© Grüne Gmünd
© Grüne Gmünd

Atomkraft als Klimaschützer?

Grüne informieren über die Gefahren der Atomkraft und die geplanten Atommülllager in Tschechien

Rege Diskussionen gab es bei der Info-Veranstaltung der Grünen zum Thema ‘Atomkraft als Klimaschützer?’ am 3. April 2011 in Gmünd mit

* Dalibor Stráský (Kernphysiker, ehem. Berater des cz Umweltministeriums und bis vor kurzem Vorsitzender der südböhmischen Grünen)
* Bernhard Riepl (Obmann des Vereins ‘Sonne und Freiheit‘) und
* Elisabeth Kerschbaum (Anti-Atomsprecherin der NÖ Grünen)
* Bettina Hradecsni (Bezirkssprecherin in Gmünd, ehem. NR-Abgeordnete der Grünen NÖ)
* Martin Litschauer (Bezirkssprecher in Waidhofen/Thaya, Energieberater)

Zu Beginn der Veranstaltung wurde nochmals an die Atomkatastrophe in Tschernobyl erinnert. Die Parallelen zu Fukushima wurden rasch hergestellt, obwohl die Veranstaltung bereits vor der Katastrophe in Japan geplant wurde.

Ein wichtiges Thema für die WaldviertlerInnen war natürlich das ‘geplante Atommüll-Endlager an der tschechisch-österreichischen Grenze’. Hier konnte Dalibor Stráský einige Verwirrungen durch aktuelle Zeitungsmeldungen aufklären:

Bis zum immer wieder als ‘Fertigstellungstermin’ kolportierten Jahr 2015 soll in Wirklichkeit ‘nur’ festgelegt werden, welche Gebiete näher untersucht werden sollen. Erst dann finden dort Probebohrungen statt. 2065 soll (lt. Plan) das Endlager fertig sein.

Nach den ersten geologischen Abschätzungen sind 6 + 2 mögliche Standorte für ein Endlager im Gespräch, davon 3 an der Grenze zu Österreich.

Nachdem an allen 6 Standorten (Lubenec, Pacejov , Božejovice-Vlksice, Lodhécov, Rohozná und Budišov) möglicherweise betroffenen Gemeinden mittels Volksabstimmungen ein Atommüll-Endlager mit überwiegender Mehrheit (großteils über 90 %) abgelehnt haben, wurden 2 weitere Standorte im ‘Militärgebiet’ (Tépla und Zbyliny) in die ‘Untersuchungsliste’ aufgenommen. Wie weit die Gemeinden sich tatsächlich rechtlich wehren können, ist unklar.

Die technischen Details- ie z.B. wie lange eine Zugänglichkeit des ‘Endlagers’ (zwecks Überwachung) geplant ist – sind noch offen.

In der Zeit der höchsten Strahlung wird der Müll oberirdisch gelagert. Die verbrauchten Brennstäbe müssen anfangs gekühlt werden, später lagern sie in den ‘Zwischenlagern’ am AKW-Gelende, ohne dass zur Zeit gesagt werden kann, wie sie entsorgt werden können. Es existiert sogar ein oberirdisches ‘Endlager’ in Dukovany für schwach strahlende radioaktive Abfälle.

Bettina Hradecsni von den Grünen in Gmünd, die die Veranstaltung mit Unterstützung der NÖ Grübi organisiert hat, stellte fest: ‘Die Fehlinformation, ausgehend insbesondere von der FPÖ, lenkt von den wahren Prioritäten ab!’

Deshalb das Wichtigste zuerst:

* Kein weiterer strahlender Müll = kein Temelin-Ausbau (der droht nach wie vor) und Atomausstieg auch in Tschechien!
* Informationsaustausch – Einforderung von Mitsprache der Republik Österreich und der Länder Nieder- und Oberösterreich
* Höchstmögliche Sicherheit (Überwachung muss auf Jahrhunderte gewährleistet sein, die Pläne dafür und Finanzierung geklärt)
* Volle Haftungsabdeckung des Restrisikos

Gegenseitiges Verständnis ist ebenfalls notwendig. Bernhard Riepl kennt als ‘Grenzgänger’ (kommt aus Oberösterreich – unterrichtet derzeit hauptsächlich in Budweis) beide Gesellschaften – und versteht den unterschiedlichen Zugang zur Atomkraft. In Tschechien hat die Bevölkerung Tschernobyl ganz anders erlebt als wir – Politik und Medien hatten kein Interesse an der Information der Bevölkerung. Fukushima weckt auf – auch in Tschechien. Umso wichtiger ist es, die grenzüberschreitenden Verbindungen zu erhalten und auszubauen, um das gegenseitige Verständnis zu verstärken! Damit wächst auch die Chance auf verstärkten Widerstand in Tschechien. Sein Verein, Sonne und Freiheit, unterstützt diese mit regionalen Aktionen, von Übersetzungsarbeiten bis zu Solaranlagen, "ein steter Tropfen höhlt den Stein," ist Riepl überzeugt.

In der Diskussion wurde dabei vor allem eines klar: Es gibt keine sicheren Atomkraftwerke – und schon gar keine unabhängige Kontrolle der Sicherheit! 25 Jahre nach dem Super-GAU in Tschernobyl hat sich diese traurige Wahrheit in Fukushima bestätigt.

Menschliches Versagen, Naturkatastrophen, aber auch schlampige Überprüfungen und unterdrückte Informationen lassen sich nie ausschließen.

Die zögerlichen Reaktionen der österreichischen Bundesregierung (‘Stresstestforderung’, Anti-Atomgipfel, ‘am Boden der Realität bleiben’) sind, so sind sich die BesucherInnen der Veranstaltung einig, untragbar. Die Bevölkerung (Österreichs und Europas!) darf sich nicht länger belügen lassen und muss die Richtung vorgeben. Und die kann nur heißen: Weg von dieser Technologie, die hunderte Generationen nach uns belastet!

Und: Das Argument ‘Atomkraft schützt das Klima’ ist an sich wissenschaftlich schon lang widerlegt. Eine Studie des Ökoinstituts Darmstadt stellt fest, dass Atomkraft, wenn Uranabbau und Bearbeitung mit eingerechnet werden, fast genauso viel CO2 produziert wie ein effizientes Gaskraftwerk mit Kraft-Wärme-Koppelung.

Statt weiter Atommüll zu produzieren, von dem niemand so richtig weiß, wie man ihn sicher lagern soll, müssen wir unsere Energieversorgung auf 100% Erneuerbare Energie umstellen, so Martin Litschauer abschließend. "Atomausstieg jetzt! Energiewende jetzt!". Diese beiden Forderungen gehören untrennbar zusammen.



Verwandte Artikel:


Artikel Online geschaltet von: / litschauer /