© Sonnenzeitung
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Exklusiv auf oekonews: Das meinen die Oppositionsparteien zur Ökostromnovelle

Ein interessanter Bericht aus der aktuell erschienenen Juni-Ausgabe der Sonnenzeitung

Geeinigt wären sie stark

Mit vereinten Kräften könnten die Oppositionsparteien jetzt einen großen Schritt in eine sonnige Zukunft wagen.
Ein Bericht von Vera Liebl.
Die Novelle zum Ökostromgesetz braucht im Parlament, da darin mehrere Verfassungsbestimmungen enthalten sind, eine Zweidrittelmehrheit. Diese haben die beiden Regierungsparteien nach der letzten Wahl verloren. Daher braucht die Regierung die Zustimmung von zumindest einer Oppositionspartei. Im Vorfeld gab es bereits Hinweise darauf, dass die angesprochenen Parteien ihre Zustimmung verweigern könnten. Die Sonnenzeitung wollte es genau wissen und befragte die drei zuständigen oppositionellen Energiesprecher zu ihrer Haltung zur Gesetzesnovelle. Auffallend ist, dass alle drei Fraktionen relativ junge und ambitionierte Abgeordnete mit der Vertretung der Energiefrage betraut haben. Auf sie setzen die Vertreter der erneuerbaren Stromproduzenten. Wenn sie geeinigt vorgehen, könnten sie österreichische Energiegeschichte schreiben. Im Gespräch war die Sonnenzeitung mit Norbert Hofer von der FPÖ, Christiane Brunner von den Grünen und Rainer Widmann vom BZÖ.

SONNENZEITUNG:

Wie sollte die Novellierung zum Ökostromgesetz 2012 aussehen, damit sie Ihre Unterstützung erhält? Ist der Abbau der Warteliste zu bestehenden Tarifen für Sie unabdingbarer Bestandteil einer sinnvollen Novellierung?

Hofer: Die Notwendigkeit des Abbaus der Warteliste wurde von mir in den Gesprächen mit dem Wirtschaftsminister angesprochen und ist natürlich eine Voraussetzung für die Zustimmung der FPÖ zum neuen Ökostromgesetz. Weitere Eckpunkte sind die Erweiterung der Gesetzeslaufzeit auf 2020, eine Überarbeitung der Zielsetzung für den Ökostromausbau sowie natürlich ein Verabschieden von der bisherigen Deckelung.

Brunner: Wir wollen ein Gesetz ohne Deckel, mit garantierten Tarifen, Planungssicherheit und einem klar formulierten Ziel für Strom aus erneuerbaren Energieträgern (100 Prozent bis 2020). Den Abbau der Warteschleife haben wir schon vor dem Entwurf in die Diskussion eingebracht. Ich halte eine einmalige Abbauaktion außerhalb des Gesetzes und damit die Aufl ösung der Warteschleife für dringend notwendig, um wieder einen kontinuierlichen Ausbau von Ökostrom in Österreich herstellen zu können.

Widmann: Diese Punkte müssen im Ökostromgesetz verankert werden: Ein rasches Abarbeiten des FoÅNrderrückstaues in Verbindung mit fairen Ökostromtarifen für alle Erneuerbaren. Eine vereinfachte FoÅNrderbürokratie mit klaren und langfristigen Zielen und Zusagen für eine gute Planbarkeit Nach dem Reaktorunfall in Fukushima, dem hohen Ölpreis und den Unruhen in wichtigen Lieferländern ist die Energieversorgung zu einem russischen Roulette geworden. Es ist daher das Gebot der Stunde, sowohl aus wirtschaftlichen als auch aus sozialen Gründen den Eigenversorgungsanteil massiv zu steigern. Beim Strom wären bis zu 100 Prozent bis 2020 drinnen.

SONNENZEITUNG:

Minister Mitterlehner hat davon gesprochen, den Förderdeckel bei Photovoltaik mit der Novelle abzuschaffen. Der aktuelle Entwurf sieht jedoch nur ein gedeckeltes Volumen von drei Millionen Euro pro Jahr für PV vor. Ein Grund für Sie, diese Novellierung abzulehnen?

Hofer: Selbst wenn sich der Minister aufgrund weitreichender Zugeständnisse für den Ökostromausbau mit der Opposition auf ein Heben des Deckels einigen würde, wäre ein gedeckeltes Volumen von drei Millionen Euro pro Jahr für Photovoltaik lächerlich gering. Jeder in der Branche aktive Arbeitgeber und Arbeitnehmer muss das als Provokation sehen.

Brunner: Ja. Der Deckel für die Photovoltaik bleibt ja wie gehabt bei zehn Prozent, das lehnen wir Grüne ab. Wir wollen ein Gesetz ohne Deckel, mit garantierten Tarifen.

Widmann: Wir helfen dem Wirtschaftsminister gerne, wenn er schon von diversen Interessengruppen daran gehindert wird, sein Versprechen einzulösen. Der Ökostromdeckel muss geöffnet werden. Wir schätzen, dass dafür eine Verdreifachung des Ökstromzuschusses von derzeit 21 Millionen auf 60 Millionen Euro ausreichen könnte.

SONNENZEITUNG:

Längerfristige Tarife sollten den Investoren Planungssicherheit geben und einen wirtschaftlichen Betrieb der Anlage garantieren. Eine jährliche Degression wie vom Minister geplant ist in diesem Fall kontraproduktiv. Werden Sie der Novelle trotzdem Ihren Segen geben?

Hofer: Offenbar hat man hier geplant, keinerlei jährliche Anpassungen vorzunehmen und aufgrund der geplanten Degression die Förderung praktisch auslaufen zu lassen. Also auch in diesem Fall: keine Zustimmung von der FPÖ.

Brunner: Wir werden der Novelle in dieser Form nicht zustimmen. Ansonsten wird bei Wirtschaftsfragen immer mit Planungs- und Investitionssicherheit argumentiert. Minister Mitterlehner soll mir einen der fossilen Betriebe (die er vertritt) nennen, der solche Rahmenbedingungen akzeptieren würde.

Widmann: Nein, denn langfristige Zusagen und Planbarkeit sind ein absolutes Muss!

SONNENZEITUNG:

Ihr Fazit zu dieser Novelle zum Ökostromgesetz?

Hofer: Für mich zeigt dieses Dilemma einmal mehr, dass Energiepolitik und Umweltpolitik zusammengeführt werden müssen und die Behandlung dieser Fragen in zwei verschiedenen Ministerien ein klarer Nachteil für Österreich sind. Wieder einmal stelle ich mir die Frage, wie lange wir uns eine Politik von vorgestern in einer Zeit leisten können, die wichtige Weichenstellungen für die Zukunft einfordert.

Brunner: Ich habe in meiner Arbeit im Zentrum für erneuerbare Energie hautnah erlebt, was es bedeutet, ein Ökostromförderungsgesetz oder ein Ökostromverhinderungsgesetz in Österreich zu haben. Bei sinkendem Anteil an Erneuerbaren am Stromverbrauch, bei steigendem Stromverbrauch insgesamt und 14 Prozent Atomstromanteil brauchen wir eine Energiewende in Österreich und dafür ein Ökostromgesetz, das seinen Namen verdient.

Widmann: Die Energiepolitik Österreichs ist wenig ambitioniert. Es fehlen klare Ziele, Verantwortlichkeiten, Evaluierungen und Kontrollen. Ich kann mir neben der Finanzierung über Ökostromzuschläge für Haushalte und Unternehmen auch eine Anschubfi nanzierung durch den Bund im Zuge einer Ökostromfondslösung vorstellen, dabei sollte einmalig die Dividende des Verbundes – die im Jahr 2009 rund 385 Millionen Euro betrug – nicht zum Stopfen von Budgetlöchern, sondern für erneuerbare Energien zweckgebunden werden.
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Artikel Online geschaltet von: / Lukas Pawek /