© oekostrom AG
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Regenerative Energieträger zur Sicherung der Grundlast in der Stromversorgung

Bericht des Büros für Technikfolgenabschätzung beim Deutschen Bundestag erschienen

Bedarf an konventionellen Grundlastkraftwerken geht zurück

Die Differenzierung in Lastbereiche (Grund-, Mittel- und Spitzenlast) wird mit wachsender Durchdringung des Systems mit fluktuierender Einspeisung aus Erneuerbaren zunehmend obsolet. Ebenso wird die Zuordnung bestimmter Kraftwerkstypen zu einzelnen Lastbereichen in Zukunft mehr und mehr verschwimmen. Die Einsatzmöglichkeiten für Kraftwerke, die für sehr hohe Volllaststunden ausgelegt sind, gehen zurück. Im untersuchten Szenario sinkt der Bedarf an Grundlastkraftwerken von heute ca. 29 GW (installierte Leistung von Braunkohle- und Kernkraftwerken) bis 2030 auf nur noch 6 GW. Einerseits ist der Neubau von Kraftwerken, die (technisch bzw. ökonomisch) auf den Grundbetrieb ausgerichtet sind, kritisch zu sehen. Aufgrund der langen Investitionszyklen und technischen Lebensdauer von 40 Jahren und mehr wäre – je nach Ausgestaltung der Rahmenbedingungen – entweder die Festlegung auf einen klima- und energiepolitisch ineffizienten Technologiepfad zu befürchten (sogenannter Lock-in-Effekt) oder aber, dass diese Investitionen sich als langfristig unrentabel herausstellen würden (»stranded investments«). Auch bei den Planungen für neue Steinkohlekraftwerke sollte hinterfragt werden, ob diese bei einem hohen Anteil erneuerbarer Energien langfristig rentabel betrieben werden können und volkswirtschaftlich sinnvoll sind.

Auch durch die stärkere Orientierung der Stromproduktion aus Erneuerbaren an der Nachfrage kann die Flexibilität der Erzeugung gesteigert werden. Biomassekraftwerke, aber auch Wasserkraftwerke und Geothermieanlagen sind aus technischer Sicht hierzu gut geeignet.

Lastmanagement/Flexibilisierung der Nachfrage

Durch Flexibilisierung der Nachfrage kann die Abweichung zwischen Stromproduktion aus erneuerbarer Erzeugung und Stromverbrauch verringert werden. Vor allem bei industriellen und großen gewerblichen Verbrauchern (z.B. Chloralkalielektrolyse, Aluminiumproduktion, große Kühlhäuser) existieren gesamtwirtschaftlich attraktive Potenziale, bei denen die Kosten für die Einsparung von Strom zu Hochlastzeiten (bzw. von Regelenergie) geringer sind als die für die zusätzliche Stromproduktion. Hierfür müssen geeignete Rahmenbedingungen geschaffen werden. Dazu gehören z.B. die stärkere Öffnung der Regelmärkte, aber auch die verstärkte Einführung von Stromtarifen, bei denen der Strompreis mit dem Börsenpreis schwankt.

Die Lastmanagementpotenziale im Haushaltssektor (und in großen Teilen des Sektors »Gewerbe, Handel, Dienstleistungen«), beispielsweise durch intelligent zu- bzw. abschaltbare Haushaltsgeräte oder Lademanagement von Elektrofahrzeugen, müssen dagegen vor einer definitiven Bewertung noch genauer untersucht werden. Zu klären ist hier insbesondere, inwieweit die Einsparpotenziale Investitionen in Smart-Grid-Infrastrukturen rechtfertigen können.

Speicher - Pumpspeicher unter Druck

Derzeit sind Pumpspeicher die meistgenutzte Art der Energiespeicherung auf Systemebene. Pumpspeicher stellten im liberalisierten Strommarkt bis vor Kurzem ein rentables Geschäftsmodell dar. Wenn allerdings der jüngste Trend anhält, dass der Preisunterschied zwischen Schwachlast- und Spitzenlaststrom schrumpft, steht dieses Geschäftsmodell mehr und mehr unter Druck. Derzeit ist eine verlässliche Quantifizierung des ökonomisch und technisch sinnvollen langfristigen Speicherbedarfs nicht möglich. Daher ist anzuraten, die diesbezügliche Wissensbasis zu verbreitern und vor einem Eingriff – beispielsweise durch großangelegte Förderprogramme zum Speicherbau – im Detail zu untersuchen, ob und welche Art von politischer Unterstützung über die Forschungsförderung hinaus angezeigt ist.

Netzengpässe und Netzausbau

Sowohl zur Integration des dynamisch ansteigenden Anteils erneuerbarer Energien in der Stromversorgung, als auch zur weiteren europäischen Vernetzung der Stromsysteme mit dem Ziel, den einheitlichen europäischen Binnenmarkt auch im Strombereich zu verwirklichen, ist ein Ausbau der Netze unerlässlich. Allerdings wird der konkrete Umfang des Netzausbaubedarfs teilweise kontrovers diskutiert.

Wegen ihrer besonderen Bedeutung für den Umbau der Stromversorgung sollten innovative Technologien für Netzinfrastruktur und -betrieb (z. B. Anschlusskonzepte und Übertragungstechnologien mit Hochspannungsgleichstrom [HGÜ], flexible Wechselspannungssysteme [FACTS], supraleitende Komponenten etc.) weiterhin prioritäre Bereiche der Forschungsförderung bleiben.

Intelligentere Verteilnetze (Stichwort wort »Smart Grids«) können zur Reduzierung des Ausbaubedarfs auf Transport- und Verteilnetzebene beitragen. Zum Management von kurz- bis mittelfristigen Netzengpässen sind Maßnahmen zur Optimierung des Netzbetriebs u. U. besser geeignet als der Netzausbau, da sie wesentlich schneller umgesetzt werden können. Hierfür kommt beispielsweise das Temperaturmonitoring von Leiterseilen in Betracht.

Auf der Ebene der Marktorganisation könnten sich möglicherweise sogenannte »nodale Preise« zur Entlastung von Netzengpässen eignen. Bei diesem Ansatz wird der Strompreis in Abhängigkeit von Netzengpässen für jeden Netzknoten individuell bestimmt. Auf diese Weise können Netzbenutzungskosten verursachergerecht gestaltet und ein Anreiz zur Stromproduktion an nichtüberlasteten Netzknotenpunkten gesetzt werden. Ein solches Preissystem kann auch zur Verbesserung der Investitionsanreize zum Netzausbau ausgestaltet werden. Wie weit die Vorzüge dieses Konzepts in der Praxis unter realen Marktbedingungen (z. B. bei lokaler Marktmacht von bestimmten Akteuren) ausgeschöpft werden können, ist zurzeit noch unklar.


Quelle: http://www.tab-beim-bundestag.de/de/untersuchungen/u140.html#z2 sowie Auszug aus http://www.tab-beim-bundestag.de/de/pdf/publikationen/berichte/TAB-Arbeitsbericht-ab147.pdf


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