Wachstum ist nicht immer richtig

Wenn wir uns das "immer mehr" nicht aus den Köpfen schlagen, werden wir eine Klimakatastrophe nicht aufhalten- Eine oekonews-Ansichtssache von Doris Holler-Bruckner

Wachstum- wir brauchen wieder Wachstum, das garantiert uns dann Wohlstand und Beschäftigung - sonst haben wir eine Wirtschaftskrise.

Genau hier liegt der Grund, warum Maßnahmen gegen den Klimawandel nicht vom Fleck kommen und wahrscheinlich auch der Grund für das Scheitern der Kopenhagener Klimakonferenz.

Laut Prognose der Internationalen Energieagentur wird der Energieverbrauch bis zum Jahr 2020 um weitere 60 Prozent ansteigen- leider immer noch überwiegend aus fossilen Quellen. In den letzten acht Jahren erhöhte sich die C02-Konzentration um 30 Prozent.

Öl ist der Grund für viele Kriege, nicht nur heute, sondern auch in der Vergangenheit. Konflikte in Iran und im Irak, Konflikte in Afrika, Probleme im arabischen Raum sind vor diesem Hintergrund weit besser zu verstehen. China, Russland, die USA, und natürlich auch Europa haben Hunger auf Energie, auch auf fossile Energie.

Vehementes Wachstum ist oft Umweltverschmutzung und Naturzerstörung. 1980 bis 2001 hat sich die globale Wirtschaftsleistung verdoppelt- gleichzeitig wurden 70 Prozent der globalen Ökosysteme schwer geschädigt.

Chinas Premier Wen Jiabao ist gegen Demokratie wie wir sie im Westen haben, weil man damit das hohe Wachstum von acht Prozent nicht erreichen könne. Auch US-Präsident Barack Obama hat Angst vor einer Weltwirtschaftskrise wie in den 1930-er Jahren, wenn man kein Wachstum mehr habe. Angela Merkel ist für ein "Wachstumsbeschleunigungsgesetz" durch, das nicht einmal 15 Prozent für Umweltschutz bereitstellt. Alle reden immer nur von Wachstum.


Eigentlich wären grundlegende Wirtschaftsreformen notwendig. Die Klimakrise, die Finanzkrise und die Wirtschaftskrise hängen eng zusammen, weil Wachstum immer im Vordergrund steht.

Vernüftige Menschen, Umwelt-NGOs, Erneuerbare-Energie-Verbände und anderen, die diese Zusammenhänge verstehen, sind aufgefordert, endlich eine breite Debatte über die "Grenzen des Wachstums" zu beginnen, etwas das Dennis Meadows und andere schon lange aufgezeigt haben.

Ein Umdenken ist notwendig - Stagnation wäre da vielleicht gar nicht so schlecht. Eine Trendwende zu Kreislaufdenken, in unzähligen Bereichen- bei der Energie - logischerweise hin zu Energieeffizienz und erneuerbaren Energie, in der Industrie zur Kreislaufwirtschaft, wie bei Cradle-to-Cradle. Realisierte Projekte dazu gibt es- an Beispielen mangelt es somit nicht.

Erst eine Wachstumsdebatte kann wirklich etwas ändern. Eine zwingende Berücksichtigung anderer Wertesysteme - Lebensqualität, Wohlbefinden usw. ist notwendig. Sind wir tatsächlich glücklich, wenn wir mehr Wachstum in Europa haben?

Ein Umdenken macht Sinn- Wachstumsdenken allein ist heute falsch. "Wachstum" ist im Wandel. Aber dies muss erst einmal in den Köpfen vieler Menschen verankert werden. Noch werden wir von "Wachstumsprognosen" als einen Ausweg aus der Wirtschaftskrise überschüttet.


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /