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Hamburg will nachhaltigere Beschaffung

Die Verwaltung der Hansestadt soll bis 2020 komplett auf nachhaltige Produkte umstellen, fordern die Hamburger Grünen. Die regierende SPD sieht die Stadt bereits auf einem guten Weg.

Vorbilder in Deutschland gibt es genug. Viele Städte versuchen, ausschließlich fair und umweltschonend einzukaufen.

Es ist ein kleiner Schritt auf dem Weg zu mehr Nachhaltigkeit: Demnächst will Hamburg als zweites Bundesland nach Bremen in allen städtischen Betrieben einen Mindestlohn von 8,50 Euro einführen. Wer einen Auftrag der öffentlichen Hand will, muss ebenfalls einen entsprechenden Tarif sicherstellen. Vor allem Angestellte von Sicherheitsdiensten profitieren davon, insgesamt zunächst 300 Beschäftigte. Eigentlich hätte das Gesetz bereits im Januar in Kraft treten soll, nun wird es die Bürgerschaft wahrscheinlich im Februar oder März beschließen.

Das zugehörige Mindestlohngesetz regelt aber noch mehr: Sämtliche öffentliche Beschaffungen, vom Druckerpapier bis zur Fahrzeugflotte, sollen künftig auch nach Kriterien wie Energieeffizienz und Umweltschutz vergeben werden. Bei den Kosten soll der gesamte Lebenszyklus bis zur Entsorgung betrachtet werden. Es geht dabei um die Vergabesumme von rund 600 Millionen Euro im Jahr. ‘Bisher galt immer, Hauptsache billig. Das ist vorbei’, sagt Monika Schaal, Sprecherin für Umwelt und Energie der SPD in der Bürgerschaft.

Den Hamburger Grünen geht das aber nicht weit genug. Sie fordern eine konkrete Zielvorgabe – bis 2020 soll die Stadt komplett auf nachhaltige Beschaffung umgestellt haben. Einfach ist das nicht, weshalb die Grünen zunächst mehr Transparenz fordern. Künftig solle der Deutsche Nachhaltigkeitskodex für die Verwaltung und alle städtischen Betriebe gelten. ‘Ein erstes Zwischenziel muss es sein, die gesamte Hamburger Verwaltung und die öffentlichen Unternehmen einem Nachhaltigkeitscontrolling zu unterziehen’, schreiben die Grünen in einem Antrag. Der wird momentan im Haushaltsausschuss beraten – die allein regierende SPD hat ihre Position noch nicht festgelegt.

Faire Bälle in Schulen

Die Grünen wollen zudem die Kompetenz der Wirtschaft nutzen – Unternehmen wie Tchibo oder Unilever, die in der Stadt ansässig sind, haben sich Nachhaltigkeitsziele bis 2020 gesetzt. ‘Die Wirtschaft vor Ort macht vor, wie nachhaltige Beschaffung geht - und ausgerechnet die Stadt Hamburg hinkt hinterher. Wir wollen die Wirtschaft, die über die Kompetenz verfügt, mit der Verwaltung, die sie aufbauen will, zusammenbringen’, sagt Anjes Tjarks, wirtschaftspolitischer Sprecher der Grünen. Er fordert einen Runden Tisch zu dem Thema.

Hamburg ist mit seinen Bemühungen um ein nachhaltiges Beschaffungswesen nicht allein. Zahlreiche Städte wie Konstanz, Ludwigsburg, Tübingen, Düsseldorf, Münster oder Leipzig führten entsprechende Regeln bereits ein. Mittlerweile auch in Hamburg umgesetzter Standard ist die Einhaltung der ILO-Kernarbeitsnormen, die etwa Kinder- und Zwangsarbeit verbieten und soziale Mindeststandards sicherstellen. München war im Jahr 2002 Vorreiter. Die Stadt schloss in ihren Vergabeverfahren sämtliche Firmen aus, die nicht sicherstellten, dass für ihre Produkte keine Kinder ausgebeutet werden. Edwin Huber, Leiter der Beschaffungsstelle 1 in München, nennt so einfache Beispiele wie Bälle für Schulen. Die Stadt kauft nur noch bei Herstellern, die sich von unabhängigen Zertifizieren bescheinigen lassen, die ILO-Normen einzuhalten.

Trotzdem ist die Sache nicht immer so einfach. Woher bekommt man nachhaltige Kaffeemaschinen für Büros oder Blaumänner für die Stadtreinigung? ‘Es gibt viele Produkte, die nicht von unabhängigen Stellen zertifiziert werden’, sagt Huber. Bei den Vergaben wird deshalb von Fall zu Fall entschieden. Eine Fachdienststelle im Referat für Gesundheit und Umwelt der Stadt München prüft regelmäßig, ob es neue belastbare Zertifizierungen für Produkte gibt. Im ungünstigsten Fall müsse man sich auf Selbstverpflichtungen der Hersteller verlassen, sagt Huber. Das Beschaffungsamt des Bundesinnenministeriums hat seit einem Jahr extra eine Expertenstelle eingerichtet, die Städte wie München berät – das Umweltbundesamt hat zudem eine Liste mit 462 Umweltkennzeichen. Auch die Grünen in Hamburg wissen, dass es Grenzen für die Städte gibt: ‘Computer sind ein Problem, da finden sich kaum Zertifizierungen. Nachhaltig gefertigte Munition und Pistolen für die Polizei werden wir vermutlich auch nicht finden’, sagt Tjarks.

Quelle: Rat für nachhaltige Entwicklung


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /