© oekonews/EUUmweltkommissar Janez Potocnik
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Rio 20+ - Was meint die EU?

Die Europäische Union will eine Vorreiterrolle übernehmen und nachhaltiges Wirtschaften vorantreiben

Nächste Woche findet der UN-Weltgipfel für nachhaltige Entwicklung, Rio +20 in Brasilien statt. zwanzig Jahre nach der ersten solchen Konferenz 1992 stellt sich nicht die Frage, ob etwas zu tun ist, sondern wie rasch es passiert.
Rio +20 sehen wir das optimistisch und sagen, es ist bereits viel passiert in den letzten Jahren, die Einstellungen haben sich verändert - es gibt unzählige umgesetzte Projekte. Oder sind wir pessimistisch und meinen, es geht doch alles viel zu langsam?
Was denkt man dazu in der EU? Bereits im Vorfeld lief eine rege Debatte, wie die Linie der EU in Rio aussehen kann. Erstmals haben sich alle 27 Staaten geeinigt, gemeinsam der notwendigen Veränderung eine Stimme zu geben. Es scheint, die EU will in Rio eine aktive Rolle übernehmen.

‘Wir haben einiges an Fortschritten gemacht seit 1992- aber es ist nicht genug. Noch immer hungern jeden Tag Millionen Menschen, noch immer beeinflussen wir unsere Umwelt durch horrenden Ressourcenverbrauch. Machen wir weiter wie bisher, so würden wir bis 2050 müssen den Gegenwert von mehr als zwei Planeten verbrauchen, und die Bestrebungen vieler für eine bessere Lebensqualität wird nicht erreicht werden.’ so der EU-Umweltkommissar Janez Potocnik.

Das Thema für Rio +20 ist die grüne Wirtschaft im Kontext der nachhaltigen Entwicklung und Armutsbekämpfung, und zweitens die institutionellen Rahmenbedingungen für eine nachhaltige Entwicklung

Lokales Handeln als Basis für Umsetzbarkeit nachhaltiger Entwicklung

Mercedes Bresso, Präsidentin des ‘Committee of the Regions’, ist überzeugt davon, dass die Zeit für die Veränderung reif ist. Sie spricht sich für globale verbindliche Ziele für nachhaltige Städte aus. ‘Wir brauchen eine ‘Roadmap to go green’, die vorgibt, wohin es zu gehen hat. 60% der Bevölkerung leben schon jetzt in Städten, die größten Probleme sind genau hier. Und es gibt erfolgreiche Rezepte, Best practice Beispiele von Städten in Europa, die man in andere Regionen, aber auch auf andere Kontinente übertragen kann. Wir sind in Europa bereits gestartet, es gibt eine intensive Zusammenarbeit. Die wichtigsten Partner sind die lokalen Regionen, sie sind näher am Bürger als die Regierungen der Länder.’ Bresso weiter: ‘Die lokale Agenda 21 ist nach Rio entwickelt worden, weil hier, gemeinsam mit den Bürgern und Bürgerinnen, die meisten umsetzbaren Ergebnisse erreicht werden können. Lokales Handeln ist die Basis für die Umsetzbarkeit von Zielen nachhaltiger Entwicklung!’

Staffan Nilsson, Präsident des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses (EWSA) ist überzeugt: ‘Rio muss verbindliche Ziele anpeilen, mit konkreten Umsetzungsplänen.
Unsere Wirtschaft muss JETZT auf nachhaltige Wege umgestellt werden, Regionen, Städte und die Zivilgesellschaft müssen mit eingebunden werden. Nachhaltige Wirtschaft zeigt bereits jetzt, dass es funktionieren kann. Die Politiker reagieren nicht, wenn die Zivilgesellschaft dies nicht unterstützt und fordert. Der Schlüssel liegt in konkreten Aktionen, bei klaren Regeln gegen verschmutzende Maßnahmen!’ Für ihn zählt auch die soziale Komponente, die unbedingt mit eingebunden werden muss. ‘Es ist die Zivilgesellschaft, die nun beide Möglichkeiten hat. Weiter wie bisher, oder zu einem nachhaltigerem Wirtschaftssystem.’
Gerben Jan Gerbrandy, niederländischer EU-Abgeordneter und stellvertretender Vorsitzender des Ausschusses für Umweltfragen, im Europäischen Parlament erzählt: ‘Das Parlament hat vor einigen Wochen beschlossen, nicht als offizielle Delegation nach Rio zu reisen, weil es in der jetzigen Lage schwierig ist, unseren Bürgern Hotelrechnungen von ein paar tausend Euro pro Person zu erklären.’ Es herrscht viel Pessimismus im Vorfeld der Konferenz. Sieht man sich die Schlagzeilen von 1992 an , so bemerkt man, diese sind heute ähnlich negativ. ‘Es gehört viel deutlicher gesagt, das Wirtschaftswachstum allein zu wenig ist- dieses muss nachhaltig sein! Aber: Wir fangen nicht bei Null an. Es hat sich viel verändert. Vor allem die afrikanischen Länder haben begonnen zu verstehen, dass eine Wachstumswirtschaft wie sie bisher herrschte, nicht funktionieren kann.’ so Gerbrandy.
Warum das so ist? 80% der Bevölkerung Afrikas hängen direkt von den natürlichen Ressourcen ab (Fischerei, Landwirtschaft usw.). In Europa sind das nur rund 15% .

Die USA spielt diesmal im Vorfeld eine negative Rolle- Präsident Obama will nicht teilnehmen und Green Economy ist kein großes Thema. Brasilien ist eher absent, sie wollen nicht von ihren bisherigen Plänen abrücken und ihre unendlichen Ressourcen einfach am Markt einsetzen.
‘Jeder spricht über das Rio-Schlussdokument, aber in der realen Politik scheint es mehr darüber zu gehen, wie die nächsten Wahlen laufen. Wir haben uns weiter zu bewegen, zu einer engeren Union, mit den Zielen Nachhaltigkeit, Grünes Wachstum, Grüne Wirtschaft. Es ist die Aufgabe kommender Wahlen, den Menschen dieses Bild greifbar zu machen!’ sagt Gerbrandy.

Der große Treiber der Wirtschaft ist der Profit, aber auch große Unternehmen sehen, dass die Ressourcen beschränkt sind. Coca Cola hat beispielsweise klar erkannt, dass die Wasserressourcen ein immens wichtigster Rohstoff für seine Produktion sind und unterstützt nun Projekte, die diese schützen. Führende Unternehmen sehen, der Clean Tech Sektor ist einer der wachsenden und zukunftsträchtigsten Märkte. Gleichzeitig erkennnen die Bürger die Priorität. Saubere Umwelt ist in diversen Umfragen immer auf den vorderen Rängen dessen, was die Bürger wollen.
Business us usal bringt uns nicht weiter, aber grüne Wirtschaft kann das schon.
‘Ein großes Umdenken ist notwendig!’

Umweltkommissar Janez Potocnik erklärt: ‘Ob es uns gefällt oder nicht, wir müssen unsere Ressourcen effizienter nutzen. Und je früher wir damit anfangen würden, desto besser für Europas Wettbewerbsfähigkeit und unsere Umwelt.’

Potocnik weiter: ‘Es gibt keine Garantie dafür, das auch andere unserem Beispiel folgen, aber ich werde mein Bestes tun, um konkrete Ergebnisse in Rio zu erreichen, die darauf abzielen, die Welt auf einen anderen Pfad zu bewegen - weg vom Massentourismus, Armut, Hunger, Arbeitslosigkeit, Umweltverschmutzung und einer Verschlechterung der Ökosysteme.’

Hoffnungsvolle Aussagen, denen hoffentlich bald Daten folgen, auch wenn es in Rio nicht zu eindeutigen Ergebnissen kommen sollte.


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /