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Mittäter der Atomkraft?

Auf „1 Jahr nach Fukushima“ reagiert der Wirtschaftsminister bei seiner Gedenk-Pressekonferenz mit Eigenlob - zurecht? Eine Ansichtssache

Die Jährung der weltweit schlimmsten Reaktorkatastrophe wurde missbraucht. Die Jubelpressekonferenz, um die tollen Energiewende-Leistungen der vergangenen 12 Monate zu glorifizieren, ist gründlich misslungen:

Die Ökostromgesetz-Novelle von Juli 2011 etwa ist nicht mehr als ein Reparaturversuch. Was 2003 begonnen worden war, wurde 2006 um ca. 75 % zusammengestutzt und mit der Novelle vom Vorjahr nicht einmal zur Gänze ausgeglichen.

Das längst fällige Energieeffizienzgesetz wird voraussichtlich in der zweiten Hälfte 2012 in Kraft treten – eine Schrecksekunde von 1 ½ Jahren oder mehr. Man will sich aber geschätzte 42 % vergangener Maßnahmen von vornherein auf die EU-Vorgabe anrechnen lassen. Unbeeindruckt von Fukushima auch hier Bremsen, was das Zeug hält.



Politische Physik

Mittäterschaft durch Irreführung und Unterlassung anstatt Kampf gegen Atomstrom: Auf das, und nicht weniger, setzt der Wirtschaftsminister. Seine irreführenden Ausreden sind subtil und daher vorsätzlich: Erstens führt er an, Atomstromfreiheit wäre nur durch Kappen der Stromleitungen zu allen Nachbarstaaten möglich, weil physikalisch Strom kein Mascherl habe. Ökostrom wird durch ein Gesetz aus seinem Ministerium – ein wenig - forciert. Beim Atomstrom würde das aber leider in die Gegenrichtung nicht gehen!? Wird neuerdings die Physik des Stroms ministeriell dekretiert? Würde dies gelingen, wäre es nobelpreisverdächtig.

Gutachtenpolitik

Die Unterlassung begeht Mitterlehner dadurch, dass er trotz mehrerer positiver Rechtsgutachten, kein Atomstromimportverbot initiiert. Er kneift, weil ein einziger Rechtsexperte die Ansicht vertritt, ein Importverbot wäre EU-rechtswidrig. Dieses Gutachten wurde - natürlich rein zufällig – vom Wirtschaftsministerium beauftragt.

Planwirtschaftsminister

Auf eine Journalistenfrage zeigte sich der Minister rechnerisch sattelfest: Atomstrom ist bei Einrechnung externalisierter (Umwelt-, Endlager- etc.-) Kosten unwirtschaftlich. Massive Anstrengungen auf EU-Ebene, diese planwirtschaftliche Marktverzerrung zu einem baldigen Ende zu bringen, konnte er jedoch keine präsentieren – ein Jahr nach Fukushima.



Wer es unterlässt, die notwendigen und möglichen Schritte gegen bekannte Gefahren zu unternehmen, begeht Unterlassung. Wer mit offensichtlichen Ausreden und sachlich irrelevanten Ablenkungsmanövern versucht, sich um not-wendende Aktivitäten herumzudrücken, begeht Irreführung. Der Wirtschaftminister ist ein ‘Politischer Mittäter der Atomkraft’ - nicht der Einzige in Österreichs Bundesregierung, falls ihn das tröstet.



Dr. Fritz Binder-Krieglstein

GastautorIn: Dr. Fritz Binder-Krieglstein für oekonews.
Artikel Online geschaltet von: / stevanov /