© R. Chodász (BAHNINDUSTRIE.at)
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Für den Osten die Westbahn – Für den Westen die Restbahn?

Tirol und Vorarlberg von Salzburg westwärts auf dem Abstellgleis?

Am 11.12.2011 nimmt die private ‘Westbahn’ von Hans-Peter Haselsteiner ihren Betrieb zwischen Salzburg und Wien auf. Damit erfährt das Bahnangebot auf dieser Strecke eine deutliche Erweiterung, der Konkurrenzkampf der beiden Kontrahenten ÖBB und Westbahn ist schon im Vorfeld eröffnet.

Dies nahmen die Grünen in Vorarlberg und Tirol zum Anlass, um auf notwendige Investitionen in die Bahn im Westen Österreichs hinzuweisen.

Die ÖBB haben in der Vergangenheit viel in die Beschleunigung zwischen Wien und Salzburg investiert, auch die Tauernbahn und die Strecke über den steirischen Schoberpass sind deutlich schneller geworden. Jetzt fließen Unsummen in die neue Koralmbahn von Graz nach Klagenfurt, und als weiteres Monsterprojekt an der Südbahn soll der Semmering-Basistunnel folgen. Ganz anders von Salzburg in Richtung Vorarlberg: Dort wird die Westbahn immer mehr zur ‘Restbahn’. Im Tiroler Oberland und über den Arlberg nach Bludenz fahren die Züge über weite Strecken auf einer eingleisigen und kurvige Trasse, die aus der Zeit der Eröffnung durch Kaiser Franz Josef stammt.

Rail“jet“ mit 70 km/h

Zwischen Bludenz und Ötztal fährt auch der ‘Schnellzug’ Railjet einen großen Teil der Strecke mit nur 70, 80 km/h, zum Teil liegt die Höchstgeschwindigkeit noch tiefer. Und auf über 60 Kilometern ist die Strecke eingleisig. Das begrenzt nicht nur die Leistungsfähigkeit der Strecke, sondern macht die Bahn auch weniger zuverlässig. Verspätungen schaukeln sich auf, weil die Züge in Kreuzungsbahnhöfen warten müssen. Und um Instandhaltungsarbeiten durchführen zu können, muss die Strecke immer wieder gänzlich gesperrt werden – wie heuer im Sommer für mehr als zwei Wochen. Die Fahrgäste müssen dann in Busse umsteigen. Und die Güterzüge werden über München umgeleitet, mit dem Ergebnis, dass viele Transporte einen Tag später ankommen.

Nach den Plänen der ÖBB soll das auch so bleiben. Im ‘Zielnetz 2025+’, für das die ÖBB nach eigenen Angaben 49 Milliarden Euro investieren wollen und das die Verkehrsministerin unlängst als ‘Plan für die Zukunft der Bahn’ präsentiert hat, sucht man vergeblich nach einem Ausbau dieser besonders langsamen Strecken.

Zwischen Wien und Salzburg oder zwischen Wien und Klagenfurt versprechen die ÖBB mit dem Zielnetz 2025+deutlich kürzere Fahrzeiten, auf den Neubauabschnitten der Südbahn sogar eine Halbierung der heutigen Dauer.

Und westlich von Innsbruck? Eine Darstellung der ÖBB zeigt, was wir erwarten dürfen: Von Innsbruck nach Bregenz sollen die Züge auch nach 2025 gleich lang unterwegs sein wie heute. Und auch von Salzburg nach Bregenz wird die Bahn nur unwesentlich schneller. Wie ein Hohn nimmt sich in diesem Lichte die Ankündigung einer ‘neuen Zeitrechnung für die Bahn’ durch das Verkehrsministerium aus.

Die simple Logik dahinter: Kürzere Fahrzeiten würden Streckenausbauten voraussetzen. Solche sieht das ÖBB-Zielnetz 2025+ – trotz eines gigantischen Investitionsvolumens – westlich von Innsbruck nicht vor. Obwohl es Ausbaupläne schon lange gäbe: Bundesminister Gorbach hat seinerzeit vollmundig eine neue zweigleisige Strecke von Bludenz nach Braz versprochen. Und für einen Abschnitt westlich von Ötztal lag über viele Jahre sogar eine rechtskräftige Baubewilligung vor, für den zweigleisigen Ausbau notwendige Grundstücke waren schon abgelöst. Die Realisierung wurde trotzdem abgesagt, die schon erteilen Bewilligungen sind verfallen.

"Für Vorarlberg und Tirol gilt daher: wir wollen nicht abgehängt werden! Eine moderne, zukunftsfähige Bahn, die eine attraktive und ökologische Alternative zur Straße sein soll, darf nicht in Salzburg enden." meinen Klubobmann Johannes Rauch, Verkehrssprecher Bernd Bösch, Grüne Vorarlberg und Klubobmann Georg Willi, Grüne Tirol.

Ihre gemeinsamen Forderungen lauten:

- zweigleisiger Ausbau zwischen Bludenz und Ötztal, bis 2025 zumindest auf ein paar wichtigen Teilabschnitten
- kurzfristige Trassenverbesserungen dort, wo der Ausbau keine besonders aufwändige Streckenverlegung erfordert
- durchgängiger Stundentakt zwischen Vorarlberg und Salzburg, kurzfristig zumindest zu den wichtigsten Tageszeiten
- Güterverkehr zwischen Vorarlberg und Ostösterreich auf die Schiene!

Sie haben sich auch überlegt, wo an anderer Stelle gespart werden kann und meinen, den Brenner-Basistunnel könnte man ein paar Jahre nach hinten schieben. Ende 2012 wird die neue Unterinntaltrasse fertig, dann wären – auch ohne Basistunnel – mehr als genug Kapazitäten verfügbar, um große Teile des Straßentransits auf die Schiene zu verlagern. Sie sehen auch den Koralm-Tunnel als fragwürdiges Projekt, aber dort könnte gut auf die den Ausbau der 2. Röhre verzichtet werden. Es wird auch nicht immer sparsam gebaut. Brauchen wir wirklich Verkleidungen aus indischem Granit in unseren Unterführungen? Oder alle Brüstungen in Glas? Die SBB bauen in vielen Bereichen weniger aufwändig – und die Bahn funktioniert dort nicht schlechter.


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /