© Bund Naturschutz Bayern e.V.
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Lesenswerte zivilgesellschaftliche Reaktion in Sachen Gentechnik

Ein Leserbrief an das Nachrichtenmagazin PROFIL

Einseitige Berichterstattung in der Kritik

Uns scheint dieser Lesebrief der engagierten Regisseurin, 2-fachen Mutter und Umweltschützerin MARIELI FRÖHLICH inhaltlich relevant als Gegengewicht und wir wollen ihn daher unserer Leserschaft nicht vorenthalten. Von Seiten der PROFIL- Redaktion gab es die lakonische Antwort an die Schreiberin : "Wir sind kein Anti-Gentechnik-Kampfblatt". Ein bißchen drängt sich da die Frage auf : was ist PROFIL ?

Hier der Brief im Wortlaut :

"Ich schätze die kritische Meinung in ihrem Magazin.
Umso mehr scheinen mir daher ein paar wichtige Ergänzungen zu ihrem Titel: ‘Die Welt verhungert-oder auch nicht’ angebracht.

Sie erwähnen mit keinem Wort die kriminellen Methoden der Agrarkonzerne, welche in ihrem Kampf um Marktanteile diesen Wirtschaftskrieg betreiben.
Denn um nichts Geringeres handelt es sich hier.

Es geht längst nicht mehr um wohlbringenden Fortschritt, sondern um Riesenprofite. Dieser Wettbewerb wird auf dem Rücken der Menschen ausgetragen. Ihr Recht auf Sortenvielfalt und Gesundheit bzw. die Autonomie der Bauern wird bekämpft und ignoriert.

Großkonzerne wie allen voran Monsanto , aber auch Syngenta, Bayer, Du Pont, Basf sind für flächendeckende Zerstörung und Vergiftung der Umwelt, leere Versprechungen sowie Erpressung und Selbstmord von ruinierten Bauern verantwortlich.

Unzählige Gesundheitsschäden wie schwerste Deformierungen an Neugeborenen und auch Tieren, Unfruchtbarkeit, Krebs, die von den aggressiven Herbiziden verursacht werden, sämtlich vielfach von unabhängigen Studien bestätigt, werden hartnäckig von diesen Firmen geleugnet. Ihrerseits gewähren diese Firmen aber, unter Verwendung von fadenscheinigen Argumenten, keinen Einblick in ihre eigenen Studien...

Auch eine Kennzeichnung der Produkte, welche GMO enthalten, wird durch massives Lobbying in den USA verhindert, obwohl es Verbraucher lautstark fordern. Wenn die Produkte so unbedenklich sind, können sie doch gekennzeichnet werden. Oder müssen die Erzeuger dann Absatzschwierigkeiten befürchten?

In Amerika hat vor kurzem Obama den "monsanto protection act " unterschrieben, welche die Rechte des Konzerns quasi über die Verfassung stellt.

Der »Monsanto Protection Act«, ein Zusatz zur HR 933 Continuing Resolution [dem Übergangs-Haushaltsgesetz], erlaubt es monsanto, sich in der Frage des experimentellen Anbaus gentechnisch veränderter Nutzpflanzen, über Entscheidungen amerikanischer Gerichte hinwegzusetzen. Obwohl sich erwiesen hat, dass diese experimentellen Pflanzen extrem gefährlich sind oder zu unkontrollierten Pflanzenkrankheiten führen können, verfügt die US-Regierung jetzt über keine juristische Handhabe mehr, Anbau und Ernte der Pflanzen zu stoppen.

Es ist daraufhin ein Sturm der Empörung durch die USA und die Welt gegangen und es wird bereits versucht diesen Entscheid rückgängig zu machen.

Sollen solche Verirrungen in der EU auch kommen oder ist es möglich schon vorher etwas dagegen zu unternehmen?

Die Kontaminierung von Anbauflächen, durch genetisch verändertes Saatgut, stellen ebenfalls ein großes Problem für die nachhaltige biologische Landwirtschaft dar.

‘Nach dem Fund von nicht genehmigten, gentechnisch veränderten Weizen auf konventionellen Anbauflächen haben Japan und Südkorea aus Angst vor Verunreinigungen den Import von US-Weizen verboten. Monsanto teilte mit, dass es sich offensichtlich um GMOs aus ihrem Hause handelt und man mit den Behörden eng zusammenarbeite. Zugelassen ist der Weizen nirgends. Seine Vermarktung wurde gestoppt, weil Weizenanbauer in Kanada und den USA um ihre Exporte fürchteten.’ Zitat Spiegel Online.

All diese Fakten scheinen nicht erwähnenswert obwohl sie allseits bekannt sind.

Warum gerade jetzt ein Artikel, der all diese Kritikpunkte ausspart, wo die sogenannte ‘Saatgutverordnung’ bevorsteht, welche eine massive und freche Einschränkung der Freiheit und der Rechte der Bauern in der EU vorsieht.

Wer will da wem etwas verbieten, einschränken und verhindern...?
Alleine der Gedanke ist unglaublich: das Bauern zukünftig für ihr bewährtes, eigenes Saatgut, eine teure Zulassung beantragen sollen, oder es gänzlich verboten werden soll?!
Das hat mit Demokratie nichts zu tun, sondern ist eine Interessensdiktatur.

Sie erwähnen ebenso wenig den gemeinsamen Protest und Kampf von Millionen Menschen weltweit, sich dieser aggressiven Firmen zu erwehren.
Samstag fand auch in Wien eine Demonstration gegen Monsanto statt. Unter dem gemeinsamen Namen ‘March Against Monsanto’ zogen an die 3000 Menschen durch die Wiener Innenstadt um unseren Politikern eine Nachricht zu senden, die sich längst als Marionetten der Agrarindustrie geoutet haben. Das lahme Einlenken von unserem "Umweltminister" bei der Bienencausa vor den Wahlen, auf Druck der Öffentlichkeit, nicht aus besserem Wissen, ist das beste Zeichen dafür. Jetzt liegt das Thema in den Schubladen des "Umweltministeriums". Die anderen Pestizide, welche dann eben verstärkt zum Einsatz kommen, bleiben selbstverständlich unerwähnt.
Weltweit waren es über 2 Millionen Menschen in über 450 Städten, die auf der Strasse ein unmissverständliches Zeichen gegen diese Art "Landwirtschaft" setzten.
In der argentinischen Stadt Córdoba protestierten beispielsweise mehrere Tausend Menschen gegen den Bau einer Gen-Saatgutfabrik und in Wangeningen, dem Zentrum der niederländischen Lebensmittelindustrie versammelten sich rund 3.000 Menschen vor dem Sitz von Monsanto um gegen den Konzern und Gentechnik in der Landwirtschaft zu demonstrieren.
Während also in Österreichs Presse kaum von den Protesten Notiz genommen wurde oder durfte, publizierten sehr viele internationale, unabhängige Medien, sehr wohl darüber bzw. informierten die Bevölkerung über die bevorstehende "Saatgutverordnung".
Es formiert sich in allen europäischen Ländern massiver Widerstand gegen diese unverschämte Landnahme der großen Konzerne, ein sorgfältig recherchierter Artikel in ihrem Magazin wäre mehr als willkommen und angebracht!

Wenn Monsanto auf Grund der Proteste, seine Bemühungen genmanipuliertes Saatgut in Europa loszuwerden aufgibt, wird eben verstärkt auf Herbizidtechnologie gesetzt. Damit bleibt die Gefahr bestehen, dass sich herbizidresistente Pflanzen in der Natur unkontrolliert ausbreiten.
Die gezüchteten Pflanzen und dazu passenden Herbizide sind ebenso patentrechtlich geschützt wie genetisch veränderte.
Damit bleibt die Abhängigkeit der Landwirte von Konzernen wie 'Monsanto' unverändert.
Es ist deshalb die Kombination von Saatgut mit Pflanzenschutzmitteln und deren Schutz durch Patente grundsätzlich abzulehnen.
»An der Praxis, patentiertes resistentes Saatgut in Kombination mit dem passenden Pflanzenschutzmittel zu vertreiben, wird sich nichts ändern. Man hat lediglich einen Weg gefunden, dieses Verfahren ohne den Stempel der bösen Gentechnik zu vermarkten. Für gezüchtete Pflanzen gibt es nämlich keinerlei Auflagen«, sagt Birgitt Piepgras, Themenbeauftragte für Landwirtschaft. »Die Annahme, grüne Gentechnik sei in Europa vom Tisch, ist reine Augenwischerei. Das Problem verstärkt sich sogar noch, denn niemand kann jetzt nachvollziehen, wo resistente Pflanzen angebaut werden. Eine Meldepflicht gibt es nicht.Im April 2012 wurde das Herbizid 'Clearfield®-Vantiga®' (Zulassungsnummer 007021-00) zugelassen [2]. Gleichzeitig züchtete BASF eine Rapssorte, die gegen dieses Herbizid resistent ist. Da die Resistenz angezüchtet wurde, entfallen alle Auflagen, die es für genetisch veränderte Pflanzen gibt. Peter Josef Johnen, Cropmanager Raps der Bayer 'CropScience' Deutschland GmbH hat angekündigt, bereits 2014 einen integrierten Vertrieb von Pflanzenschutz und Saatgut innerhalb seiner Organisation umzusetzen.

In Frankreich ist Pestizidvergiftung bereits als Berufskrankheit der Bauern anerkannt worden, das sagt eigentlich alles. Alleine vom einatmen des Herbizids Gaucho entstehen schwerste Gesundheitsschäden. Rückschlüsse auf Restbestände und Abbaubarkeit bei Monokulturen, sowie die Folgen für Boden, Mensch und Tier, wenn diese Gifte in der Nahrungskette landen, sind für jeden mit gesundem Menschenverstand und Verantwortungsbewusstsein leicht nachvollziehbar.

Es ist die aktuelle Weltbevölkerung durchaus mit biologisch betriebener Landwirtschaft vernünftig zu versorgen - auch wenn die Propaganda-Maschinen des Agrar- und Pharma-industriellen Komplexes gegenteilige Befürchtungen in Umlauf setzen. Ihr Weg hat die Welt in eine gefährliche Sackgasse geführt.
Umso wichtiger ist es endlich zivilgesellschaftlich zu erwachen und Verantwortung da zu übernehmen, wo sie von den bestellten Organen sträflich vernachlässigt wird. Das betrifft auch und allen voran eine kritische Presse.
Der Artikel " Die Welt verhungert-oder auch nicht" im Profil wird der Komplexität und auch der Stimmung in der Bevölkerung nicht gerecht.

Bitte berichten sie über die politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Brisanz der Angelegenheit in einer Weise, wie sie möchten das ihr Magazin gesehen wird: Als unabhängiges, mutiges und kritisches Organ, welches ein Gegengewicht zu Lobbyismus und Verschleierung darstellt. Mutig und vor allem rechtzeitig Stellung zu beziehen ist nämlich der Sinn der Pressefreiheit.
Alles andere ist Irreführung wider besseres Wissens.

Mit besten Grüßen und in der Hoffnung auf eine entsprechende Aufklärung ihrer Leser
Marieli Fröhlich"


Artikel Online geschaltet von: / hackenberg /