NegaWatt statt MegaWatt

Energieeffizienzoffensive günstiger als neue Kraftwerke - Vorstellung konkreter Ergebnisse heute beim Klimagipfel

Anstatt die angekündigte Energiewende einzuleiten und zu einer Kehrtwende beim ungebremsten Anstieg der CO2-Emissionen zu kommen, sind in Österreich gleich mehrere neue Gaskraftwerke mit 3.600 MW installierter Leistung in Planung. Dies wird vorwiegend mit dem ständig ansteigenden Strombedarf von 1,7% per anno begründet. Vielmehr würde sich jedoch die derzeitige Leistung der Gaskraftwerke bis 2015 mehr als verdoppeln. Als BHKW soll gleichzeitig die Abwärme über das Fernwärmenetz für Raumwärme genutzt, und noch dazu über die Ökostromförderung mitfinanziert werden. Damit würde aber ein zusätzlicher CO2-Ausstoß von 8,0 Million Tonnen (!) pro Jahr verursacht. Die CO2- Emissionen von ganz Österreich würden so weiter um 9 % ansteigen.

Alleine die CO2-Strafzahlungen würden im Minimum 13,5 Mrd. Euro bei 20 Jahren Betriebsdauer verursachen. Laut Rechnungshofkritik vom 14.04.08 müsste sogar mit 100 Euro pro Tonne CO2 kalkuliert werden, womit auf 20 Jahre Betriebsdauer mit 15,7 Mrd. Euro CO2-Zertifikatkosten zu rechnen ist.

Das Land braucht keine neuen Kraftwerke, sondern eine Energieeffizienz Offensive

Getreu dem Regierungsübereinkommen sind bis 2015 alle Nachkriegsbauten thermisch zu sanieren. Dies bedeutet eine Erhöhung der thermischen Sanierungsrate von derzeit 0,8% auf 3,0 bis 5,0%. Bei der Betrachtung von nachhaltigen Alternativen zeigen sich schier grenzenlose Energieeffizienzpotentiale, die ökonomisch, ökologisch und sozial verträglich umsetzbar sind, anstatt neue Kraftwerke mit fossilen Energieträgern zu errichten.

Energieeffizienzoffensive bringt immense Vorteile

Mit einer großen Energieeffizienzoffensive durch thermische Altbausanierungen auf Klasse A+ gem. Energieausweis können in Österreich binnen 7 Jahren in Summe realisiert werden:

• 315.000 Wohnungen in Mehrfamilienhäusern
• 360.000 Einfamilienhäuser
• 5.400 öffentliche Gebäude – speziell Schulen und Kindergärten
• 4.500 Bürobauten
• mit in Summe 87,53 Mio. m² Nutzfläche faktisch zum Nulltarif auf Klasse A+ gem. Energieausweis thermisch saniert werden. Damit würde deren Energieverbrauch um 90 Prozent sinken.

Außerdem können damit noch weitere Maßnahmen finanziert werden:

• 120.000 Photovoltaikanlagen mit je 5 kWp
• 360.000 Thermische Solarkollektoren mit je 8 m² Fläche
• 675.000 Haushalte Energieeffizienz Tauschaktion für alte Elektrogeräte

Die Investitionskosten für den bis 2015 geplanten Gaskraftwerksausbau mit 3.600 MW Leistung, Speicher-, Netz- und Pipelineausbau werden alleine € 3,9 Mrd. betragen. Weiters sind die Gas Brennstoffkosten zwischen € 3,0 – 8,0 Mrd. (bei einer Betriebslaufzeit von 20 Jahren) und die CO2-Zertifikatkäufe von mind. € 13,5 Mrd. (bei einer Betriebslaufzeit von 20 Jahren) für die neuen Gasdampfkraftwerk zu berücksichtigen. Im Vergleich dazu würde das erforderliche zusätzliche Fördervolumen von € 12,4 Mrd. für diese Energieeffizienz Offensive lediglich der Summe aus Investitions- und Gaskosten (bei einer Betriebslaufzeit von 20 Jahren) entsprechen, ohne dabei die auch fälligen CO2-Zertifikatkäufe zu berücksichtigen.

Die Kostengegenüberstellung zeigt für die Versorgungssicherheit des österreichischen Strom- und Gasmarktes deutlich die erheblich geringeren Kosten für eine Energieeffizienzoffensive gegenüber eines Kraftwerksausbaues.

Als positive Nebeneffekte sind der Arbeitsmarkt und die Wirtschaftsfakten zu betrachten:

• 450.000 Mannjahre zusätzliche Arbeitsplätze finden mit dieser Sanierungsoffensive statt
• € 43,74 Mrd. Euro höher ausgelöstes Investitionsvolumen

In Summe ergibt sich daraus:

• 14,04 TWh/a Energieeinsparung thermisch für Raumwärme
• 4,17 TWh/a Energieeinsparung elektrisch für Raumwärme und Kühlung
• 2,50 TWh/a Warmwassergewinnung durch Solarkollektoren
• 1,83 TWh/a Energiegewinnung mit Photovoltaik
• 1,78 TWh/a Energieeinsparung durch Haushaltsgeräte Optimierung auf Klasse A+
• 7,1 Mio. t CO2 Einsparung pro Jahr gegenüber 2005
• € 7,0 Mrd. zusätzliche CO2 Zertifikats Gutschriften binnen 20 Jahren gegenüber 2005

Für diese Empfehlung an Bund und Länder wurde ein zusätzlicher Zuschuss zu den derzeitigen Altbausanierungsförderungen von € 100.-/m² WNF angenommen, welcher ausreichen sollte, die notwendigen Impulse für eine derartige Sanierungsoffensive auszulösen. Dieser zusätzliche Zuschuss wird jedoch nur bei Umsetzung der Sanierung auf mind. Energieklasse A+ gewährt, und gleichzeitig die Sanierungsqualität gravierend erhöht.

Vorzugsweise sollten solche Wohnbauten und öffentliche Bauten mit Direktstrom- Heizungen als Erstes saniert, und damit der Stromverbrauch massiv reduziert werden. Die Bewohner würden sich über eine Reduktion der Stromkosten von € 30.-/m²a freuen können.

Die Energieversorger könnten dabei trotzdem als Gewinner aussteigen, wenn sie selbst eben diese vorbildlichen Sanierungen umsetzen würden, und so sich vom Energielieferanten zum Behaglichkeits- Dienstleister wandeln. Aus der 90 - 95%-igen Reduktion der Energiekosten können sie als Langzeit Contrator mit einer 20 bis 25 jährigen Kundenbindung die Sanierungskosten refinanzieren und gleichzeitig einen vertretbaren und gesicherten Gewinn lukrieren. Wobei zu bemerken ist, dass dieser Gewinn von Beginn an klar kalkulierbar ist, und sicher eingespielt wird, während die langfristige Sicherung der Gaslieferungen, etc. in keiner Weise gesichert angenommen werden kann.

Gleichzeitig entstehen den Bewohnern aber keinerlei Kosten oder künftige horrende Energiepreissteigerungen. Ganz im Gegenteil, könnte bei diesem Modell den Bewohnern vom Sanierungsstart sofort eine 10 bis 25%-ige Reduktion ihrer Energiekosten zugesichert, und sie überdies von künftig hohen Energiepreissteigerungen bewahrt werden.

Die Sanierung auf Passivhausstandard oder zumindest Klasse A+ hat neben der dramatischen Reduzierung des Energiebedarfs auch enorm positive sozialpolitische und gesundheitliche Auswirkungen:

• Steigerung der sozialen Zufriedenheit und Gesundheit
• Entkoppelung vom größten Preistreiber Energie
• Erhebliche Reduzierung der Schadstoffbelastungen außerhalb und innerhalb von Räumen (Feinstaub- und Straßenlärmbelastungen, Formaldehyd, Radon, Flüchtige organ. Verbindungen, Lindan, Pentachlorphenol, Polychlorierte Biphenyle PCB, etc.)
• Reduktion der Staubbelastung um mind. 15.000 to speziell im Winter
• Vermeidung von Schimmelpilz in Wohnungen
• Reduktion der CO2 Konzentrationen in Räumen um den Faktor 3 bis 6 (speziell auch für Schlafräume, Schulklassen, wo die Werte weit über den Grenzwerten der WHO liegen)
• Immer frische Luft in allen Räumen ohne Zugerscheinungen
• Keine Pollenbelastung für Allergiker – massive Reduktion von Medikamenten
• Versorgungssicherheit + Unabhängigkeit von unsicheren Energieimporten
• Verbesserung der Handelsbilanz
• Senkung der Inflationsrate und der Kosten für das Gesundheitswesens
• Schaffung von 450.000 Mannjahre zusätzlichen Arbeitsplätzen
• Wahrung der Finanzkraft unserer Nachfolgegenerationen
• Neues Erscheinungsbild der Häuser und Städte

Für die desaströse Fehlentscheidung bei jedem weiteren Kraftwerksausbau müsste natürlich der Endverbraucher – also die Bevölkerung tief in die Tasche greifen üssen, was spätestens 2015 auch zu massiven sozialen und politischen Unruhen führen würde.

Zusätzlich zur dargestellten Energieeffizienzoffensive soll diese noch um weitere Programme abseits des Gebäudebereichs ausgeweitet werden:

- 50% Energieeffizienzsteigerung der Straßenbeleuchtung
- Energieeffizienzprogramm für KMU’s
- Energieeffizienzprogramm für Großindustrie
- Energieeffizienzprogramm für Tourismus und Gastgewerbe

Auf der erneuerbaren Energiegewinnungsseite ist hier speziell der weitere Ausbau von Windkraft, Biogasanlagen und die Geothermie usw. zu erwähnen. Grundvoraussetzung für alle Maßnahmen ist natürlich auch die seit 1991 überfällige Ökosoziale Steuerreform.

Weitere Maßnahmenvoraussetzungen im Gebäudesektor sind:

Europäisches Parlament fordert generell Passivhäuser ab 2011

Als verbindliche Bestimmung wird vorgeschlagen, dass alle neuen Gebäude ab 2011 nach Normen für Passivhäuser oder gleichwertigen Normen für Nichtwohngebäude gebaut werden müssen.

National und Länderweise daher umzusetzen ist:

Bauordnung

Es ist völlig unverantwortlich heute im Neubau in der Bauordnung den achtfachen Energieverbrauch gegenüber dem Stand der Technik zuzulassen. Nach dem Top Runner Prinzip haben die anderen Bundesländer der Klimaschutzzange Vorarlberg und Burgenland zu folgen, und die Grenzwerte noch heuer auf 55 kWh/m²a zu senken. Und ab 2010 auf max. 40 kWh/m²a. Adäquat auch für alle anderen Sektoren. Hiermit ist speziell auch der Nichtwohnbau, wie Bürobauten, etc. viel stärker in die Pflicht zu nehmen. Das Europäische Parlament hat die Umsetzung des Passivhausstandards generell schon ab 2011 gefordert.

Wohnbauförderung Neubau

Die Wohnbauförderung als wichtiges Lenkungsinstrument muss sich viel deutlicher als bisher auf die Energieeffizienz konzentrieren. So ist aus sozial verträglichen Gründen der Passivhausstandard bei neuen Mehrfamilienhäusern heute bereits in Vorarlberg und ab 2010 in Oberösterreich als Mindeststandard eingeführt. Hier haben alle anderen Bundesländer dies ebenfalls ab 2010, und für den Eigenheimbereich ab spätestens 2012 umzusetzen.


Vorarlberg ist seit 1.1.2007 Vorreiter im gemeinnützigen großvolumigen Wohnbau. Aus sozial verträglichen Gründen dürfen Vorarlbergs Gemeinnützige Bauträger gem. Vereinbarung mit Wohnbau- LR Rein Neubauten nur noch in Passivhaus Standard bauen.

Außerdem müssen Sanierungen auf unter 30 kWh/m²a verbessert werden.

Mietrecht und Wohnungseigentumsrecht

Das Mietrecht und Wohnungseigentumsrecht muss in der jetzt laufenden Novellierung unter Berücksichtigung einer nachhaltigen Betriebskostenbetrachtung erneuert werden.

Öffentliche Bauten

Niederösterreich hat als erstes Österreichisches Bundesland für alle seine neuen Landesbauten verpflichtend den Passivhausstandard eingeführt. Alle öffentlichen Bauten, speziell auch alle Bundesbauten, sind auf Grund ihrer Vorbildwirkung gemäß dem ‘Servicepaket Nachhaltig:Bauen in Gemeinden’ aus Vorarlberg oder dem Pflichtenheft Energieeffizienz für NÖ Landesbauten’ zu errichten oder zu sanieren.

Große Potentiale für Büro- und Gewerbebauten in Passivhausstandard

Nach dutzenden Vorbildprojekten, wie z.B. das neue Messezentrum in Wels mit 17.000m², zeigt sich gerade hier ein enormes Effizienzpotential, und wichtige Nebeneffekte wie erhöhte Mitarbeiterzufriedenheit, reduzierte Krankenstände und besseres Image.

Die gesamte innovative Bauwirtschaft steht zu ihrer Verantwortung gegenüber unseren nachfolgenden Generationen. Sie sieht die gestellten Forderungen und Vorschläge als Stand der Technik und dank des Know How Vorsprungs Österreichs als technisch ausgereift, ökologisch und ökonomisch und vor allem sozial absolut verträglich und notwendig.

100% Erneuerbare Energie bei Strom bis 2020 und Raumwärme bis 2025 realistisch

Mit den ausgearbeiteten Maßnahmen ist in weiterer Folge der Totalumstieg auf 100 % Erneuerbare Energieträger bei Strom bis 2020 und bei Raumwärme bis 2025 realistisch, wie dies auch die aktuelle Studie der ÖGUT Österreichischen Gesellschaft für Umwelt und Technik belegt hat.

Mehr Informationen:
IG Passivhaus Österreich



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GastautorIn: Ing. Günter Lang, Geschäftsführer IG Passivhaus Österreich für oekonews.
Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /