Die „ERSTE“-Vorlesung geht weiter

Eine Ansichtssache von Dr. Gernot Neuwirth

Die ungewöhnliche, nach Meinung mancher Hörer/innen ‘gekaufte’ Vorlesung über soziale Veranwortung der Unternehmen geht mit nicht weniger als 6 Vortragenden von der Ersten an der Uni Wien weiter. Da am 8. April wieder jemand von der Ersten spricht, schleppt sich Ihr Berichterstatter trotz Arbeitsüberlastung und Burn-out-Syndrom hin, um mit eigenen Ohren zu sehen, was da läuft.

Aber: Weder der erste Erste-Vortragende, Generaldirektor Treichl vor sechs Wochen, noch jetzt der Beauftragte für CSR (Corporate Social Responsibility) , Rosenkranz, haben sich in auffälliger Schönmalerei geübt. Sie stehen sich selbst und ihrer Aufgabe durchaus kritisch und zum Teil humorvoll gegenüber. Und der LV-Leiter, Prof. Kampits, würgt keine einzige Hörer-Wortmeldung ab, auch nicht die eher langatmigen. Ein riesiges Transparent von Global 2000 gegen die Finanzierung von Mohovce kommentiert er mit einem leidenschaftslosen ‘Ein Transparent hamma jetzt auch im Hörsaal.’

Rosenkranz führt aus, dass CSR erst seit wenigen Jahren zu den Grundsätzen der Ersten gehört und somit noch in den Kinderschuhen steckt. Und dass die Bank daher in internationalen Rankings, wie sie für ethische Investmentfonds gemacht werden, nicht einmal die Mindestpunkte erreicht, um als Investition empfohlen zu werden. Er bespricht offen die Schwächen der Ersten, insbesondere auf dem ökologischen Sektor.

Und auf die zum X-ten Mal gestellte Frage nach der Finanzierung des Atomkraftwerkes rät er, sich noch ein paar Wochen zu gedulden …

Der Berichterstatter überlegt sich inzwischen: Sollte die Erste trotz aller Proteste direkt oder durch Umwegfinanzierungen an dem Projekt festhalten, dann muss er wohl wirklich den dornigen Weg des Bank-Wechsels beschreiten und möglichst viele Bekannte überzeugen, dass sie dasselbe tun. Aber wohin dann eigentlich? Werden wir nicht bald daraufkommen, dass auch die ‘Neue’ Dreck am Stecken hat?

Naja - vielleicht zur ING-Diba – als Belohnung, dass sie aus dem Mohovce-Deal ausgestiegen ist. Höhere Zinsen zahlt die ohnehin, und ein bisserl was hat der Berichterstatter eh schon dort geparkt. Aber unlängst hat er im TV gesehen, dass sie den unnötigsten Sport sponsert, den es gibt – Autorennen.

Vielleicht zu Schelhammer und Schattera, die schon längere Erfahrung mit nachhaltigem Investment hat und angeblich wegen ihrer geringen Größe gar nie in Versuchung kommen könnte, so etwas wie ein AKW mitzufinanzieren? Die Nähe dieser Bank zur katholischen Kirche mag für manche abschreckend, für andere anziehend wirken.

Hat jemand eine Idee – gibt es aufgeschlossene, moderne und dennoch solide, verlässliche Banken, zu denen man wechseln könnte, ohne wieder enttäuscht zu werden? Hat jemand einen Überblick über die guten und bösen Machinationen verschiedener Banken? Gibt es eine Für-und-Wider-Liste?

Und wie kann man den Unbelehrbaren unter den Bankern klarmachen, dass der Wettlauf in die scheinbar todsicheren Atomenergie-Investitionen sich bald als genauso trottelhaft herausstellen könnte wie der Wettlauf in die todsicheren ‘Subprime’-Hypotheken und deren Derivate, die zu einer derartigen Krise geführt haben, dass die Nachrichtensendungen seit Wochen voll damit sind?



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GastautorIn: Univ.-Lektor Mag. Dr. Gernot Neuwirth für oekonews.
Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /