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Warum wir uns Natur leisten müssen

Nachhaltige Entwicklung, biologische Vielfalt und Ökosystemleistungen stehen heute im Fokus

Umweltdachverband, Ökosoziales Forum und Umweltbundesamt veranstalten Konferenz

Es diskutieren u.a.: EU-Umweltkommissar Janez Potocnik, die Direktorin der Europäischen Umweltagentur, Jacqueline McGlade, Umweltminister Nikolaus Berlakovich und NÖ Naturschutzlandesrat Stephan Pernkopf


Wien - Das Ziel, den Rückgang der biologischen Vielfalt bis zum Jahr 2010 zu stoppen, wurde trotz erheblicher Anstrengungen nicht erreicht. Mit der Festlegung von neuen EU-Biodiversitätszielen bis 2020 fängt eine neue Ära der Biodiversitätspolitik an. «Wir müssen dringend beginnen, den Biodiversitätsverlust als das zu sehen, was er tatsächlich ist: ein Indiz für die Nicht-Nachhaltigkeit unserer Gesellschaft und nicht ein unvermeidbarer Kollateralschaden als Ergebnis der wirtschaftlichen Entwicklung», erklärt EU-Umweltkommissar Janez Potočnik. «Im Rahmen der Tagung «Nachhaltige Entwicklung, Ökosystemleistungen und Biodiversität: Warum wir uns Natur leisten müssen», die heute im Europahaus in Wien statt findet, diskutieren wir mit hochrangigen Gästen wie effektiver und sektorübergreifender Biodiversitätsschutz künftig gelingen kann. Dazu stehen der ökonomische Wert von Biodiversität und der Schutz von Ökosystemleistungen im Fokus», sagt Gerhard Heilingbrunner, Präsident des Umweltdachverbandes. Der Umweltdachverband, das Ökosoziale Forum und das Umweltbundesamt veranstalten die Konferenz in Kooperation mit der Österreichischen UNESCO-Kommission, dem Land NÖ und dem Lebensministerium.

Österreichweite sektor- und länderübergreifende Biodiversitätsstrategie
Die Erreichung des EU-Biodiversitätsziels 2020, den Rückgang der biologischen Vielfalt zu stoppen und die Ökosystemleistungen wiederherzustellen, stellt uns vor große Herausforderungen. Denn wir alle sind für die Ursachen des Biodiversitätsverlustes - Flächenversiegelung, Lebensraumfragmentierung, Intensivierung der Landwirtschaft, Schadstoffzunahme u.v.m. - mitverantwortlich. «Unser stetig steigender Ressourcenverbrauch hat u.a. zur Folge, dass täglich weltweit rund 150 Arten aussterben und ganze Ökosysteme vor dem Kollaps stehen. Ziel muss es daher sein, dass alle NutzerInnen der Biodiversität, auch aus den Bereichen Wirtschaft, Verkehr, Wasser, Tourismus, Raumplanung, etc., auf allen Regelungsebenen - Gemeinden, Länder und Bund - für eine gemeinsame österreichische Biodiversitätsstrategie zum Schutz der Vielfalt an Arten, Genen und Lebensräumen an einem Strang ziehen. Es ist höchst an der Zeit, sich mit dem Biodiversitätsproblem ernsthaft zu befassen und auch im Rahmen künftiger EU-Förderprogramme die nötigen finanziellen Ressourcen für Gegenmaßnahmen, wie die Schutzgebietsbetreuung, Renaturierungs- oder Agrarumweltprogramme zur Verfügung zu stellen. Außerdem müsste analog zur Klimaverträglichkeitsprüfung von Gesetzesentwürfen auch eine Biodiversitätsverträglichkeitsprüfung eingeführt werden. Erst wenn man die wahren Auswirkungen von in Gesetze gegossener Politik kennt, kann man objektiv darüber entscheiden, ob man umweltschädliche Konsequenzen in Kauf nimmt, oder vielleicht doch noch nachschärft», so Heilingbrunner.

Ökologisierung des Steuersystems und Streichen umweltschädlicher Subventionen
«Wir müssen künftig ökosozial entscheiden, um nachhaltiger zu wirtschaften. Nicht nur, weil es ökologisch notwendig ist, sondern auch, weil es den dringenden Wunsch der Menschen nach einer sozialeren Wirtschaftsordnung gibt. Das gelingt uns aber nur dann, wenn wir zugleich für wirtschaftliche Prosperität sorgen», betont Franz Fischler, der Präsident des Ökosozialen Forums. «Das erfordert tiefgreifende Veränderungen in der Produktion, im Lebensstil und in den gesetzlichen Rahmenbedingungen. Erste Voraussetzung dafür ist die vollständige Kostenwahrheit bei Produkten und Dienstleistungen. Umsetzungsschritte sind eine Know-How-Intensivierung, die Ökologisierung des Steuersystems, das Streichen von umweltschädlichen Subventionen und der ständige Dialog mit den Menschen, die diese Reformen mittragen müssen», fordert Fischler rasches politisches Handeln. «Nur so können auch künftige Generationen sicher sein, in einer reichhaltigen und intakten Natur aufwachsen zu können.»

Nachhaltige Bewirtschaftungskonzepte, neue Bewertungsinstrumente und Dialog
«Wir Menschen profitieren immens von den vielfältigen Leistungen der biologischen Vielfalt - in Österreich vom sauberen Wasser als eine der wichtigsten Lebensgrundlagen, vom starken Wald als Schutz vor Lawinen und Muren oder auch von der vielfältigen Kulturlandschaft, die touristisch so attraktiv ist. Die Funktionsfähigkeit dieser Ökosysteme zu erhalten ist eine zentrale Herausforderung für die nächsten Jahrzehnte», betont Umweltbundesamt-Geschäftsführer Georg Rebernig. «Als Folge wirtschaftlicher Entwicklungen, gesellschaftlicher Trends und demografischer Veränderung wird der Druck auf Ökosysteme und Biodiversität weiter zunehmen. Diese Entwicklungen müssen wir ernst nehmen und entgegen steuern. Wir werden einen klugen Umgang mit unseren Ressourcen lernen müssen, der zu einer Balance zwischen Schutz und Nutzung führt. Dafür braucht es nachhaltige Bewirtschaftungskonzepte, neue Bewertungsinstrumente und den Dialog mit allen Beteiligten. Es geht darum, Perspektiven für die Zukunft unserer Lebensgrundlagen zu entwickeln - nicht nur in Österreich, sondern auch auf europäischer Ebene.»

Vielfalt der Arten erhalten und schützen

«Biodiversität bezieht sich auf alle Aspekte der Vielfalt in der lebendigen Welt. Erhaltung und nachhaltige Nutzung der biologischen Vielfalt bzw. ihrer Elemente gelten als wichtige Grundlagen für das menschliche Wohlergehen. Daher muss es unser aller Anliegen sein die Vielfalt der Arten zu erhalten und gleichermaßen zu schützen. Dies garantiert unser aller Wohlergehen in unserer bekannten ökologischen Umwelt - und dies noch weit über unsere Generation hinaus», so Umweltminister Niki Berlakovich.

Schutzgebiete sichern sowie Lebensräume entwickeln und verbessern


«Niederösterreich ist ein Naturland und setzt zahlreiche Maßnahmen, um Schutzgebiete zu sichern sowie Lebensräume zu entwickeln und zu verbessern. Als Beispiele möchte ich das LIFE-Projekt zum Schutz der Großtrappe oder das Projekt Alpen-Karpaten-Korridor erwähnen, bei denen verschiedene Fachdisziplinen zum Erhalt der Biodiversität vorbildhaft zusammenarbeiten. Auch das Programm zur Entwicklung des ländlichen Raumes oder das landwirtschaftliche Umweltprogramm sind wichtige Säulen im niederösterreichischen Naturschutzkonzept. Nützen und Schützen lautet das Motto zum Thema biologische Vielfalt in Niederösterreich», erklärt Niederösterreichs Naturschutz-Landesrat Stephan Pernkopf.


Vielfalt 2010 plus


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /