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Hermann Knoflacher über den Verkehr und die nachhaltige Stadt

Eine nachhaltige Stadt soll eine Stadt für Menschen und nicht für Maschinen sein. Plus: neue oekonews-Serie: Statements zum Parkpickerl

© Radagentur Wien/Peter Provaznik
© Radagentur Wien/Peter Provaznik

‘Die Städte von heute sind Maschinenhallen, in denen die Menschen als Zweibeiner in Inseln, wie in Käfigen gehalten werden, die von außen durch die Vierbeiner, die Automobilisten kontrolliert werden und in diesen Käfigen dürfen die Menschen, wie es den Autofahrern beliebt, durch Abgase vergiftet und durch Lärm terrorisiert werden, und das Ganze in einem Rechtsstaat. Es geht bei Verkehrsberuhigungsmaßnahmen nicht um 10.000 Jahre zurück in die Steinzeit, wenn wir Städte mit Zukunft bauen wollen, sondern um 6 Millionen Jahre nach vorne. Während der Mensch ein aufrecht gehendes Wesen auf zwei Beinen ist, mit freien Armen, und in dieser Position die gesamte Kultur, das Sozialsystem und die Zivilisation entwickelt hat, hat er sich mit der Entwicklung zum Autofahrer wieder zum Vierbeiner degradiert, der sich mit allen vier Extremitäten bewegt und damit genau in jene Position gelangt, die er vor 6 Millionen Jahren verließ – nämlich den Sitz im Geäst von Bäumen.
Der Unterschied besteht nur darin, dass heute der Autofahrer einen Lenkast, einen Schaltast, einen Kupplungs-, Gas- und Bremsast hat und der gesamte Baum sich bewegt. So dürfen wahrscheinlich die Vorfahren vor 6 Millionen Jahren emotionslos auf die Tötung von Artgenossen reagiert haben, wie Autofahrer heute auf die Verkehrstoten. Zu Beginn des letzten Jahrhunderts wurde in Europa der öffentliche Raum, und damit die Stadt, dem Autoverkehr geopfert. Noch 1905 musste selbst in London noch jedem Autofahrer ein Fußgeher vorausgehen, weil man sich damals noch des Attraktors öffentlicher Raum in der Stadt bewusst war und man bereit war, diesen Attraktor zu schützen. Die Verhältnisse haben sich sehr schnell geändert, wir stecken heute in den ersten Ansätzen zum Zurückgewinnen dieses Attraktors, wenn wir beginnen, Kreuzungsplateaus aufzupflastern, um zumindest den größten Irrtum des Verkehrswesens, die Geschwindigkeiten technischer Systeme, wieder aus den Städten zu vertreiben.’

Dieser Artikel erschien im Magazin EIGENHEIM - oekonews-Abdruck mit freundlicher Genehemigung von Prof. Knoflacher und dem Verlag für Nachhaltigkeit GmbH - www.lifechange.at

Neue oekonews-Serie: Statements von Verkehrs-ExpertInnen zum Parkpickerl

Prof. Hermann Knoflacher wurde von oekonews auch zur Parkpickerl-Erweiterung befragt:
oekonews: Hr. Prof. Knoflacher, was bringt in Wien die Parkpickerl-Erweiterung:
Knoflacher:
* Mehr Sicherheit für die Pendler
* gesündere und erholsamere Mobilität
* Wiedergewinnung der Nähe in Wien und NÖ
* ein kleiner Schritt zu faireren Behandlung der Verkehrsteilnehmer



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Weitere Infos zur Parkpickerl-Erweiterung in Wien: Das Wiener Parkpickerl – die größte Umwelt-Erfolgsgeschichte des letzten Jahrzehnts

Artikel Online geschaltet von: / Lukas Pawek /