Smart Grid ist in Oberösterreich bereits Realität

Bis 2012 sollen 100.000 Zähler installiert sein

Das intelligente Stromnetz ist der Planungsphase inzwischen entwachsen. Neben vielen kleineren Pilotprojekten wird derzeit ein komplettes Bundesland flächendeckend mit intelligenten Stromzählern ausgerüstet, wobei diese Zähler sogar bereits aktiv Stromverbraucher schalten können. Die Energie AG Oberösterreich als Versorger sowie
Netzbetreiber hat bereits in mehr als 20.000 Haushalten AMIS-Zähler von Siemens installiert, und in jedem dritten Haushalt können mittels sogenannter Lastschaltmodule große Verbraucher vom Netz gesteuert werden. Bis 2012 soll die Zahl der installierten Zähler auf 100.000 steigen. Diese Zähler erlauben die Fernablesung nicht nur des
Strom-, sondern auch des Gas-, Wasser- und Fernwärmeverbrauchs.

Zugute kommt der Energie AG die vorhandene Infrastruktur mit den alten Rundsteuergeräten, die nun abgelöst wird. Bei der Rundsteuerung werden üblicherweise ein Tag- und ein Nachtstromtarif mit zwei herkömmlichen Zählern angeboten. So kann die Energie AG bei ihren Kunden Verbraucher schalten, die mit 260 Megawatt rund ein Drittel ihrer Kraftwerksleistung entsprechen. Allerdings bisher mit den für die Rundsteuerung typischen Einschränkungen: Beispielsweise werden Verbraucher wie elektrische Warmwasserboiler und Speicherheizungen zu festgelegten Zeiten für einige Stunden zum Nachtstromtarif aktiviert. Mit der AMIS-Infrastruktur, die vom Zähler
über die Automatisierung in der Verteilstation bis hin zur Netzsteuerung reicht, kann die Energie AG diese Verbraucher deutlich flexibler schalten. Je nach Netzzustand können sie zu beliebigen, variierenden Zeiten geschaltet werden, sogar individuell, nicht nur gruppenweise.

Abhörsicher werden die Daten dabei bis zur Trafostation über das Stromnetz übertragen, ab da über Funk. Der individuelle Stromverbrauch des Einzelhaushaltes interessiert die Netzleitwarte dabei nicht, in der Trafostation werden die Haushaltsdaten von sogenannten Datenkonzentratoren aggregiert, um die Datenströme klein zu halten. Für den Netzbetrieb ist interessant, wie hoch der momentane Verbrauch je Trafostation ist, die wiederum im Schnitt 200 Abnehmer versorgt. Zugang zu ihren individuellen Verbrauchsdaten werden nur die Stromkunden
selbst haben, und zwar über eine gesicherte Internetverbindung. Da kann der Kunde dann sehen, wie sehr sein Verbrauch schwankt und seinen Strombedarf mit vorangehenden Zeiträumen vergleichen sowie mit einem Durchschnittswert. Auch die sogenannten unterbrechbaren Tarife werden durch die Smart-Grid-Infrastruktur
variabler. Darunter versteht man Tarife, bei denen der Kunde für das Einräumen der Unterbrechbarkeit der Stromlieferung einen festen Nachlass auf den Strompreis erhält. Derzeit werden elektrische Anlagen, die problemlos zeitweise vom Netz genommen werden können – beispielsweise Wärmepumpen oder Heutrockner in der Landwirtschaft – zur Spitzenverbrauchszeit mittags vom Netz genommen. Künftig können solche Unterbrechungen flexibel vorgenommen werden. Darüber hinaus kann die Energiegesellschaft genau steuern, wie viel Megawatt vom Netz genommen oder eingeschaltet werden. Denn praktisch jede einzelne Wärmepumpe lässt sich künftig im Einzugsgebiet separat schalten.

Zusätzlich zu den unterbrechbaren Tarifen kommen künftig noch variable Tarife, die nur mit einem intelligenten Zähler möglich sind. So will die Energie AG ab Sommer 2011 einen Tarif mit voraussichtlich fünf täglichen Zeitzonen und drei Preisstufen anbieten. Wer seinen Verbrauch in die Nebenzeiten legt, erhält einen günstigeren
Kilowattstundenpreis. Auch dies soll so komfortabel wie möglich – also möglichst automatisch – erfolgen, ohne dass der Nutzer per Hand eingreifen muss. Daher sind die eingesetzten Zähler von Siemens programmierbar, so dass ein Protokoll zur Ansteuerung von Haushaltsgeräten eingebunden werden kann, sobald es verabschiedet
ist.

Geld sparen können dadurch alle Beteiligten: Der Stromkunde, der seinen Verbrauch – soweit ohne Komfortverlust möglich – in die Nebenzeiten verlegt, der Netzbetreiber, der beim Einkauf von teurer Regelenergie spart und der Versorger, der weniger unökonomische Reservekraftwerke bauen muss. Die EU-Kommission rechnet
europaweit mit jährlich 7,5 Mrd EUR Sparpotenzial durch Smart Grids.

Die großen Verbraucher im Privathaushalt, deren Einbindung in das intelligente Stromnetz am meisten bringt, sind mit weitem Abstand Heizung und Warmwasserbereitung, die zusammen für 85 Prozent des Energieverbrauchs stehen. Kühl- sowie Gefrierschränke wären weitere elektrische Großverbraucher. Die oft genannte Waschmaschine hingegen kommt nur auf gut ein Viertel des Strombedarfs von Kühl- und Gefrierschrank, außerdem ist deren flexible Ansteuerung nicht jedem Nutzer recht. Seltener genutzte Großverbraucher wie Saunaöfen wären ebenfalls
prädestiniert, nach Feierabend in der Nebenzeit ihre Dienste zu verrichten.

In der Zukunft würden Elektroautos die ideale Ergänzung für ein Smart Grid darstellen: Sie würden bei 20.000 km jährlicher Fahrleistung genauso viel Strom wie ein kompletter Haushalt verbrauchen und üblicherweise nur ein bis zwei Stunden am Tag genutzt. Sie könnten also bis zu 23 Stunden täglich am Netz hängen und würden idealerweise komplett mit ansonsten nicht benötigtem Strom aus erneuerbaren Quellen geladen.


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /