© UWD- Allianz für eine Energiewende bei der Pressekonferenz
© UWD- Allianz für eine Energiewende bei der Pressekonferenz

Allianz für Energiewende an Verbund: Schluss mit Atomstrom und fossilen Gaskraftwerken

Appell an die EigentümervertreterInnen: Sorgen Sie jetzt für einen "sauberen" Verbund! Investitionen der Zukunft müssen in Energiesparen und Erneuerbare fließen

© Wolfgang Schmalzhofer- G. Heilingbrunner/UWD, Christiane Brunner/Umweltsprecherin der Grünen und Frank Frey/Landessprecher der Kärntner Grünen)   im Hintergrund   Greenpeace-Protest
© Wolfgang Schmalzhofer- G. Heilingbrunner/UWD, Christiane Brunner/Umweltsprecherin der Grünen und Frank Frey/Landessprecher der Kärntner Grünen) im Hintergrund Greenpeace-Protest
© greenpeace- Protest vor der Verbund-Hauptversammlung
© greenpeace- Protest vor der Verbund-Hauptversammlung

Gemischte Gefühle für die Aktionäre, die am Donnerstagvormittag zur AktionärInnensversammlung des Verbund gekommen waren. Sie wurden vor dem Austria Center Vienna mit lautem Protest gegen die Energiepolitik der Verbundgesellschaft begrüßt. AktivistInnen von Greenpeace, von verschiedenen BürgerInneninitiativen sowie von den Grünen erwarteten die Aktionäre. Während Greenpeace wiederum den Atomstromanteil anprangerte, protestierten die Grünen gemeinsam mit Kärntner BürgerInneninitiativen gegen das geplante Gasdampfkraftwerk in Klagenfurt.

Nachdem die Kärntner Grünen vor wenigen Wochen mit einem Protestcamp gegen das Kraftwerk mobil gemacht haben, wurde die Kundgebung in Wien auch von der Grünen Bundespartei mitgetragen.

Für Frank Frey, Landessprecher der Grünen Kärnten, kann es nur eine Lösung geben: "Dieses Kraftwerk darf nicht gebaut werden. Es ist ein energiepolitischer Wahnsinn. Das GDK würde mehr Strom erzeugen, als ganz Kärnten benötigt. Wir machen uns abhängig von ausländischen Gaslieferanten und heimische Ressourcen liegen brach. Die Umweltsituation in Klagenfurt würde sich auf Grund der Beckenlage dramatisch verschlechtern. Folgeprojekte wie Gaspipelines, überdimensionierte Umspannwerke und Stromautobahnen zerstören
wichtige Natur- und Erholungsräume."

Anlässlich der heute stattfindenden Hauptversammlung der zu 51 % im Besitz der Republik Österreich befindlichen Verbundgesellschaft stellte sich auch eine breite Allianz aus betroffenen BürgerInnen, engagierten NaturschützerInnen, besorgten InvestorInnen und PolitikerInnen bei einer Pressekonferenz vor, um die Energiewende in Österreich einzufordern.

Kein Graustrom in Österreichs Netzen

"Der Verbund ist Österreichs größter Energieversorger und gleichzeitig der massivste Blockierer der heimischen Anti-Atompolitik. Österreichweit sind Energieversorger bereits aus den Geschäften mit Atomstrom ausgestiegen, doch der Verbund hält unverbesserlich an seinen Stromhandelsgeschäften mit Graustrom fest. Während der Staatskonzern in den Medien mit 100 % Strom aus Wasserkraft wirbt, vertreibt seine Dumpingstrom-Tochter Verbund Sales GmbH 79 % Graustrom und ist damit für mehr als zwei Tonnen radioaktive Abfälle für Strom in Österreich verantwortlich. Während der Verbund die Pumpspeicherkraftwerke als grüne Batterien in den Alpen anpreist, betreibt er selbige mit Strom unbekannter Herkunft und Österreich verbraucht damit 55 % des Stroms des Reaktorblocks 1 des AKW Mochovce für die Pumpspeicherung. Solche Geschäftspraktiken sind scheinheilig, täuschen die KonsumentInnen und hintertreiben den Europäischen Atomausstieg. Wir sehen hier klare Verfehlungen des Vorstandes. Nun sind die EigentümervertreterInnen gefordert, auf eine nachhaltige Ausrichtung zu achten und für einen ‚sauberen’ Verbund zu sorgen", meint Gerhard Heilingbrunner, Präsident des Umweltdachverbandes bei einer Pressekonferenz, die heute stattfand.

Stopp für Gaskraftwerk Klagenfurt

"Vor mehr als sechs Jahren hat die Verbund AG den Energiebetrieb der Klagenfurter Stadtwerke erworben. Statt des veralteten Fernheizkraftwerks auf Schwerölbasis soll nun als Alternative ein Gasdampfkraftwerk errichtet werden, das rd. 3200 GWh p.a. erzeugen kann. Doch das ist in Wahrheit keine Alternative, schon gar keine bessere. Ein Gasdampfkraftwerk zu betreiben, ist ein Rückschritt in die energetische Steinzeit und gefährdet Menschen und Umwelt. Die Bevölkerung wehrt sich jetzt", stellt Richard Wedam, Sprecher der BürgerInneninitiative "Stopp das Gaskraftwerk Klagenfurt" fest.

Im UVP-Verfahren der Landesregierung gaben die amtlich bestellten Sachverständigen für Luftreinhaltung und Meteorologie negative Gutachten ab, da aufgrund der Inversionswetterlage im Klagenfurter Becken gravierendste Bedenken in Bezug auf Belastungen der AnrainerInnen mit Stickoxyden und Sekundärfeinstaub bescheinigt wurden. "Das Verfahren ist jedoch ohne Einbindung der Betroffenen eingeleitet worden, bei der Verhandlung in 1. Instanz waren die VertreterInnen der BürgerInneninitiativen schwer benachteiligt. Die Bevölkerung wurde nur lückenhaft und zum Teil falsch informiert- der Widerstand blieb dennoch nicht aus. Aktuell ist das Verfahren beim Umweltsenat in zweiter Instanz anhängig. Aufgrund der neu eingetretenen Entwicklungen auf dem Strommarkt ist die Errichtung eines Gaskraftwerkes heute als eine hochriskante Investition zu betrachten. So musste die Verbund AG die Errichtungskosten des Schwesterwerkes Mellach/Stmk um rd. € 100 Mio. wertberichtigen. Die Folgen des Gasliefervertrages mit Russland auf Basis der Rohölpreise lassen Schlimmstes erwarten", meint Wedam.

Bau von Gaskraftwerken ist wirtschaftliches Risiko

Klaus Gabriel, Geschäftsführer des Corporate Responsibility Interface Center (CRIC) - der größten Plattform ethisch und nachhaltig orientierter Investoren im deutschsprachigen Raum - reiht sich ebenfalls in die Allianz der Befürworter einer Energiewende ein. Der Vertreter zahlreicher Investoren stellt nach den Problemen beim Bau und im Betrieb des Schwester-Kraftwerkes Mellach die Wirtschaftlichkeit der Gaskraftwerke entschieden in Frage und sieht - neben den ökologischen Risiken - für die Investoren damit ein beträchtliches wirtschaftliches Risiko. Er fordert den Vorstand auf, die Kalkulationen umfassend zu prüfen und diese riskanten Geschäftsfelder neu auszurichten. "Wir als ethisch und nachhaltig orientierte Investoren sehen bei der Verbund AG zunehmend auch ein Reputationsrisiko: In ein Unternehmen zu investieren, das sich zwar als ökologischer Vorreiter präsentiert, tatsächlich aber in einem nicht-nachhaltigen Geschäftsmodell verharrt, kann sich eine zunehmende Anzahl von Investoren ganz einfach nicht mehr leisten. Der damit für Investoren einhergehende Imageschaden - Stichwort: Greenwashing - ist vor allem auch ein finanzieller Schaden!" erklärt Gabriel.

Gaskraftwerke: schon heute ein Verlustgeschäft!

Aus dem bereits errichteten Gaskraftwerk Mellach drohen schon jetzt jährliche Verluste von € 50 Mio. Die Anlageninvestition Mellach wurde bereits um € 110 Mio. abgewertet. Laut aktuellem Geschäftsbericht hat der Verbund für Mellach Gaslieferverträge für 15 Jahre im Umfang von ca. € 2 Milliarden, bzw. 8,3 TWh pro Jahr, abgeschlossen, Brancheninsider sprechen von bis zu 20 % Abwertungsbedarf auf den Zeitwert. Das geplante Kraftwerk Ebenthal ist mit 400 MW kleiner als Mellach, hat eine Beschränkung der Betriebsstunden und könnte nur mit zusätzlichen Umweltauflagen betrieben werden - scheinbar ein Fass ohne Boden für den Konzern. Die angepeilten Baukosten von € 250 Mio. sind aktuell um 50 % auf € 370 Mio. explodiert.

Eine Energiewende - statt Gaskraftwerken und Atomstromimport

Am Podium bei der Pressekonferenz ist auch die Umweltsprecherin der Grünen, Christiane Brunner, die sich der Kritik anschließt: «Österreichs größter Energieversorger muss endlich die Grüne Energiewende aktiv mitgestalten, anstatt ihr im Weg zu stehen. Das bedeutet: weg von immer teurer werdenden Gas- und Ölimporten und hin zu regionaler Wertschöpfung mit dezentraler und ökologischer Energieversorgung. Der Verbund steht vor der Frage, ob er mit klimaschädlicher Energie die Stromleitungen verstopfen will, oder ob er die Zeichen der Zeit erkennt und auf erneuerbare Energie, wie Wind und Sonne setzt. Sollte das Gaskraftwerk wegen der Vorrangregelung für Ökostrom in den Netzen nicht voll ausgelastet werden, dann wird dieses Projekt zu einem Millionengrab".

Auch auf die zusätzliche Feinstaubbelastung durch das Gaskraftwerk weist Brunner hin: "Letztes Jahr hat Klagenfurt an 45 Tagen die Feinstaubhöchstwerte überschritten - erlaubt sind maximal 25. Das schadet nicht nur unserer Gesundheit, sondern wird auch enorme Kosten durch EU-Strafzahlungen zur Folge haben. Es trotzdem zu bauen, ist selbst aus dieser Sicht völliger Wahnsinn".

Anzeigen von Global 2000 gegen den Konzern

GLOBAL 2000 hat indessen weitere Anzeigen gegen den Konzern bei den zuständigen Stellen eingebracht, um auf den Bruch des Elektrizitätswirtschafts- und Organisationsgesetzes (ElWOG) hinzuweisen. Dieses regelt in § 78 (1) und (2) die Angaben, die ein Elektrizitätsunternehmen auf den an KundInnen gerichteten Rechnungen und Werbematerialien machen muss. "Das ElWOG schreibt Angabe, Kennzeichnung und Auswirkungen für KonsumentInnen vor – die VERBUND AG ignoriert das." meint Reinhard Uhrig, Energiesprecher von GLOBAL 2000.Gemäß § 99 des Gesetzes begehen Stromhändler eine Verwaltungsübertretung und sind mit bis zu 75.000 Euro zu bestrafen, wenn sie ihren Verpflichtungen gemäß § 78 Abs. 1 und 2 ElWOG nicht nachkommen.

‘Wir werden genau verfolgen, ob hier das zu 51 Prozent in Besitz der Republik stehende Unternehmen einen Freibrief zum Gesetzesbruch bekommt – oder ob Gesetze in Österreich auch für staatseigene Betriebe gelten’, sagt Uhrig. ‘Minister Mitterlehner und sein Kabinettschef als Eigentümervertreter im Aufsichtsrat sind gefragt, nicht nur diesen Missständen sondern auch dem Atomstromhandel durch die Verbund Sales GmbH endlich einen Riegel vorzuschieben.’

Greenpeace protestiert bei Verbund-Aktionärsversammlung

Auch die Umweltschutzorganisation Greenpeace bemängelt den anhaltenden Import von Atomstrom durch die Verbund AG. Aktivisten demonstrierten deshalb heute vor dem Wiener Austria Center, wo die Hauptversammlung der Verbund AG stattfand, Acht von neun heimischen Landes-Energieversorger verzichten bereits auf den Import von Atomstrom, meint Greenpeace. Der Verbund setzt jedoch ganz entgegen seiner Werbelinie nach wie vor auf den Profit mit Atomstrom. "Das Argument des Verbunds, ohnehin kaum Atomstrom nach Österreich zu importieren, ist angesichts des von der E-Control bescheinigten Atomstromanteils völlig unglaubwürdig", so Greenpeace-Energiesprecher Jurrien Westerhof. "Für ein Unternehmen, das jährlich Millionen Euro an Werbemittel dafür ausgibt, sich als Wasserkraftanbieter zu positionieren, sind 16 Prozent Atomstrom mehr als beschämend." erklärt Westerhof.

Obwohl die überwiegende Mehrheit der Menschen in Österreich Atomkraft ablehnt, importiert der Verbund über den Handel an den Börsen nach wie vor große Mengen Atomstrom. Der österreichischen Energiebehörde E-Control zufolge beliefert die Stromhandelstochter Verbund-Sales ihre Kunden mit einem Graustromanteil von 78,9 Prozent, womit der Atomstromanteil des Verbund bei insgesamt knapp 16 Prozent liegt. Dabei kritisiert die E-Control, dass der Energiekonzern den Atomstromanteil in unterschiedlichen Stromprodukten versteckt.

"Der hohe Atomstromanteil des Verbunds hängt damit zusammen, dass der Energieversorger eine große Menge Wasserkraftstrom höchst profitabel ins Ausland exportiert. Die Lücke, die so am heimischen Markt entsteht, wird durch Zukäufe an der Strombörse gefüllt. Der zugekaufte Börsenstrom beinhaltet jedoch 35 Prozent Atomstrom. Dieser so genannte Graustrom dient hauptsächlich zur Versorgung der Industriekunden, während die Haushaltskunden mit Wasserkraft beliefert werden. "Der Verbund will offensichtlich nicht auf das lukrative Auslandsgeschäft mit der Wasserkraft verzichten und wehrt sich daher auch so vehement gegen ein Importverbot von Atomstrom", kritisiert Westerhof.

Einer Umfrage zufolge, die im Juni 2011 von Greenpeace und GLOBAL 2000 in Auftrag gegeben wurde, sprechen sich ganze 80 Prozent der Bevölkerung entschieden gegen den Handel mit Atomstrom durch heimische Energieversorgungsunternehmen aus, 74 Prozent der Befragten befürworten ein Atomstrom-Importverbot. "Der Verbund muss endlich aus dem riskanten Geschäft mit Atomstrom aussteigen, andernfalls torpediert der Energieversorger den österreichischen Anti-Atomkonsens", fordert Westerhof.

Dem Argument von Verbund-Chef Anzengruber, dass Atomstromimporte nur zu unterbinden wären, indem man die Leitungen ins Ausland kappt, entgegnet Westerhof : "Acht von neun Landesenergieversorgern schaffen es, ihre Kunden atomstromfrei zu beliefern. Anstatt Nebelgranaten zu werfen, sollte Anzengruber mit seinen Kollegen aus der Energiewirtschaft reden und sich Tipps für eine atomstromfreie Zukunft abholen." Dass ein gesetzlich geregelter Stopp von Atomstrom-Importen EU-rechtlich möglich ist, wurde im Vorjahr mit zwei unabhängigen Gutachten belegt. Eine solche Regelung würde zwangsläufig zu einer geringeren Nachfrage nach Atomstrom führen, wodurch weniger Atomkraftwerke benötigt würden.

Am kommenden Montag, dem 16. April, wird es erneut einen Anti-Atomgipfel mit Beteiligung von Bundesregierung, Elektrizitätswirtschaft und Umweltorganisationen geben. Greenpeace fordert die österreichische Bundesregierung dazu auf, das beim ersten Gipfel am 1. Juli 2011 angekündigte Verbot für Graustrom umzusetzen, und ein Importverbot für Atomstrom zu beschließen.

In eine ähnliche Richtung wird auch bei der Pressekonferenz der Allianz für Energiewende plädiert: Sie fordern die politische Verantwortung der EigentümervertreterInnen - allen voran Wirtschaftsminister Mitterlehner -, endlich für einen sauberen Verbund zu sorgen, der eine Vorbildwirkung in Österreich und europaweit einnimmt. Nach vorne hin Wasserstrom und hinten Graustrom- das ist wohl der falsche Weg, ist man sich am Podium einig.

Die FürsprecherInnen der Energiewende fordern den Verbundvorstand daher auf, endlich Schluss mit den Atomgeschäften und dem Ausbau der fossilen Gaskraftwerke zu machen, auf nachhaltige Geschäftspraktiken umzusteigen und die Energiewende in Österreich nicht länger zu sabotieren.

GastautorIn: Anna Kucha für oekonews.
Artikel Online geschaltet von: / stevanov /