VIRUS: Gesetzesentwurf wird UVP-Verfahren länger machen

Umweltschützer kontern mit echtem Verfahrensbeschleunigungspaket

Wien - Zum Bumerang könnte die kurz vor Beschlussfassung stehende UVPG Novelle werden. Wolfgang Rehm, Sprecher der Umweltorganisation VIRUS: "Entgegen den Ankündigungen der Initiatoren und ihrer Claqueure werden längere Verfahren die Folge sein". Wie man Verfahren wirklich verkürzen könnte, zeigt VIRUS mit einem Verfahrensbeschleunigungspaket.

Die wesentlichen Elemente des Pakets:

Verpflichtende "Nachhilfestunden" für Projektwerber, ausreichende Ressourcenausstattung für die UVP-Behörden, klar definierte Fristen für die "unverzügliche Übermittlung" von Unterlagen an mitzubefassenden Stellen, früherer Beginn derÖffentlichkeitsbeteiligung, volle Nutzung neuer Technologien zur diskriminierungsfreien Verfügbarkeit von Unterlagen in elektronischer Form, Verlagerung der Verfahren, die bisher über das bmvit abgewickelt wurden zum Umweltminister, um zeitraubendes Taktieren der Behörde bei der Bescheidausstellung zu verhindern, sowie kurzer Prozess bei nicht genehmigungsfähigen Projekten.

Wie VIRUS betont, zeige der 4. Bericht des BMLFUW über die Vollziehung der Umweltverträglichkeitsprüfung einen Trend zu kürzeren Verfahren, und beweise damit, dass das an Einzelfällen aufgehängte Klagen über lange Verfahren in der Statistik keinen Niederschlag findet. Das beste Beispiel wäre die 380-kV Leitung in der Steiermark. "Dort hat angeblich das UVP-Verfahren 22 Jahre gedauert, obwohl esüberhaupt erst seit 1993 ein UVP-Gesetz gibt. Mit dieser gezielten Desinformation wird nur vom eigenen Versagen abgelenkt," so Rehm. Trotzdem wären solche Fehlbeurteilungen kein Hindernis, Verfahren noch effizienter zu machen.

"Unser Paket setzt gezielt dort an, wo tatsächlich Zeit liegenbleibt, und versucht nicht durch Neuerungsverbote und ähntliche Schikanen den ohnehin benachteiligten Parteien die sich immer ganz hinten anstellen müssen, ein paar Wochen abzupressen," so Rehm.

Die Zeitverluste würden bereits bei der Vollständigkeitsprüfung beginnen. Diese erste Phase der UVP könne bis zu zwei Jahre dauern kann, wenn die Projektwerber nicht den Anforderungen des Verfahrens entsprechen, das mit dem derzeitigen Vorverfahren bestehende Angebot aber kaum genutzt wird. Dass Umweltorganisationen und Bürgerinitiativen diese zeitraubenden Phase untätig abwarten müssen und sich nicht beteiligen können würde zur Ineffizienz der Verfahren beitragen. "Auch die Digitalisierung von Unterlagen hilft nichts, wenn die Behörden darauf sitzen wie der Drache auf seinem Schatz", weist Rehm auf ein weiteres Hindernis hin. So hätten im aktuellen Fall der S1- "Lobauautobahn" zwischen Schwechat und Süssenbrunn die zu beteiligenden Umweltstellen mehr als drei Monate nach der Einreichung die Unterlagen immer noch nicht erhalten, obwohl das Gesetz eine unverzügliche Weiterleitung vorschreibt. Die nicht vereinbare Doppelrolle des bmvit, das für Autobahnen und Schiene sowohl Initiator als auch Behörde ist, würde sich hier besonders nachteilig auswirken. "Wenn sie drüberfahren wollen, wie bei der S1-West zwischen Korneuburg und Eibesbrunn, dann machen sie in nur zwei Wochen einen Bescheid. Bei der A5-Nordautobahn zwischen Schrick und Poysbrunn, gibt es zweieinhalb Jahre nach der mündlichen Verhandlung immer noch keinen Bescheid, obwohl es keinen rechtlichen Grund für diese Verzögerung gibt," kritisiert Rehm.

Wie die Umweltorganisation VIRUS betont, hätten die übereifrigen und wenig praxisnahen Reformer beim gegenständlichen Entwurf nicht bedacht, dass vermeintliche Vereinfachungen zwingend längere Verfahren nach sich ziehen würden. "Wenn in den UVP Unterlagen nicht mehr die möglichen, sondern nur die voraussichtlichen Auswirkungen eines Projekts dargestellt werden müsen, wird deren Qualität weiter sinken. Bereits jetzt reichen die Vorlagen oft als Beurteilungsgrundlage für die Gutachter nicht aus. Das Resultat sind vermehrte Nachforderungen, deren Erfüllung noch mehr Zeit kostet. So wird die Rechnung ohne den Wirt gemacht," erklärt Rehm abschließend.


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /