirtschaftsökonomin Claudia Kemfert fordert mehr Geld für Energieeffizienz

Sparpotential in Deutschland durch Energieeffizienz im Gebäudebereich: 85 Atomkraftwerke

Baden-Baden/Berlin - Die Politikberaterin Prof. Claudia Kemfert kritisiert die Abwrackprämie und fordert, dieses Geld besser in die energetische Gebäudesanierung zu investieren.

Bei der Vorstellung des ‘Energiesparkompass 2009’ des Fachverbandes Wärmedämm-Verbundsysteme in Berlin wandte sich die renommierte Wissenschaftlerin Prof. Claudia Kemfert vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) vorige Woche energisch gegen die Abwrackprämie. Sie sei ‘völlig unnütz ausgegebenes Geld’. Stattdessen forderte sie, dass die deutsche Bundesregierung viel stärker in die energetische Sanierung des Gebäudebestandes investieren solle. Wie sinnvoll das ist, belegen die Zahlen und Erhebungen im aktuellen Energiesparkompass: Über zehn Millionen Gebäude in Deutschland verbrauchen teils deutlich mehr Energie als nötig – auch weil viele Hausbesitzer noch viel zu wenig über die Einsparpotenziale durch eine energetische Sanierung wissen.

Sparpotenzial: 85 Atomkraftwerke

In welchem Umfang sich im Gebäudebestand Energie sparen lässt, hat Prof. Gerd Hauser errechnet. Der Bauphysiker gilt als der ‘Vater des Energieausweises’ und war neben Prof. Claudia Kemfert maßgeblich an der Entstehung des ‘Energiesparkompass 2009’ beteiligt. Sein Fazit: Im Gebäudebestand ließen sich mit aktueller Technologie pro Jahr rund 700 Terawattstunden Energie einsparen. Zum Vergleich: Die deutschen Kernkraftwerke speisen pro Jahr rund 140 Terawattstunden ins Netz ein – das Sparpotenzial durch mehr Energieeffizienz im Gebäudebestand ist also fast fünf Mal so hoch.

Doch trotz dieser großen Möglichkeiten passiert in Deutschland zu wenig in Sachen Energieeffizienz, belegt die Studie. Die energetische Sanierungsquote ist mit rund 1,3 Prozent nur etwa halb so hoch, wie sie sein müsste, um die langfristigen Ziele der Bundesregierung zu erreichen. Von einem größeren Engagement der Regierung würde
indes nicht nur das Klima profitieren, sondern auch die Konjunktur. ‘Energiesparen ist volkswirtschaftlich lohnend, da man mit wachstumssteigernden Investitionen Energiekosten einspart’, sagt die Wirtschaftsökonomin Kemfert im Energiesparkompass.

Handlungsbedarf für die Politik

Die Sanierungszurückhaltung bei privaten Hausbesitzern und Vermietern stellt die deutsche Bundesregierung vor eine große Herausforderung. Sie muss die Menschen zu mehr Eigeninitiative animieren, etwa durch bessere Informationsangebote, breitere Fördermöglichkeiten und attraktive Steueranreize. Nur wenn das gelingt, könnte die Umsetzung der Ziele des Nationalen Energieeffizienzplans noch realisiert werden. Das heißt: ‘Die Beratungsangebote müssen ausgebaut und deren Qualität sichergestellt werden’, fordert Dr. Clemens von Trott zu Solz, Vorstand Öffentlichkeitsarbeit im Fachverband WDV-Systeme. Nur so könne ‘die Initiative der Menschen professionell begleitet und in die richtige Richtung geführt werden’.

Der Energiesparkompass 2009

Die Publikation vereint eine umfassende Datensammlung aus 15 Studien und Erhebungen renommierter Forschungseinrichtungen mit einer repräsentativen dimap-Umfrage unter deutschen Wohneigentümern und Mietern zum Thema Energieeffizienz.

Der Fachverband Wärmedämm-Verbundsysteme ist ein Zusammenschluss führender Hersteller von Wärmedämm-Verbundsystemen, auf die zusammen etwa 90 Prozent des bundesdeutschen Absatzes entfallen.


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /