© Photo: Rettet-die-Lobau, Hertenberger
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Umweltorganisationen bekräftigen: Klares NEIN zum Flussbaulichen Gesamtprojekt der Via Donau!

NGOs protestieren: Geplante Donau-Eintiefung zerstört die Donau-Auen • Internationale Beispielswirkung wäre katastrophal - dramatische ökologische Verschlechterung für die Donau insgesamt droht • Kosten horrend - Nutzen für die Schifffahrt nicht nachvoll

Wien - Bei einer gemeinsamen Pressekonferenz sprechen sich heute Vertreter des Umweltdachverbands, von Greenpeace, WWF, Virus und von der Bürgerinitiative Donaufreunde gegen das Flussbauliche Gesamtprojekt der Via Donau in der derzeit geplanten Form aus. Seit Mittwoch, 12. Dezember 2007, liegt das Flussbauliche Gesamtprojekt der Via Donau im Rahmen des UVP-Verfahrens zur Einsichtnahme auf. Das vorliegende Projekt der Via Donau wird seinen Ansprüchen - ‘nachhaltige Verbesserungen der Wassertiefen für die Schifffahrt, bei gleichzeitiger Aufrechterhaltung der ökologischen Verhältnisse’ - allerdings keineswegs gerecht, meinen die NGO-Vertreter.

‘Wir begrüßen grundsätzlich die Absicht, die ökologische Situation und Rahmenbedingungen für eine dynamische Entwicklung des Nationalparks Donau-Auen zu verbessern. Das Projekt in der derzeit vorliegenden Form lehnen wir jedoch klipp und klar ab’, sagt Dr. Gerhard Heilingbrunner, Präsident des Umweltdachverbandes. ‘Die Kosten für dieses Projekt sind unnötig hoch und der Nutzen für die Schifffahrt ist fraglich. Außerdem würde es wertvollen Naturraum zerstören und unverantwortliche Eingriffe in den Nationalpark Donau-Auen zu Folge haben. Für das Einengen, Ausbaggern und Auspflastern der Donau zwischen Wien und Bratislava dürfen keine Steuermittel verwendet werden. Der Umweltdachverband appelliert an die Europäische Union, die vorgesehenen EU-Fördermittel für den Ausbau des Öffentlichen Verkehrsnetzes in der Ostregion umzuschichten’, erklärt Heilingbrunner.

Ökologische Begleitmaßnahmen nicht gesichert

‘Dem Projekt fehlt die integrierende ganzheitliche Betrachtung: Zur besonders bedeutsamen Frage der Auflandung der Au (Feinsedimente) fehlen Lösungsansätze und der Hochwasserschutz wird in Wien wie in Niederösterreich separat geplant - was zum Teil auch der angestrebten verstärkten Vernetzung des Flusses mit der Au widerspricht. Der vermeintliche Nutzen für die Schifffahrt steht im Vordergrund, ökologische Begleitmaßnahmen sind vorgesehen, aber nicht gesichert. Die Ausbauziele für die Schifffahrt sind dagegen überzogen und gehen am eigentlichen Bedarf, wie etwa der Verbesserung der Logistikketten, vorbei’, stellt Dr. Reinhold Christian, Präsident des Forums Österreichischer Wissenschaftler für Umweltschutz, fest.

Nutzen für die Schifffahrt ist fraglich

‘Maßnahmen zur Förderung der Binnenschifffahrt, die auf Ausbau der Wasserstraße setzen, gehen am Problem vorbei’, sagt Heilingbrunner. Durchschnittlich betrug das Gütertransportvolumen auf der österreichischen Donau für die Jahre 2002 bis 2006 10 Mio. Tonnen. Die Transportkapazität beträgt unterhalb Wiens ca. 90 Millionen Tonnen (Via Donau). Jedenfalls werden große Transportkapazitäten nicht genützt. Die Fahrwassertiefe ist demnach nicht der begrenzende Faktor für die Schifffahrt: Die Kapazität der Donau im gegenständlichen Abschnitt ist derzeit nur zu 10 % ausgelastet. ‘Hinsichtlich Klimawirkung kann die Schifffahrt etwa mit der Bahn gleichgesetzt werden. Sie steht zur Bahn und nicht zur Straße in Konkurrenz, da überwiegend Schüttgüter wie Kohle, Erze, Bauschutt oder Getreide transportiert werden. Das zugrunde liegende Konzept einer Industrialisierung des Donauraums und damit zusammenhängender Transporte von Massengütern ist veraltet und rückwärts gewandt’, so Heilingbrunner.

Zerstörung der Au und Bedrohung des Nationalparks

‘Die einseitig tiefenorientierte Zielsetzung und die gewählte Methode zur Sohlestabilisierung (Granulometrie) führen zu unverhältnismäßig weitgehenden Eingriffen und zu einer Vereinheitlichung und damit ökologische Verarmung des Flusses. Die im Projekt definierte Fahrwassertiefe von 27 bis 28 dm weist auch laut wissenschaftlichen Erkenntnissen des projektbegleitenden Leitungsausschusses deutliche Nachteile gegenüber Varianten mit geringen Fahrwassertiefen auf’, ergänzt Christian.

Verheerende Folgewirkungen in anderen Donauabschnitten

Der 47 km lange Streckenabschnitt zwischen Wien und Bratislava ist neben der Wachau die letzte freie Fließwasserstrecke der Donau und mit seinen Schotterbänken und naturbelassenen Nebenarmen der größte zusammenhängende Auwald in Österreich. Wird der Maximalausbau der Schifffahrtsrinne im österreichischen Nationalparkabschnitt genehmigt, würde auch der Ausbaudruck auf die restlichen 2.000 km Donaustrecke bis zum Schwarzen Meer steigen - was für die Donau insgesamt zu einer dramatischen ökologischen Verschlechterung führen würde. ‘Die internationale Beispielswirkung wäre katastrophal - wertvolle Lebensräume von Bayern über die Wachau bis zum Donau-Delta in Rumänien wären in Gefahr. 3 Nationalparke, 2 Weltkulturerbestätten, 11 Ramsar-Schutzgebiete wären betroffen. Fast 2/3 der sensiblen Gebiete sind deklarierte oder potenzielle Natura 2000-Gebiete’, erklärt Andreas Wurzer vom WWF.

Gewählte Methode ist diskussionswürdig

Das vorliegende tiefenorientierte Projekt geht am Bedarf vorbei, was zusätzliche Probleme schafft, wie etwa: weniger Sicherheitsraum durch Einengung der Fahrwasserrinne, Benachteiligung wesentlicher Transporte durch die höhere Strömungsgeschwindigkeit, härtere Eingriffe zur Sohlstabilisierung etc. ‘Wesentliche Ursachen und Verantwortlichkeiten der Sohleintiefung, die zu einem guten Teil durch Baggerungen für die Schifffahrt verursacht wird, werden ignoriert’, so Wolfgang Rehm von der Umweltorganisation VIRUS. Ebenso eindimensional sind die Lösungsansätze der Granulometrie. Diese Technik ist noch nicht erprobt. Sie hat jedenfalls eine Verarmung des Flusses zur Folge. Namhafte Experten, wie z.B. der Schweizer Wasserbauer Dr. Martin Jäggi, vertreten grundsätzlich andere Ansätze zur Sohlestabilisierung. Die Überlegung einer Kombination unterschiedlicher Methoden statt einer Einheitslösung und einer ökologisch nachteiligen Vereinheitlichung der ganzen Strecke fehlen derzeit. Fazit: ‘Das flussbauliche Gesamtprojekt ist in seiner derzeitigen Form mit einem Fliegenpilz vergleichbar: Schaut schön aus, ist aber trotzdem giftig’, bringt Rehm seine Kritik auf den Punkt.

Vereinfachtes UVP-Verfahren fragwürdig

Dem österreichischen UVP-Gesetz entsprechend wird das vereinfachte UVP-Verfahren angewendet, das für Arbeiten ab einem Mittelwasserabfluss von 5 m3/s vorgesehen ist (die Donau hat ein Mittelwasser von 2.000 m3/s!!). ‘Hier besteht nach unserer Ansicht dringender rechtlicher Sanierungsbedarf, um den Einklang zur EU-Richtlinie herzustellen und den potenziellen Auswirkungen derartiger Großprojekte gerecht zu werden. Wir sehen auch die Aufteilung in ein generelles Projekt und Detailprojekte kritisch, wenn dabei wichtige Details offen bleiben. Dies ist vor der gegenständlichen Einreichung offensichtlich der Fall’, erklärt der Au-Aktivist Günter Schobesberger.

Naturversuch Deutsch Altenburg

Die Konzeption des ‘Naturversuchs’ lässt außerdem Schlimmes für das Gesamtprojekt befürchten: Die UVP wurde umgangen. Es handelt sich nicht um einen Naturversuch, bei dem schrittweise Eingriffe gesetzt, beobachtet und gegebenenfalls adaptiert werden, sondern um die Umsetzung der härtesten Ausbaumaßnahmen auf einer Länge von 3 Kilometern. In einem Furthabschnitt sollen 27 dm Fahrwassertiefe bei RNW sofort hergestellt werden und Eintiefungen bis zu 36 dm zugelassen werden. Damit kann gegenüber dem derzeit temporär gegebenen Zustand eine Schwankungsbreite der Tiefe von bis zu 2 m eintreten - anstelle der 20 bis 30 cm, wie die Projektvarianten 25 bzw. 27/28 dm vermuten ließen. Damit steht diese Vorgangsweise in krassem Widerspruch zur Vereinbarung des Leitungsausschusses den Bau adaptiv durchzuführen.

Umweltorganisationen fordern Alternativprojekt

‘Ein derartiges Großbauvorhaben, das sich über mindestens 10 Jahre erstrecken wird und auf unabsehbare Zeit die Verhältnisse im Nationalpark Donau-Auen und weit darüber hinaus beeinflussen wird, bedarf des besten Standes des Wissens und der Technik. Wir appellieren an die Bundesregierung und insbesondere an die zuständige Staatssekretärin, Dr. Christa Kranzl, die interdisziplinäre fachliche Diskussion mit Wissenschaft und NGOs wieder aufzunehmen, den ‘Naturversuch’ zu stoppen und ein Alternativprojekt zu erarbeiten’, so der abschließende Appell der Umweltorganisationen.


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /