© Stadt Wien-NGO Vertreter, Antiatombeauftragte aus den Bundesländern, Vertreter SPÖ, ÖVP, Grüne, die Wiener Umweltanwältin Andrea Schnattinger und Umweltstadträtin Ulli Sima
© Stadt Wien-NGO Vertreter, Antiatombeauftragte aus den Bundesländern, Vertreter SPÖ, ÖVP, Grüne, die Wiener Umweltanwältin Andrea Schnattinger und Umweltstadträtin Ulli Sima

2. Wiener Atomgipfel: Städte-Netzwerk gegen Atomkraft gegründet

"Gemeinsam gegen grenznahe Atomkraftwerke und für ein atomkraftfreies Europa!"

Wien- Los gehts mit einem europaweites Städtenetzwerk gegen die Atomkraft, das von Wiens Umweltstadträtin Ulli Sima ins Leben gerufen wurde: "Wir wollen mit vielen Partner-Städten gemeinsam gegen die Atomlobby vorgehen und die Alternativen zur Nuklearindustrie auf EU-Ebene forcieren", so Sima nach dem 2. Atomgipfel im Wiener Rathaus. Unterstützt wird sie von vielen NGOs und Anti-Atom-KämpferInnen aus den Bundesländern. Es gibt bereits enge Kontakte mit zahlreichen europäischen Städten, konkret unterstützen Wiens Anliegen bereits Antwerpen, Bergen, Frankfurt, Köln, Manchester, München und Nikosia. Viele weitere Städte - wie Genua, Zürich oder Nantes - sind an gemeinsamer Vorgangsweise interessiert.

Gemeinsame Resolution der europäischen Städte an die EU

In einer gemeinsamen Resolution der Städte wird ein sofortiges europaweites Moratorium für AKW-Neu-Bauten gefordert, weiters die rasche Abschaltung aller Reaktoren, die keine Schutzhülle haben und im nächsten Schritt der europäische Atomausstieg. Zentral ist in der Resolution der Städte auch die Umlenkung der Gelder auf EU-Ebene weg von der Atomenergie hin zu den Erneuerbaren Energieträgern und energieeffizienten Technologien. "Es ist sicher zielführender, das Anti-Atom-Engagement gemeinsam zu verstärken und den Druck auf die EU-Kommission zu erhöhen und ich freue mich über die breite Allianz in dieser für uns so zentralen Frage", so Sima.

Stopp von Atomstromimport nach Österreich!

Die Stadt Wien unterstützt die Forderung der NGOs nach einem Importstopp von Atomstrom nach Österreich: "Wien Energie ist bereits atomstromfrei und wurde beim Atomstrom-Check von GLOBAL 2000 und Greenpeace auch als solches anerkannt. Wien Energie ist mit seinem Anti-Atom-Engagement unter den drei besten konventionellen Atomstromanbietern und zu 100% atomstromfrei", so Sima. "Die rot-grüne Koalition in Wien ist aktiv gegen den Import von Atomstrom. Wien geht mit gutem Beispiel voran, die Bundesregierung muss nun dafür sorgen, dass ein Atomstromimport-Verbot nach Österreich umgehend umgesetzt wird", meint dazu Rüdiger Maresch, Umweltsprecher der Grünen.

Resolution zum Atomausstieg

Die bisherigen Ergebnisse der nach der Atomkatastrophe von Fukushima durchgeführten Stresstests bei AKWs sind erwartungsgemäß ernüchternd: Die Staaten liefern grossteils Alibi-Unterlagen und erhalten im Gegenzug ein "Gütesiegel" für marode Meiler. In der Kommission sitzt mit dem österreichischen Vertreter nur einer von wenigen aus einem Land ohne Atomkraftwerke, der Großteil der Mitglieder der Stresstest-Kommission sind allesamt Vertreter aus Atomstaaten. "Die Stresstests sind eine Farce und Null Beitrag zur Sicherheit", meint Sima. Daher fordern die VertreterInnen des 2. Wiener Atomgipfels anstatt der Alibi-Tests vehement den europäischen Atomausstieg.


Die Resolution des Atomgipfels richtet sich sowohl an die Bundesregierung als auch an die EU-Kommission:

1) Moratorium für AKW-Neubauten inklusiver in Bau befindlicher Meiler
2) Schließung der Reaktoren ohne Containment, also Schutzhülle
3) Gesamteuropäischer Atomausstieg
4) Offenlegung aller Dokumente, die in die Stresstestverfahren einfließen

Stadt Wien beruft gegen Abweisung der Klage gegen die EU-Kommission

Die Stadt Wien ist seit langem aktiv im Kampf gegen grenznahe Atomkraftwerke und wird auch dieses Jahr auf allen Ebenen entsprechende Schritte setzen - sowohl auf nationaler als auch auf EU-Ebene. "Wir werden mit einer Expertendelegation im Mai auch nach Brüssel reisen und an verschiedenen Stellen Wiens Ablehnung zum geplanten Ausbau von Mochovce thematisieren - das AKW liegt nur 160 km von unserer Haustüre entfernt!", warnt Sima. Die Kommission müsse angesichts der dramatischen Sicherheitsmängel des Uralt-Reaktors endlich tätig werden.

In diesem Zusammenhang hat die Stadt Wien bekanntlich letztes Jahr die EU-Kommission geklagt. Denn nach Ansicht der Stadt Wien gilt das Recht jedes Bürgers auf Information über die Tätigkeit der Europäischen Institutionen, gerade auch im so zentralen Atombereich. Zu lange schon hat sich die Atomindustrie hinter einem gesetzlich sanktionierten Mantel des Schweigens versteckt. Vertreten durch den anerkannten Nuklearrechtsexperten Wolf-Georg Schärf hat die Stadt Wien daher die EU-Kommission geklagt, diese müsse sich laut Klage mit den dramatischen Sicherheitsdefiziten befassen und Informationen darüber herausgeben. Aus "formalen" Gründen wurde die Klage jedoch abgewiesen. "Die Begründung ist absurd, die Kommission spricht von 'mühsam lesbarerer Sachverhaltsdarstellung'", zeigt sich Sima empört: "Natürlich ist die Materie komplex, handelt es sich bei Mochovce doch um ein Atomkraftwerk und kein Wochenendhaus". Die Stadt Wien hat Berufung eingelegt.

Nuklearrechtskonferenz im März in Wien

Wie beim ersten Atomgipfel im Vorjahr besprochen, wird es heuer eine Nuklearrechtskonferenz in Wien geben. Ausgewählte Experten der europäischen Juristenszene beschäftigen sich auf Einladung der Wiener Umweltanwaltschaft am 15. März mit zentralen Fragen des Nuklearrechts. "Wir wollen aktuelle juristische Angelpunkte in unserem Engagement gegen die Atomkraft herausarbeiten und für unser Engagement nutzen", so Sima. Referieren werden u.a. Prof. Robert Esser von der Universität Passau, Prof. Bernhard Koch und Prof Friedrich Steinhäusler von der Universität Salzburg, Dr. Sebastiaaan Reisma als Experte einer im Nuklearbereich tätigen großen Schweizer Versicherung und natürlich auch Dr. Wolf-Georg Schärf, der die Klage gegen die EU-Kommission für die Stadt Wien eingebracht hat und die Konferenz im Aufrag der Wiener Umweltanwaltschaft auch wissenschaftlich betreut.

"Überparteiliche Bekenntnisse zum europaweiten Atomausstieg und zu einer Effizienzsteigerung der auf Anregung Österreichs derzeit laufenden Stresstests wie sie beim heutigen 2. Wiener Atomgipfel erfolgten sind durchaus ein wichtiger Beitrag", so die Umweltsprecherin der ÖVP Wien, LAbg. Karin Holdhaus. Sie hält es jedoch für mindestens genauso wichtig, wenn beim Wiener Atomgipfel
Wiener Fragen zur Energieeffizienz und zum Einsatz Erneuerbarer Energien diskutiert worden wären und fordert die Stadt Wien daher auf, gleichzeitig ihre Anstrengungen für die Förderung Erneuerbarer Energien zu verstärken.


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /