Proteste gegen ÖBB: Neue Führung muss Notbremse ziehen

Stopp für Flusszerstörungs-Projekt am Tiroler Lech

Trotz massiver Proteste von Umweltschutzorganisationen, Wissenschaftlern und von der Enteignung betroffenen Bauern halten die ÖBB derzeit an ihren Kraftwerksplänen im Einzugsgebiet des Lechflusses in Vorarlberg fest. Die Projektgegner haben den ÖBB bis zum 8. März Zeit gegeben, ohne Gesichtsverlust aus dem umstrittenen Spullersee-Projekt auszusteigen. Dieses Ultimatum ist gestern abgelaufen. "Anlässlich der heutigen Aufsichtsratssitzung rufen wir die neue Führung der ÖBB eindringlich dazu auf, die Notbremse zu ziehen und von den Enteignungs-Plänen abzusehen und darüber hinaus vom Projekt Spullersee Abstand zu nehmen", so WWF-Flussexperte Christoph Walder.

Hält die ÖBB Bau AG an ihren Ausbauplänen für das Wasserkraftwerk Spullersee fest, müssen 100 Bergbauern zwangsenteignet werden. "Es ist ungeheuerlich, dass die "saubere" Bundesbahn mit derartigen Mitteln vorgeht, Bauern enteignen und Natur zerstören will!", ist Walder empört.

Die ÖBB haben in einem Schreiben an die Umweltorganisationen WWF und Greenpeace am 3. März bekräftigt, am Projekt festzuhalten. "Vom angeblichen Bestreben nach einer gütlichen Einigung haben die betroffenen Bauern bisher noch nichts gemerkt", kritisiert Walder.

Wird die Enteignung eingeleitet, so ist das ein unwiderruflicher Schritt. Dann wird es kaum noch zu verhindern sein, dass dem Lech jährlich 24 Millionen Kubikmeter Wasser entnommen und ins ÖBB-Kraftwerk Spullersee gepumpt werden. "Als Ausgleichsmaßnahmen für die massiven Beeinträchtigungen im Oberlauf des Lechs durch das Kraftwerk haben die ÖBB Flussbettaufweitungen im Unterlauf angekündigt. Das ist, als würde man eine Hand erst amputieren und danach die Finger maniküren", erklärt Walder.

Er kündigt an, dass der WWF und 10 weitere Umweltschutzorganisationen, die am 25. Februar in Innsbruck ein "Manifest für den Lech" verabschiedet haben, alle legitimen Mittel des Widerstandes anwenden werden, sollten die ÖBB dieses Projekt nicht zurückziehen.

Der Lech ist europaweit Referenz für ein alpines Wildflusssystem mit natürlichen und naturnahen Gewässerabschnitten, Aulandschaften und Schluchten. Er ist durch nationales und internationales Naturschutzrecht streng geschützt.

Erst vor wenigen Jahren haben die ÖBB den Lech zum "Fahrziel Natur" und als besonders schützenswert erklärt, erinnert Walder. Mit der geplanten Erweiterung des Spullersee-Kraftwerks schaffen sie nun einen Präzedenzfall für den weiteren rücksichtslosen energiewirtschaftlichen Ausbau des Lechs und seines Einzugsgebietes.
Auch die Umweltorganisation Greenpeace verlangt von der ÖBB-Führung, die bevorstehende Enteignung von mehr als hundert Vorarlberger Bergbauern zu stoppen. Damit die Pläne verwirklicht werden können, wird auf die Bauern Druck ausgeübt. So sollen diese dazu gebracht werden, ihre Wasserrechte an den Lech-Quellflüssen abzugeben. Die unmittelbare Folge wäre ein massiver Angriff auf das noch weitestgehend natürliche Lechtal. "Dieser Wasserklau muss gestoppt werden", fordert Greenpeace-Sprecher Jurrien Westerhof. "Herr DI Klugar hat dieses Verbrechen an Mensch und Natur bisher nicht gestoppt. Darum fordern wir jetzt die neue ÖBB-Führung auf, hier Taten zu setzen. Hände weg vom Lech!", so Westerhof weiter.

Die ÖBB-Bau AG beabsichtigt, einigen Zubringerbächen des Lechs das Wasser abzuziehen. "So wird einem der letzten noch weitgehend intakten alpinen Flüsse wortwörtlich das Wasser abgegraben. Die erzeugte Menge Strom macht hingegen lediglich ein Vierzigstel des ÖBB-Strombedarfes aus. Die wenigen Kilowattstunden sind es nicht wert, dem letzten wilden Alpenfluss das Wasser zu nehmen", rechnet Westerhof vor.

Der Lech ist europaweit Referenz für ein alpines Wildflusssystem mit natürlichen und naturnahen Gewässerabschnitten, Au-Landschaften und Schluchten. Er ist durch nationales und internationales Naturschutzrecht streng geschützt - das Projekt würde gegen Flora-Fauna-Habitatrichtlinie, EU-Vogelschutzrichtlinie, Aarhus-Konvention und Alpenkonvention verstoßen. Die geplante Erweiterung des Spullersee-Kraftwerks würde einen Präzedenzfall für den weiteren rücksichtslosen energiewirtschaftlichen Ausbau des Lechs und seines Einzugsgebietes schaffen.

Derzeit verfügen zwei Alpgemeinschaften mit über hundert Bauernüber die Wasserrechte für die betroffenen Lechquellen. Wird die Enteignung eingeleitet, so ist das ein unwiderruflicher Schritt. Dann wird es kaum noch zu verhindern sein, dass dem Lech Millionen von Kubikmetern an Wasser entzogen werden. "Wir rufen anlässlich der heutigen Aufsichtsratssitzung den Vorstand und den Aufsichtsrat der ÖBB eindringlich dazu auf, die Notbremse zu ziehen und von den Enteignungs-Plänen und darüber hinaus vom Projekt Spullersee Abstand zu nehmen", so Westerhof.


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /