© ig-fahrrad.org Alec
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Polizei droht mit „Rasen am Ring“-Untersagung

Muss künftig jede geplante Veranstaltung in Wien vor einem kurzfristigen Verbot zittern?

Die Organisatoren von ‘Rasen am Ring’ erhielten gestern, zwei Tage vor der Veranstaltung, eine beunruhigende Nachricht: Obwohl Termin, Ort und Zeit, schon vor mehreren Wochen erfolgreich angemeldet worden waren, entschied die Polizei rund 48 Stunden vorher, dass das Fest für Fussgänger und Radfahrer am Parkring so nicht stattfinden dürfe. Der Name ‘Rasen am Ring’ bezieht sich nicht aufs Schnellfahren, sondern auf Rasenflächen, auf denen man sitzen, plaudern, essen und trinken kann, um die Ringstrasse in ihrer Schönheit, ohne Autolärm und –abgase zu erleben.

Obwohl sogar die offiziellen Rathaus-Webseiten das Fest online groß beworben hatten (www.wien.gv.at/verkehr-stadtentwicklung/mobilitaetswoche/fuss/index.html<7link> ), teilte das ‘Büro für Vereins-, Versammlungs- und Medienrechtsangelegenheiten’ (BVVM) der Polizeidirektion dem Veranstalter gestern Dienstag mit, die Veranstaltung dürfe nicht wie geplant von 13 bis 20 Uhr stattfinden, sondern müsse nach kurzen zwei Stunden vor Beginn der Hauptverkehrsspitze um ca. 15 Uhr wieder abgebrochen werden. Falls die Organisatoren damit nicht einverstanden seien, werde das Fest generell untersagt.

„Warten bis zum letzten Moment“

Die Polizeipressestelle bestätigte auf Anfrage von oekonews, dass die Veranstaltung bereits am 12. August angemeldet wurde (für den Zeitrahmen 13 bis 20 Uhr), und dass die Untersagung tatsächlich erst 48 Stunden vorher, nämlich gestern, dem Veranstalter mitgeteilt wurde. Dies liege u.a. daran, dass die Polizei am vergangenen Donnerstag (15. 9.) eine Beobachtungsstudie durchgeführt habe, um das Verkehrsaufkommen an einem September-Donnerstag-Nachmittag am Ring zu untersuchen.

Außerdem warte man mit der endgültigen Genehmigung einer Veranstaltung grundsätzlich bis zum Ende der Anmeldefrist für den jeweiligen Termin. Es könnten ja auch andere Veranstaltungen für denselben Ort angemeldet werden, die vielleicht Priorität hätten. Ich fragte, ob es dabei nicht einfach um die Reihenfolge der Anmeldung geht. Nein, erklärte mir der Polizeisprecher, das Prinzip ‘Wer zuerst kommt, mahlt zuerst’ gelte hier nicht. Es gehe neben vielen anderen Faktoren besonders auch um die Anzahl der Leute, die an einer Veranstaltung teilnehmen. Feste mit mehr Leuten hätten Priorität, wobei aber auch andere Faktoren eine Rolle spielten.

Undurchsichtige Entscheidungskriterien?

Eine interessante Vorgangsweise: Falls dies wirklich so praktiziert wird, müsste jeder Veranstalter, beispielsweise die Militärparade am Nationalfeiertag oder der Maiaufmarsch der SPÖ, bis zwei Tage vorher zittern, ob sie nicht von einer ‘wichtigeren’ Kundgebung verdrängt werden. Letztlich könnte dann das BVVM-Büro der Polizei ziemlich willkürlich, ohne transparente Regeln, entscheiden, wer zugelassen wird und wer nicht.

Derzeit ist eine Verlegung vom Parkring zum Opernring im Gespräch, weil die Auswirkungen auf den Verkehr dort angeblich weniger gravierend seien. Wie man die vielen Besucher, die nun morgen ahnungslos zum Parkring strömen, mit Transparenten oder Megaphonen umdirigieren soll, konnte ich weder vom Veranstalter, noch vom Polizeisprecher schlüssig erfahren.

Heute Mittwoch wird es am Vormittag eine Besprechung geben, bei der gemeinsam nach Lösungen gesucht wird.

Für künftige Termine in Wien muss man jedenfalls hoffen, dass das BVVM-Büro der Polizei ein wenig schneller arbeitet und sich für eventuelle Einwände nicht wochenlang bis zum allerletzten Tag Zeit lässt.

P.S. Sobald das Ergebnis der Gespräche in einigen Stunden fest steht, werden eventuelle Änderungen von Zeit und Ort des ‘Rasen am Ring’-Fests hier mitgeteilt werden.

GastautorIn: Gerd Maier für oekonews.
Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /