Entökologisierung durch das British Council?

Eine Ansichtssache von Dr. Gernot Neuwirth

Das British Council ist wohl noch vielen – nicht nur Sprachstudenten – in wohliger Erinnerung: Kuschelige Leseräume, Buch-, Musik- und Filmbibliothek, gepflegtes Englisch bei den Mitarbeitern und bei den Veranstaltungen. In den letzten Jahren sind diese Annehmlichkeiten weitgehend verschwunden. Das British Council organisiert noch Sprachprüfungen und Veranstaltungen. Und lädt unlängst ein in einen riesigen, aber nur düster beleuchteten TU-Hörsaal (soll das an die dunklen Zeiten ohne Atomkraft erinnern?). Thema: ‘Nuclear Power or Renewables’ – Atomkraft oder Erneuerbare. Noch dazu in deutscher Sprache. Was ‘zu meiner Zeit’ nicht der Fall war.

Rührend naive Suggestivfragen schon in der Einladung wie ‘Könnte es wieder ein Tschernobyl geben, und wenn nicht, warum nicht?’ lassen nichts Gutes ahnen. Das Podium ist mit eineinhalb Atomkritikern und zweieinhalb Atomlobbyisten besetzt: DI Silva Hermann (von Global 2000), TU-Professor Günther Brauner (sieht in Österreich keine Notwendigkeit für Atomkraft, im Rest der Welt schon), TU-Professor Helmuth Böck (Leiter des TU-Forschungsreaktors) und Dr. Paul Howarth (Leiter des Nuklearinstituts der Universität von Manchester).

Der ältere Zuhörer fühlt sich dreißig Jahre jünger, weil die atomaren Urgesteine Böck und (aus dem Publikum) Binner haargenau wie damals reden und mit denselben Behauptungen kommen, die die Österreicher schon damals nicht geschluckt haben. Nur der Klimawandel ist neu im Repertoire. Der Engländer wird übersetzt, er spricht wenigstens ein gepflegtes Englisch und so sieht man ihm seine Un- und Halbwahrheiten bereitwilliger nach. Zum Beispiel: ‘Auch Fotovoltaik hinterlässt toxischen Müll – das hochgiftige Cadmium’! Natürlich sagt er nicht dazu, dass bei weitem der Großteil aller Solarzellen aus Silizium gefertigt wird, dessen Harmlosigkeit dem seines Rohstoffes entspricht – Sand. Aber das wissen manche der Zuhörer hoffentlich ohnehin.

Vorher und nachher wird ‘abgestimmt’. Unter den Anwesenden, offenbar Schüler und Technikstudenten, ist schon zu Anfang ein größerer Anteil an Atombefürwortern als bei der Durchschnittsbevölkerung. Möglicherweise sogar die Hälfte, soweit ich aus der letzten Bank sehen kann. Bei der zweiten Abstimmung nach Ende erwarte ich mir einen noch größeren Überhang. Überraschenderweise verkündet die Zählerin eine marginale Verschiebung in Richtung Atomskepsis.

Ein kleiner Trost, aber: Was um Himmelswillen hat ausgerechnet das British Council hier zu suchen? Soll es in Österreich Akzeptanz für die neuen (britischen) Atompläne schaffen? Nach dem Krieg hatte das British Council unter anderem die löbliche Aufgabe, das Land ideologisch entnazifizieren zu helfen. Soll es Österreich jetzt entökologisieren?

GastautorIn: Univ.-Lektor Mag. Dr. Gernot Neuwirth für oekonews.
Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /