© Jovis Verlag GmbH
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Jan Gehl - Leben zwischen Häusern

Veröffentlichung in deutscher Sprache erschienen

Das gleichnamige Buch des dänischen Architekten, der beispielsweise für die Umsetzung der Fußgängerzone in Kopenhagen verantwortlich war, enthält 200 Seiten sowie zahlreiche Abbildungen, und ist in der Jovis Verlag GmbH erschienen.

Bedürfnisse des Menschen

Bei seinen Planungen und Gestaltungen des öffentlichen Raums orientiert sich Gehl an den Bedürfnissen des Menschen und dessen Geschwindigkeit als Fußgänger. Das Buch fordert, endlich die Bedürfnisse der Personen zu berücksichtigen, die sich zwischen Gebäuden bewegen und den Raum zwischen den Häusern nutzen. Gehl wirbt auch um Verständnis für die subtilen Eigenschaften und Vorzüge, die in der gesamten Geschichte menschlichen Siedlungsbaus die öffentlichen Räume zwischen den Gebäuden bestimmten, dort wo die Menschen sich trafen und versammelten. Nach wie vor ist es vordringlich, so Gehl, die Lebendigkeit, ja buchstäblich die Bewohnbarkeit von Städten zum Ziel jedes städtebaulichen Projekts zu machen. Leben zwischen Häusern bietet die Gelegenheit, auf entspannte und wenig anstrengende Art und Weise mit anderen zusammen zu sein.

Lebendige Städte und Wohngebiete wurden leblos und öde

Die Industrialisierung, die Trennung der unterschiedlichen Stadtfunktionen und die ständige Abhängigkeit vom Auto haben einstmals lebendige Städte und Wohngebiete leblos und öde werden lassen. Durch das Auto lässt sich die aktive Teilnahme an spontanen örtlichen gesellschaftlichen Aktivitäten durch eine Fahrt zu ausgewählten Freunden und Attraktionen ersetzen. Es gibt damit Möglichkeiten, das zu kompensieren, was vor Ort verloren gegangen ist bzw. fehlt. Aber die öffentlichen Räume können die wichtigsten Elemente des Stadtplans sein, wenn alle Funktionen entlang der Straßen angeordnet sind. Beinahe alle alten Städte basieren auf solchen Strukturen, die nun in neuen Projekten europäischer Städte wieder an Bedeutung gewinnen.

Sowohl in Gegenden mit Einfamilienhäusern als auch in Vierteln mit Wohnblöcken tendieren Kinder eher dazu, auf der Straße, auf Parkplätzen und in der Nähe von Hauseingängen zu spielen als auf den dafür vorgesehen Spielplätzen, wo es weder Verkehr noch Menschen zu beobachten gibt.

Konzentrierte Straßennetze

Nicht der Mangel an Fußgängerverkehr und Anrainern ist verantwortlich für das Fehlen von intim wirkenden und besser genutzten öffentlichen Plätzen, sondern eher die Entscheidung für weitverzweigte Verkehrsstraßen und Fußgängerwege anstelle eines konzentrierten Straßennetzes. Große Bauprojekte brauchen eine differenzierte Struktur, die Haupt- und Nebenstraßen sowie Haupt- und Nebenplätze vorsieht, ähnlich wie in alten Städten. Venedig und andere Städte mit sehr engen Straßen sollten nicht unbedingt als direkte Vorbilder für neue Straßen dienen, aber sie belegen doch, dass viele Räume unserer modernen Städte absolut überdimensioniert sind.

Das Stadtleben wird drastisch eingeschränkt, wenn statt kleiner aktiver nur lange Gebäudeeinheiten vorhanden sind. Vielerorts kann man sehen, dass man Leben auf den Straßen stark zurückgegangen ist, sobald Tankstellen, Autohäuser und Parkplätze große Löcher und Leerräume in die Stadtstruktur gerissen haben oder passive Elemente wie Büros und Banken hinzugekommen sind. Das Hauptverkehrsprinzip von Venedig ist der Umstieg von schnellen zu langsamem Verkehr am Stadtrand und nicht erst an der Haustüre, wie das mittlerweile fast überall,wo es Autos gibt, üblich ist.

Leben in den Straßen

So wie es möglich ist, durch Farb- und Materialauswahl in einer Stadt ein gewisses Spektrum zu erreichen, können Planungsentscheidungen auf den Ablauf von Aktivitäten einwirken, bessere oder schlechtere Bedingungen für Aktivitäten im Freien schaffen und damit lebendige oder tote Städte kreieren. Die Bedeutung der Qualitätssicherung für die täglichen und sozialen Aktivitäten in Städten kann da beobachtet werden, wo Fußgänger oder verkehrsberuhigte Zonen in bestehenden urbanen Gebieten eingeführt wurden. In vielen Fällen bedeuteten die verbesserten räumlichen Bedingungen einen enormen Anstieg der Fußgängerzahl, eine Verlängerung der durchschnittlichen im Freien verbrachten Zeit sowie ein breiteres Spektrum an Aktivitäten.

Wenn der ganze Verkehr langsam fließt, kommt einzig aus diesem Grund Leben in die Straßen, im Gegensatz zu Verkehrsstädten, in denen die Geschwindigkeit automatisch das Aktivitätsniveau reduziert. Ob sich jemand zu Fuß oder im Auto bewegt und ob Autos,
wenn sie benutzt werden, fünf, 100 oder 200 m,..., von der Haustür entfernt geparkt werden, wirkt sich wesentlich auf die Aktivitäten und die Gelegenheit aus Nachbarn zu begegnen. Je weiter ein Auto von der Haustür entfernt geparkt ist, umso mehr passiert in der entsprechenden Gegend, weil langsamer Verkehr lebendige Städte bedeutet. Die Autos am Rand von Wohngebieten abzustellen und den weg durch die Nachbarschaft zu Fuß nach Hause zu gehen, ist in den letzten Jahren in neuen Wohngebieten immer gängiger geworden.

In weiteren Kapiteln erläutert Gehl, wie öffentliche Räume im Sinne der Fußgänger gestaltet sein müssen, damit diese zum Gehen, zum Stehen, zum Sitzen, zum Sehen, Hören und Sprechen einladen.

Die Publikation ist in jeder Hinsicht einen Kauf Wert.


Jahn Gehl – Leben zwischen Häusern
Jovis Verlag GmbH
ISBN 978-3-86859-146-0
EUR 28,00,-


Artikel Online geschaltet von: / wabel /