© Doris Winter- NFI- Podium während der Veranstaltung
© Doris Winter- NFI- Podium während der Veranstaltung

Energiewende Ja! Aber naturverträglich und sozial ausgewogen

Eine Umsteuerung der Energiepolitik in Richtung erneuerbare Energien und mehr Energieeffizienz ist eine Notwendigkeit - dennoch gibt es gewisse Konflikte

Im Rahmen der internationalen Naturfreunde-Umweltkonferenz ‘Zukunft/Energie/Wende: Ist Europa am richtigen Weg?’ am 9. März 2013 in Salzburg, diskutierten hochkarätige ExpertInnen und NaturfreundevertreterInnen über aktuelle Herausforderungen der europäischen Energiepolitik.

Es ist klar, dass eine Umsteuerung der Energiepolitik in Richtung erneuerbare Energien und mehr Energieeffizienz dringend notwendig ist. Bei der konkreten Umsetzung dieser Energiepolitik zeigen sich jedoch deutliche Mängel, wie mangelnde Koordination zwischen den europäischen Mitgliedsländern oder die fehlende Berücksichtigung sozialer Auswirkungen.

Die Fortsetzung des Verbrennens von fossilen Energieträgern wie Öl, Gas und Kohle wird nicht nur die Energiepreise verteuern, sondern auch die Folgekosten durch den Klimawandel in nicht mehr zu bewältigende Dimension katapultieren. ‘Ein ungebremster Klimawandel würde mindestens fünfmal so hohe Kosten verursachen wie rechtzeitige Investitionen in Maßnahmen zur drastischen Reduktion von klimaschädlichen Emissionen’, so die ReferentInnen unisono.

Eine Umsteuerung in Richtung erneuerbare Energieerzeugung ist daher dringend notwendig – aber auch hier stößt man an Grenzen. ‘Durch das Zupflastern von Landschaften mit Windkraftwerken, Solarpanelen oder Wasserkraftwerken kommt es schon jetzt zu immer mehr grünen Konflikten’, mahnt Manfred Pils, Präsident der Naturfreunde Internationale (NFI).

Es braucht einen fairen Diskurs mit klaren Kriterien für einen naturverträglichen Ausbau der Erneuerbaren, die in Bewilligungsverfahren einzelner Projekte angewendet werden müssen. ‘Um Natur- und Landschaftszerstörung zu vermeiden ist es notwendig, dass allen Naturschutzgesetzen, Richtlinien und Verordnungen der gleiche Stellenwert wie dem Energierecht gegeben wird’, so Karl Frais, Vorsitzender der Naturfreunde Österreich (NFÖ).

Das bisherige Energiesystem hat ausgedient

Eine nachhaltige Energiepolitik ist ohne Effizienz – also Einsparung von Energieverbrauch – nicht zu bewerkstelligen. Kritisiert wurde in diesem Zusammenhang, dass der Verkehr als Verbraucher eines Drittels der Gesamtenergie vollkommen außen vor gelassen wird oder die Chancen der Gebäudesanierung nicht voll genützt werden. Ohne Einbeziehung von Verkehr und Gebäudesanierung wird jedoch das derzeitige Effizienzziel der Europäischen Union von 20 % Reduktion bis 2020 nicht erreicht werden können.
Die Naturfreunde weisen darauf hin, dass die Energiepolitik sehr oft auf die Förderung einzelner Maßnahmen abzielt, ohne die negativen Effekte zu berücksichtigen – wie beispielsweise beim Biosprit, dessen Förderung direkt zu massiven Steigerungen der Lebensmittelpreise führt. Außerdem wird beim Energiesparen sehr oft die Verantwortung auf die BürgerInnen abgewälzt, ohne zu sehen, dass Energieeffizienz nur im Zusammenwirken des gesamten Energiesystems erzielt werden kann.

Die Chance der Energiewende in der EU liegt in der Rückverlagerung der Energieproduktion nach Europa. Anstelle von Milliarden von Euro für den Kauf von Öl und Gas zu verwenden und damit auch die Umweltprobleme in andere Regionen zu verlagern, könnten Teile dieser Gelder für Investitionen in Europa ausgegeben und so Arbeitsplätze und eine zukunftsfähige Industrie für effiziente Energieproduktion und –verteilung geschaffen werden.

Keine Schonung von Großverbrauchern

Zweifellos braucht es für diese Umsteuerung viele Investitionsmittel, die zurzeit durch Umlagen von EnergiekonsumentInnen finanziert werden. Angesichts der zunehmenden Energiearmut bei Haushalten mit niedrigem Einkommen in Europa muss aber auch hier ein Umdenken stattfinden. Manfred Pils: ‘Es ist nicht einzusehen, warum gerade die großen Energieverbraucher wie Industriebetriebe finanziell verschont werden, während kleine Haushalte überproportional an den Kosten beteiligt werden. Jemand, der nur vom Mindestlohn lebt, kann sich keine thermische Sanierung leisten. Gerade die kleinen VerbraucherInnen sollten von den Umlagen befreit werden, während bei den großen damit klar Anreize gesetzt werden, in erneuerbare Energieträger und Energieeffizienzsysteme zu investieren.’

Energieverbrauch schnell senken!

Fazit der Umweltkonferenz der Naturfreunde: Der Energieverbrauchszuwachs muss umgehend gestoppt und dramatisch reduziert werden, und der Steigerung der Energieeffizienz ist der höchste Stellenwert einzuräumen. Das Aufkommen von hohen Investitionskosten muss in Zukunft unbedingt sozial gerecht verteilt werden. Die Energiewende ist ein gesamtgesellschaftliches Thema, das die Partizipation aller Stakeholder bei der Bereitstellung von erneuerbaren Energien voraussetzt und klare Kriterien in den Bewilligungsverfahren verlangt. Um die Energiearmut zu bekämpfen, muss die Energieproduktion im eigenen Land stattfinden. Damit werden nicht nur lokale Arbeitsplätze geschaffen, sondern es wird auch verhindert, dass immer mehr Geld in Energieimporte, in den Transport fossiler und nuklearer Energieträger und in ferne Förderanlagen fließt, wie es bei der konventionellen Energieerzeugung der Fall ist.


ReferentInnen der Veranstaltung waren:

Gunda KIRCHNER, Leiterin Energie- und Klimapolitik, Volkswirtschaft, Österreichische Energieagentur (AEA)
Stephan KOHLER, Vorsitzender der Geschäftsführung Deutsche Energie-Agentur GmbH (dena)
Michael PROSCHEK-HAUPTMANN, Geschäftsführer des Umweltdachverbandes
Manfred PILS, Präsident der Naturfreunde Internationale
Bernhard ZLANABITNIG, Geschäftsführer des EU-Umweltbüros
Michaela SCHMIDT, Abteilung Wirtschafts-, Sozial- und Gesellschaftspolitik, AK Oberösterreich

Ein Tagungsband wird Mitte Mai bei den Naturfreunden Österreich erhältlich sein.
Weitere Informationen zur Veranstaltung sowie alle Vorträge online unter: www.umwelt.naturfreunde.at.


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /