© Blumauer Manifest
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Unternehmer gegen Zentralisierung - "Wie alles gut wird"

Blumauer Manifest zur Sanierung der Wirtschaft durch Nachhaltigkeit um neue Forderung erweitert: "Dezentralisierung nötig" - Josef Zotter: "Gesamtwirtschaft muss ein qualitatives Wachstum anstreben"

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Blumau & Wien - Die Initiatoren und Unterstützer der österreichischen Nachhaltigkeits- und Krisen-Bewältigungs-Deklaration "Bad Blumauer Manifest" treten zum ersten Jahrestag mit einer neuen Forderung an die Öffentlichkeit: In Anbetracht der ungesunden Kräfteverhältnisse auf nationalen und internationalen Märkten müsse es zu einer "Dezentralisierung der Wirtschaft" kommen. Konkret wird eine Besinnung auf kleinere, mittelständische Einheiten gefordert, "die von den Banken adäquate Finanzierungen erhalten".

Globale Riesen und Shareholder Value liegen derzeit zu stark im Trend, kritisieren die Initiatoren Robert Rogner jun. (Rogner Tourismusbetriebe), Johannes Gutmann (SONNENTOR) und Josef Zotter (Zotter Schokoladen Manufaktur) anlässlich des Einjahresjubiläums.

Dass Wirtschaftserfolge nur mehr in Wachstumsraten definiert werden, würde die Erde und ihre Ressourcen innerhalb kurzer Zeit erschöpfen, warnt Zotter. Er setzt sich für ein "qualitatives Wachstum" ein, bis ein ausgeglichener ökologischer Fußabdruck erreicht ist.

Wachstum werde meist durch Verdrängung erzielt: "Noch in den 60er Jahren des vergangenen Jahrhunderts gaben die Konsumenten 40 Prozent ihres Gehalts für Lebensmittel aus. Heute sind es nur mehr unter 10 Prozent. Trotzdem verzeichnen die Lebensmittelunternehmen zweistellige Zuwachsraten". Eine Folge dessen, dass Klein- und Mittelstand in die Insolvenz gehen und der Markt sich auf ein paar große Unternehmen konzentriert, die mit immer neuen Filialen für mehr Marktanteile und mehr Umsätze sorgen, veranschaulicht Zotter die Situation.

Die Befürworter des "Bad Blumauer Manifests" fordern darüber hinaus, dass heimische Betriebe künftig die Werte und Grundsätze nachhaltigen und verantwortungsvollen Wirtschaftens auch über die Grenzen Österreichs hinaus anwenden. Seit Jahren seien die wichtigsten Maßnahmen im Kampf gegen die Wirtschaftkrise nicht nur bekannt, sondern würden von innovativen Unternehmen auch erprobt und weiterentwickelt. Im internationalen Wirschaftskontext sind sie
trotzdem noch immer nicht integriert, monieren die Unterstützer.

An Mitstreitern fehlt es ein Jahr nach der Proklamation nicht: Das Manifest hat internationale Aufmerksamkeit erreicht. So zählen unter anderen nicht nur die Ölmühle Fandler oder das Kommunikationsunternehmen gugler zu den Unterstützern, sondern auch der deutsche Unternehmer Wolf Lüdge: Die Wirtschaft habe ihren ursprünglichen Auftrag aus den Augen verloren, so der Geschäftsführer
des Modeunternehmens hessnatur. "Es ging einmal darum, dass Unternehmer im wahrsten Wortsinn etwas "unternehmen", dass sie ihr Gedankengut in die Tat umsetzen. Der Trend heute geht jedoch hin zu global agierenden Konzernen, die sich hauptsächlich am Shareholder Value orientieren", kritisiert Lüdge. Sein Unternehmen habe sich gerade dank konsequenter Qualitätsphilosphie in der Krise hervorragend entwickelt.

Dass nachhaltiges Wirtschaften in harten Zeiten zum Erfolg führen kann, zeigen auch die drei Gründungsbetriebe des "Bad Blumauer Manifests". Alle drei konnten im schwierigen vergangenen Jahr 2009 mit ihrer Strategie punkten und sogar Zuwächse verbuchen. So steigerte etwa der Waldviertler Bio-Pionier SONNENTOR seinen Umsatz um satte 15 Prozent auf 20 Mio. Euro, die Mitarbeiteranzahl wuchs um
16 Prozent auf 130 Beschäftigte an.

Das Einjahresjubiläum des Manifests wurde am Donnerstag, mit einer Pressekonferenz am Vormittag in Wien sowie mit einer Diskussionsveranstaltung am Abend im Radiokulturhaus gefeiert: Dort diskutierten Kulturwissenschafter Manfred Wagner von der Universität für angewandte Kunst mit Manifest-Unterstützern über
"Globale Ethik als Basis der Wirtschaft".

Auf einem Blog badblumauermanifest.blogspot.com können
Unternehmer und Interessierte ihre Expertisen, Erfahrungen und Ansätze zum Thema einbringen können. Ziel ist eine "Bewegung nachhaltigen unternehmerischen Handelns" anzustoßen, sowie Bewusstsein für die Thematik in der breiten Bevölkerung zu schaffen.

Bei dem "Bad Blumauer Manifest zur Sanierung der Wirtschaft" handelt es sich um ein umfassendes Programm, das den Ausweg aus der Finanzkrise durch nachhaltiges Wirtschaften skizziert. Insbesondere geht es dabei um neue Bilanzierungsregeln, bei denen die Unternehmensbonität auch an Mitarbeiter- und Geschäftspartnerzufriedenheit oder ökologische Aspekte gebunden ist ("Basel III"), sowie um neue Bewertungssysteme für die Management-Leistungen ("Weg mit der Gier") und um Richtlinien für den globalen Austausch zwischen Arm und Reich ("fair und solidarisch").

Die neue, ergänzende Forderung der "Dezentralisierung", soll ein Jahr nach der Ausrufung die Ausrichtung des Manifests noch einmal unterstreichen: "Mehr regional, weniger global! "


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /