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Neue EU-Richtlinien zur Förderung alter Sorten

Erhaltung regional angepasster Artenvielfalt wird erleichtert

Wien - Der "Lungauer Tauern" war Jahrzehnte lang eine wichtige Roggensorte für die Landwirte in alpinen Regionen wie dem Murtal, dem Ennstal, dem Pongau und dem Lungau. Auch in Bergbauernbetrieben Südtirols wurde er aufgrund seiner
Winterfestigkeit und Ertragssicherheit angebaut. Vor vierzig Jahren war der "Lungauer Tauern" allerdings nahezu wieder verschwunden: Technische und wirtschaftliche Entwicklungen ab der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts (die langen Halme verstopften die damaligen Mähdrescher) brachten ihn an den Rand des Aussterbens. Allerdings überlebte Zuchtmaterial in der Genbank der AGES und ihrer Vorgängerorganisationen. Seit einigen Jahren wird er als "Seltene landwirtschaftliche Kulturpflanze" insbesondere im Lungau wieder vermehrt angebaut. Kommendes Jahr wird der "Lungauer Tauern" voraussichtlich wieder in die Österreichische Sortenliste aufgenommen.

Sorten wie der "Lungauer Tauern" bilden eine wertvolle pflanzengenetische Ressource. Zur Erhaltung der biologischen Artenvielfalt und der natürlichen Umwelt bieten neue EU-Richtlinien die Möglichkeit, Landsorten und für besondere Bedingungen gezüchtete Gemüsesorten - sogenannte Liebhabersorten - nach einem
kostengünstigen Verfahren zu registrieren.

Die für landwirtschaftlich genutzte Arten relevante Richtlinie regelt die Zulassung von Sorten, die an regionale Gegebenheiten angepasst und von genetischer Erosion bedroht sind. Ebenfalls geregelt wird die Inverkehrbringung des entsprechenden Saat- und Kartoffelpflanzgutes. Von landwirtschaftlich genutzten Pflanzenarten
können sogenannte "Erhaltungssorten" in die Sortenliste eingetragen und zur Vermarktung zugelassen werden. Festgelegte Mindestanforderungen an Qualität und Kennzeichnung zum Schutz der KonsumentInnen müssen eingehalten werden.

Auch bei Gemüse können seltene Sorten, die traditionell an besonderen Orten und in besonderen Regionen angebaut werden und von genetischer Erosion bedroht sind, zugelassen und Saatgut vermarktet werden. Die Sorten werden registriert, damit KonsumentInnen Information dazu erhalten können, aber auch vor Täuschung geschützt werden. Die Vermarktung dieses Saatgutes erfolgt in Kleinpackungen.

Im August 2010 wurde eine Richtlinie für das Inverkehrbringen von Futterpflanzen-Saatgutmischungen zur Erhaltung der natürlichen Umwelt erlassen. Bereits in den 90-er Jahren haben die EU-Mitgliedstaaten zur Erhaltung natürlicher Lebensräume besondere Schutzgebiete ausgewiesen - das ökologische Netz "Natura 2000". Die nun geregelten Saatgutmischungen stammen aus diesen Schutzgebieten: sie müssen in ihren Zusammensetzungen einem Ursprungshabitat entsprechen. Die
authentische Herkunft wird durch ein vereinfachtes Verfahren sichergestellt. Das Inverkehrbringen wird mengenmäßig beschränkt und Kennzeichnungsvorschriften zur Transparenz und Nachvollziehbarkeit sind festgelegt.

Traditionelle Sortenzüchtung - ein Beitrag zur Biodiversität und Nachhaltigkeit

Die Vielfalt der in der Landwirtschaft genutzten Arten sowie die Diversität der Sorten und deren unterschiedliche Ausprägungen sind Voraussetzungen für eine nachhaltige, umweltschonende Erzeugung von Nahrungs- und Futtermitteln und pflanzlichen Rohstoffen.

Die Züchtung gesunder, standortangepasster und qualitativ hochwertiger Sorten trägt maßgeblich dazu bei, die genetische Vielfalt zu erhalten bzw. auszuweiten. Eine breite genetische Basis ist die Voraussetzung dafür, dass sich landwirtschaftliche
Kulturarten und deren Sorten geänderten Umweltbedingungen - Stichwort Klimawandel - anpassen können. Sorten für den heimischen Anbau tragen durch ihre Widerstandskraft gegenüber Krankheiten wie Pilzbefall und tierischen Schädlingen zu einer Verminderung beim Pflanzenschutzaufwand und somit zum Schutz der Umwelt bei.
In Österreich werden auch Pflanzensorten gelistet, die speziell für den biologischen Landbau gezüchtet wurden, und für jede in Österreich geprüfte Sorte wird die Gentechnikfreiheit garantiert.

Quelle: AGES


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /