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Ökostrom-Einspeisetarife: Ein wenig knapp!

Die Erneuerbaren Energie-Verbände sehen die neuen Einspeisetarife mit gemischten Gefühlen- Mehr wäre möglich!

Neue Tarife lösen Investitionen in der Höhe von 350 Mio. Euro aus und ermöglichen weiteren Ökostromausbau. Kritik kommt aber zur verordneten Tarifdegression ab 2013, die willkürlich und sachlich nicht gerechtfertigt ist. Damit fasst Josef Plank, Präsident des Dachverbandes "Erneuerbare Energie Österreich" (EEÖ), die Branchenmeinung zusammen.

Nach langen Verhandlungen begrüßt Erneuerbare Energie Österreich nun die neue Ökostrom-Verordnung. Präsident Plank geht davon aus, dass damit viele neue Ökostrom-Anlagen gebaut werden können. Das jährlich zusätzliche angebotene Förderkontingent von 50 Millionen Euro (ab 2013 um 1 Million weniger) wird damit abgeholt werden können und ein Investitionsvolumen von ca. 350 Millionen Euro ausgelöst.

"Mit Hilfe des neuen Ökostromgesetzes soll der heimische Ökostrom-Anteil von derzeit knapp 65 auf zumindest 85% bis 2020 gehoben werden. Mit den neuen Tarifen unterstreicht Bundesminister Mitterlehner sein Vorhaben, dieses Ziel auch erreichen zu wollen", so Plank.

Dennoch hätte, so Plank, die neue Tarifverordnung noch ambitionierter ausfallen können. Er übt dabei vor allem Kritik an der Tarifstruktur und an den Tarifmodellen etwa bei Kleinwasserkraft, der Photovoltaik oder bei Biogas. Damit wird der wirtschaftliche Spielraum für Neuanlagen zunehmend enger.

Fix verordnete Tarifdegression kritisiert.

Volatile Rohstoff- und Produktionskosten erschweren schon seit einiger Zeit den Ökostromausbau. Diese Situation könnte sich weiter zuspitzen, denn die neuen Tarife sind mit derzeitigen Kosten scharf kalkuliert. Daher stößt für den EEÖ der bereits jetzt in der Tarifverordnung festgesetzte Tarifabschlag ab dem Jahr 2013 auf Unverständnis. "Ohne Berücksichtigung von Kostenentwicklungen sind nun bis Ende 2013 Tarifabschläge verordnet. Diese Vorgangsweise lässt sich aus dem Ökostrom-Gesetz aber nicht ableiten", analysiert Präsident Plank. Tatsächlich sind laut Gesetz Tarifabschläge gegenüber den Vorjahreswerten erst "nach Maßgabe der Kostenentwicklung der jeweiligen Technologien" vorzusehen. Wenn es daher die Kostenentwicklung nicht rechtfertigt, dann lässt sich daraus auch kein zwingender Tarifabschlag für die Folgeperioden einer Verordnung erkennen. Darüber hinaus weichen die aktuell verordneten Tarifabschläge stark von den genauen Vorgaben des Ökostromgesetzes ab. Im Fall einer automatischen Degression sieht das Gesetz einen Tarifabschlag je nach Technologie zwischen 1 und 8% vor. Die momentane Degression zwischen 0,5 und 10% gegenüber der 2. Jahreshälfte 2012 weicht stark von diesen Vorgaben ab. "Auf Grundlage von Expertengutachten hat die Ökostrom-Branche angemessene Tarife vorgeschlagen. Die fachlichen Gutachten wurden von den drei Ministerien aber weitestgehend außer Acht gelassen und stattdessen die Tarifhöhen anscheinend willkürlich festgelegt", kritisiert Plank.

Verkomplizierung des Photovoltaik-Tarifmodells.

Ein weiterer Kritikpunkt fällt auf das wenig nachvollziehbare neue Tarifmodell für Strom aus Photovoltaik. Das Modell beinhaltet gegenüber dem alten neben dem Einspeisetarif von knapp unter 20 Cent/kWhp einen zusätzlichen Investitionszuschuss von 200 Euro pro installierter Kilowatt-Leistung. Investitionszuschüsse wären sinnvoll, wenn dieser Strom vordergründig im Eigenheim verbraucht wird. Die Österreichische Ökostromabwicklungsstelle ÖMAG rechnet damit, dass mit Einbeziehung des Investitionszuschusses und Umrechnung auf die produzierte Kilowattstunde ein Einspeisetarif von 22 cent erreicht wird. "Der Unterschied von knapp über 2 Cent wird die Produzenten kaum dazu animieren, ihren Strom zu Hause zu verbrauchen. Daher stellt dieses Tarifmodell eher eine Verkomplizierung dar und schafft unnötigen Bürokratismus. Man wird abwarten müssen, inwieweit das Modell angenommen wird", schildert Plank.

Wind: IG Windkraft begrüßt die geschaffene Planungs- und Investitionssicherheit im Ökostromausbau

Die IG Windkraft begrüßt die Schaffung von Planungs- und Investitionssicherheit für den zukünftigen Windkraftausbau in Österreich.

Wind-Einspeisetarife ermöglichen den Ausbau auf den Beststandorten

Der heute bekanntgewordene Einspeisetarif für die kommenden Windkraftprojekte in der Höhe von 9,5 Cent/kWh Windstrom für das Jahr 2012 und 9,45 Cent/kWh für das Jahr 2013 ermöglicht den Ausbau der Windenergie in Österreich an den besten Standorten. Für Standorte mit geringeren Windverhältnissen oder erhöhten Ausbaukosten, z.B. wegen längerer Zuwegung und Ableitung des Stroms wird es durch die Absenkung der Tarife 2013 schwierig. "Gerade für Standorte in Oberösterreich und der Steiermark hätten wir uns daher eine geringere Absenkung der Einspeisetarife für das nächste Jahr gewünscht", erklärt Mag. Stefan Moidl, Geschäftsführer die IG Windkraft. "Positiv sehe ich die Bemühungen von Wirtschaftsminister Mitterlehner und seinen Beamten, die sich dafür eingesetzt haben, dass mit den Einspeisetarifen zumindest die Beststandorte ausgebaut werden können", unterstreicht Mag. Stefan Moidl.

Am 7. Juli 2011 wurde im Nationalrat das Ökostromgesetz 2012 beschlossen, durch welches eine neue Ausbauphase eingeleitet wurde. Im Herbst letzten Jahres konnte die Warteschlange der Windkraftprojekte abgebaut werden. Dadurch erhielten Projekte im Umfang von 472 MW Leistung sofort die Förderzusage. Anfang Februar diesen Jahres genehmigte die EU-Kommission das Ökostromgesetz 2012 aus beihilferechtlicher Sicht. Dadurch wurde der Weg für das Inkrafttreten am 1. Juli 2012 frei. Im Jahr 2012 werden Windkraftanlagen mit mehr als 300 MW Leistung fertig errichtet - das entspricht einer Leistungssteigerung um fast ein Drittel des Bestandes.

2.000 MW Zubau bis zum Jahr 2020

Im Ökostromgesetz ist als Zielsetzung ein Zubau von Windkraftanlagen mit einer Leistung von 2.000 MW verankert. Bis 2020 werden somit mehr als 3.000 MW Windkraftleistung sauberen und umweltfreundlichen Windstrom erzeugen. Mehr als 50% aller Haushalte in Österreich werden dann mit Windstrom versorgt. Der Ausbau wird 4,7 Mrd. Euro an heimischer Wertschöpfung auslösen und mehr als 4 Mio. t CO2 pro Jahr einsparen.

Biomasse: 1,5 MWel mit Investitionssumme von 9 Mio. Euro heuer noch umsetzbar

Nach zähen Verhandlungen konnte ein Kompromiss ausgehandelt werden, der eine Erhöhung der Einspeisetarife für feste Biomasse, insbesondere im kleinen Leistungsbereich bringt. Der Österreichische Biomasse-Verband begrüßt dieses Verhandlungsergebnis, weil es innovativen, heimischen Technologieherstellern die Möglichkeit bietet, ihre neuen Produkte am Markt zu platzieren. Einen "Ausbau-Boom" bei KWK-Anlagen erwartet der Verband aber nicht. Dazu sind die Tarife nach wie vor zu knapp bemessen. Um Anlagen wirtschaftlich betreiben zu können, sind Standorte mit optimaler Wärmenutzung nötig. Mit dem vorhandenen Restkontingent könnte heuer eine Leistung von 1,5 MWel neu realisiert werden, was Investitionen von 9 Millionen Euro nach sich ziehen würde. Positiv ist, dass die Nachfolgetarife für Anlagen, deren Tariflaufzeit abgelaufen ist, ebenfalls erhöht wurden. Eine "Inflations"-Anpassung der Tarife für bestehende Anlagen war leider nicht umsetzbar. Die eingeführte fixe jährliche Degression bei den Tarifen wird den Ausbau der Bioenergie stark bremsen, denn es ist aus heutiger Sicht nicht davon auszugehen, dass die Rohstoff- und Betriebskosten für die KWK-Werke sinken werden.

Hintergrundinformation

Die Ökostromerzeugung auf Basis fester Biomasse leistet einen wichtigen Beitrag zum österreichischen Strommix. Mit einem Anteil von 3,4% an der Gesamtabgabemenge ist feste Biomasse die wichtigste aller geförderten Ökostromtechnologien, knapp vor der Windkraft. Mit 31.12.2011 hatten 121 Anlagen mit einer Engpassleistung von 325,4 MW ein aufrechtes Vertragsverhältnis mit der Ökostromabwicklungsstelle OeMAG. Im Jahr 2011 wurden von diesen Anlagen 1.969 GWh Ökostrom eingespeist. Die durchschnittliche Volllaststundenzahl von über 6.050 Stunden zeigt, dass die Ökostromerzeugung auf Basis fester Biomasse einen stabilen und vor allem planbaren Beitrag zur Deckung des heimischen Strombedarfs leistet. Bis 2020 könnte die Anlagenkapazität bei KWK-Anlagen auf Basis fester Biomasse um rund 100 MW elektrische Leistung erweitert werden, sofern es gelingt, die Biomassepotenziale aus dem Wald, der Landwirtschaft und der Abfallwirtschaft zu mobilisieren.

Photovoltaik: hart an der Grenze

Die Verabschiedung der Ökostromtarife wird vom Bundesverband Photovoltaic Austria (PVA) grundsätzlich positiv bewertet. Auch wenn die Festlegung der Tarife für 2013, eine Kürzung von bis zu 34 Prozent gegenüber den Tarifen des ersten Halbjahres 2012 bedeutet.

Hans Kronberger, Präsident des Bundesverbandes: "Die Tarife für Photovoltaikstrom sind durch die Absenkung hart an der Grenze der Wirtschaftlichkeit. Grundsätzlich muss davon ausgegangen werden, dass die Österreicher in erster Linie aus Gründen der Versorgungssicherheit und des ökologischen Grundgedankens in Photovoltaikanlagen investieren."

Der PVA teilt die Meinung des Wirtschaftsministers, dass das neue Ökostromgesetz, in Kombination mit der Verordnung, ein richtiger Schritt zur dezentralen Strombereitstellung ist. Dabei besteht aber Handlungsbedarf für einen fairen und nicht diskriminierenden Netzzugang für private Stromproduzenten. Hans Kronberger: "Ein Neuaufbau des zukünftigen Stromversorgungssystems und die Einbindung möglichst vieler BürgerInnen ist eine der größten Herausforderungen des Jahrhunderts. An vorderster Stelle müssen Versorgungsicherheit und Preisstabilität stehen." Neben den ökologischen Aspekten sind die Unabhängigkeit von unsicheren Lieferländern und der steigende Devisenabfluss zur Energiebereitstellung in die Gesamtbetrachtung mit einzubeziehen.

Kleinwasserkraft: Teilerfolge

Christoph Wagner, Präsident von Kleinwasserkraft Österreich, sagt: "Im Zuge der letzten Ökostromgesetznovelle konnten wir Minister Mitterlehner überzeugen, dass volatile Marktpreise als Abnahmepreise für Kleinwasserkraftanlagen oftmals nicht die Sicherheit bieten, wie das langfristig fixierte Einspeisetarife tun. Gerade kleine Anlagenbetreiber sind davon in besonderem Maße betroffen. Um dieser Problematik entgegenzuwirken, wurde in der letzten Ökostromgesetznovelle eine Wahlmöglichkeit eingeführt. Anlagen bis zu einer Leistungsgrenze von 2 MW können zwischen einer Unterstützung durch ein Tarifmodell oder der Unterstützung durch eine Investitionsförderung wählen. Wir sind überzeugt, dass damit das verfügbare Kleinwasserkraftpotential in Österreich noch optimaler genutzt werden kann."

Doch gerade wegen dieser Systemumstellung war das Warten auf die Tarifverordnung besonders unangenehm: "Während bei den anderen Technologien ein verordneter Preis für 2012 bestand, sind wir in den Zwischenmonaten in der Luft gehangen. Umso wichtiger, dass es nun endlich zu einer Einigung gekommen ist", meint Wagner.

Bezüglich der Tarifhöhen spricht Wagner von einem lachenden und einem weinenden Auge: "Klar wars, dass es im Vergleich zu den letztgültigen Tarifen für die Kleinwasserkraft eine deutliche Anhebung brauchte. Da lagen wir bereits weit entfernt von den aktuellen Gestehungskosten und auch im internationalen Vergleich waren wir weit abgeschlagen. Ich meine, dass wir bei der aktuellen Verordnung mit dem deutlichen Anheben für den kleinen Leistungsbereich einen guten Wert vorgelegt bekommen, mit dem es für Kleinstanlagen einen guten Anreiz für Investitionen gibt, ohne zu überfördern", leider stellt sich das bei größeren Anlagen anders dar: "Mit der Abstufung der Tarife zu den größeren Anlagen hin sind wir aber nicht zufrieden. Wir stehen zu einem Stufenmodell, weil es sicher das gerechteste Fördermodell ist. Aber leider nimmt die Abstufung der Tarife hin zu den größeren Anlagen einen sehr steilen Verlauf. Somit werden sie für diese Anlagen rasch unattraktiv."

Deutliche Kritik gibt es an der Degression der Tarife für 2013. Seitens des Ministeriums wurde das mit dem Wortlaut des Gesetzes begründet, wonach bei mehrjährigen Tarifverordnungen diese Absenkung vorzunehmen ist. Kleinwasserkraft Österreich hat versucht dieses Argument durch ein Rechtsgutachten zu entkräften: "Das Gesetz sieht vor, dass diese Absenkung nach Maßgabe der Kostenentwicklung zu erfolgen hat. Im Falle der Kleinwasserkraft ist diese nun einmal leider nicht rückläufig. Daher sind wir der Rechtsauffassung, dass eine Reduktion der Tarife laut Gesetz nicht erforderlich und nicht einmal zulässig ist.", erläutert Wagner und resümiert: "Die Notwendigkeit einer deutlichen Tarifanpassung für kleinere Anlagen wurde vom Wirtschaftsminister erkannt und in der Tarifverordnung umgesetzt. Einen Nachbesserungsbedarf sehen wir beim Verlauf der Tarifabsenkung hin zu den größeren Anlagen, da hier von uns gut aufbereitete Erfahrungswerte nicht eingeflossen sind. Was die Gestehungskosten und die Entwicklung dieser angeht, haben wir als Branchenvertreter wohl noch einen erhöhten Informationsauftrag."


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /