Greenpeace legt Beschwerde bei der EU-Kommission ein

Unregelmäßigkeiten bei der Privatisierung slowakischer AKW

Die Umweltorganisation Greenpeace legte am Freitag bei EU-Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes Beschwerde wegen der Teilprivatisierung der slowakischen Energiegesellschaft Slovenske Elektrarne (SE) ein. Um dem italienischen Energiemulti ENEL den Einstieg schmackhaft zu machen, wurde im Vertrag nämlich festgelegt, dass die ENEL für die zukünftige Abwrackung der AKW Bohunice und Mochovce pro Kilowattstunde (kWh) weniger zahlen muss, als die tatsächlichen Kosten ausmachen. "Das ist eine unerlaubte staatliche Beihilfe", kritisiert der Greenpeace-Atomexperte Jan Haverkamp.

Die Slowakei kämpft seit Jahren mit dem Problem fehlender Gelder für die zukünftige Stilllegung ihrer Atomkraftwerke. Normalerweise wird für jede produzierte Kilowattstunde Strom ein Betrag in einen so genannten Dekommissionierungsfonds oder Abwrackungsfonds eingezahlt. Mit diesem Geld soll die Stilllegung des AKW und die Entsorgung des radioaktiven Mülls finanziert werden. In der Slowakei wird aber erst seit dem Jahr 1994 in diesen Fonds eingezahlt. 2006 fehlten laut Schätzungen bereits vierhundert Millionen Euro.

Notwendig wäre also eine Erhöhung der Abgabe, aber passiert ist das Gegenteil. Der Grund dafür ist die Teilprivatisierung der Slovenske Elektrarne im Jahr 2004. Um die SE für den Käufer ENEL attraktiver zu machen, wurde ein Gesetz geschaffen, das den Pflichtbeitrag für die AKW-Abwrackung pro kWh Atomstrom von 6,8 Prozent auf 5,95 Prozent des Strom-Verkaufspreises herabsetzt. Außerdem wurde der Gesamtbeitrag gedeckelt. "Dieser Deal ermöglicht ENEL, den slowakischen Atomstrom billiger zu verkaufen", so Haverkamp. "Die Folge ist eine massive Wettbewerbsverzerrung zugunsten von Atomstrom und dass das bereits bestehende Defizit im Abwrackungsfonds noch größer wird!"

Nach Berechnungen von Greenpeace wird dieses Defizit auf circa fünfzig Milliarden slowakische Kronen beziehungsweise 1,5 Milliarden Euro ansteigen. Diese Kosten werden nach der Stilllegung der beiden AKW die slowakischen Steuerzahler tragen müssen. "Zukünftige Generationen in der Slowakei zahlen dafür, dass die ENEL heute eine größere Gewinnspanne erzielt", so Haverkamp.

Für Österreich relevant ist die Beschwerde dadurch, dass sich die Erste Bank an der Finanzierung von zwei neuen Reaktorblöcken beim slowakischen AKW Mochovce beteiligen will. Dieses AKW ist ebenfalls in Mehrheitseigentum der ENEL und wird künstlich verbilligten Atomstrom produzieren. "Wenn es die Erste Bank mit Corporate Social Responsibility ernst meint, müssen sie aus dem Vertrag aussteigen. Denn Mochovce ist ein Risiko-Reaktor, und die Privatisierung ist mehr als fragwürdig verlaufen", schließt Haverkamp.

Quelle: Greenpeace International



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Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /