Elektroautos sind eine Riesenchance für Autobauer

Studie zeigt auf: Automobilkunden würden lieber heute als morgen ein Elektrofahrzeug kaufen

München. Die Automobilkunden würden lieber heute als morgen ein Elektrofahrzeug für ihre täglichen Stadtfahrten kaufen – wenn die Industrie liefern könnte, so das Ergebnis einer aktuellen Studie der Strategieberatung Bain & Company. Demnach könnte die Automobilindustrie in Europa bereits heute bis zu 600.000 Elektrofahrzeuge pro Jahr absetzen, davon allein in Deutschland bis zu 250.000 Stück!

Bain & Company hat in einer weltweiten Studie über 4.000 Automobilkunden in Deutschland, Frankreich, Italien, UK, USA, China, Japan und Südkorea befragt und mittels moderner Marktforschungsmethoden die Kundensegmente der Zukunft sowie deren Affinität zu Elektrofahrzeugen ermittelt. Dabei wurde die Preissensibilität in den einzelnen Segmenten beleuchtet und das Marktpotenzial für Elektroautos bewertet. Zusätzlich wird in der Studie auf Basis zahlreicher Expertengespräche beschrieben, wie sich die Marktteilnehmer entlang der Wertschöpfungskette zukünftig aufstellen sollten, um nachhaltig vom Elektrifizierungstrend in der Autobranche zu profitieren.

Die Bain-Studie zeigt, dass gerade die sog. ‘Premium 2.0’-Kunden – unabhängig von ökonomischen Zwängen – radikal umdenken. Diese Fahrer von Premiummarken sind sehr innovativ, gut situiert und suchen umweltschonende Alternativen für ihre urbanen Mobilitätsbedürfnisse. Das Auto ist für diese Käuferschicht ein emotionaler Statusgegenstand. Neu ist der Trend zum ‘Öko-Prestige’ dieser Kunden.

Sie wollen ein Fahrzeug, das ihnen unter anderem die Möglichkeit gibt, sich als grüne Innovationsführer zu profilieren und sind auch bereit, dafür einen erheblichen Mehrpreis zu zahlen. ‘Diese Premiumkunden möchten ein innovatives Elektroauto für den Stadtverkehr – absolut leise, keine Abgase, spritzig und cool’, sagt Dr. Gregor Matthies, Partner und Automobilexperte von Bain & Company. ‘Unsere Studienergebnisse belegen: elektrisch betriebene Fahrzeuge werden zukünftig insbesondere für die urbane Mobilität eine wesentliche Rolle im Produktportfolio aller Automobilhersteller spielen’, so Matthies. Vor allem im städtischen Umfeld ist die elektrische Antriebsform anderen Alternativen, wie zum Beispiel dem Verbrennungsmotor oder dem Hybridantrieb, deutlich überlegen.

Wie die Bain-Studie aufzeigt, könnte die Autoindustrie weltweit schon heute rund 1,5 Millionen und europaweit etwa 600.000 Elektroautos pro Jahr an Kunden in städtischen Gebieten verkaufen, wenn der Preis für ein elektrisches Stadtfahrzeug etwa auf dem Niveau eines heutigen smart oder Mini läge. Allein 250.000 Stück pro Jahr könnten die Konzerne in Deutschland absetzen – wenn sie denn die passenden Produkte hätten. Leider liegen die elektrischen Kleinwagen wegen der teuren Batterietechnik derzeit noch mehrere Tausend Euro über dem Einstiegspreis von smart und Mini. ‘Unsere Studie zeigt, dass die Autoindustrie die Affinität ihrer Kunden zu batteriebetriebenen Stadtautos massiv unterschätzt’, sagt Gregor Matthies. Durch die Ölpreissprünge im Jahr 2008 hat bei vielen Kunden ein Umdenkprozess eingesetzt, der trotz momentan niedrigerer Kraftstoffpreise nicht wieder verschwinden wird. Die ‘Premium 2.0’-Kunden und die zweite, laut Bain-Studie sehr interessante Käufergruppe – die sog. ‘Green Innovators’ – sind für die Autobauer heute die entscheidenden Kundensegmente. Denn sie öffnen den Markt und würden auch bei deutlich höheren Preisen bereits ein Elektroauto kaufen.

Für die anspruchsvollen Premiumautomobilkunden sind Vertrauen in Technik, Sicherheit und Zuverlässigkeit von hoher Bedeutung. Deutsche Hersteller hätten dabei einen entscheidenden Vorteil. Über 45 Prozent der von Bain befragten Autokunden geben an, dass sie am ehesten ein Elektrofahrzeug von einem der deutschen Premiumhersteller kaufen würden. ‘Noch ist das Vertrauen der Kunden in die Innovationskraft von Mercedes, BMW und Audi hoch’, erklärt Bain-Experte Matthies das Ergebnis.

Einige Hersteller haben batteriebetriebene Kleinserien in Aussicht gestellt oder bereits in Pilotversuchen im Feld: smart hat seit Anfang 2008 eine Flotte von 100 Elektrofahrzeugen in London im Einsatz und weitere Städte folgen demnächst. Mini plant in Kalifornien 500 Elektroautos an Testkunden zu verleasen, ein weiteres Projekt läuft in Berlin.

Aber auch die asiatischen Autobauer stehen in den Startlöchern: Mitsubishi und Toyota wollen zum Beispiel ab 2010 Elektroautos in Europa am Markt anbieten. ‘Dann wird sich entscheiden, ob ein BMW-Kunde nicht auch einmal einen Lexus Hybrid testen wird, wenn er schon das Elektrostadtauto von Toyota täglich zufrieden nutzt’, beschreibt Gregor Matthies die Herausforderung für die deutsche Autoindustrie.

Vor diesem Hintergrund steht der deutschen Automobilbranche in den nächsten Jahren eine Phase fundamentaler Veränderungen bevor. Die Hersteller müssen sich zum Teil neu erfinden, denn in den heutigen Prozessen sind attraktive Elektroautos kaum machbar. Die etablierten Automobilhersteller haben Schwierigkeiten, kurzfristig zu reagieren, denn ihre Standardprozesse sind vor allem darauf ausgelegt, Gutes noch besser zu machen. Die deutschen Premiummarken sollten die Veränderungen im Markt als Chance verstehen, um sich in punkto Umwelttechnologie neu zu positionieren. Neue Partnerschaften zwischen Autobauern und Zulieferern, aber auch zwischen verschiedenen Herstellern werden entstehen, um das geforderte Entwicklungstempo zu erreichen. Dabei müssen sich die deutschen Autobauer auf die jeweiligen Bereiche mit dem größten Differenzierungspotenzial fokussieren und alles Übrige an den jeweils bestmöglichen Partner auslagern. ‘Insbesondere bei der Batterie stehen derzeit viele Hersteller unter strategischem Handlungsdruck, denn das Kernstück des Elektroautos beherrscht heute noch kein Autobauer ausreichend’, meint Automobilexperte Matthies.

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Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /