Zurück an den Start mit der Ökostromnovelle

Die Ökostromverbände kritisieren den Novellenentwurf und präsentiert ein konstruktives Konzept für eine nachhaltige Strompolitik in Österreich

Die Ökostromverbände IG Windkraft, Biomasseverband, Kleinwasserkraft Österreich, Photovoltaic Austria und Arge Kompost & Biogas, lehnen den Inhalt der geplanten Novelle zum Ökostromgesetz ab. Der aktuelle Entwurf berücksichtigt die vielen konstruktiven Vorschläge, die von der Branche vorgelegt wurden, nicht.

Der Neubau von Ökostromanlagen ist damit weiterhin kaum möglich, die Treibhausgasemissionen werden steigen ebenso wie die Auslandsabhängigkeit der österreichischen Energieversorgung. Die Verbände fordern daher, diese geplante Novelle nicht im Ministerrat zu beschließen und verlangen ein "Zurück an den Start" für die Novelle.

Entwurf ohne betroffene Verbände - inakzeptabel

Letzte Woche wurde ein aktueller Entwurf zur Ökostromnovelle bekannt. Nach dem bereits im Winter ein erster Entwurf zur Novelle des Ökostromgesetztes vom Wirtschaftsminister zur Begutachtung vorgelegt wurde, soll nun noch im April eine Regierungsvorlage im Ministerrat beschlossen werden. "In der aktuellen Novelle fehlen wieder die notwendigen Veränderungen, um die Planungs- und Investitionssicherheit des alten Ökostromgesetzes 2002 wieder herzustellen," so Mag. Stefan Hantsch, Geschäftsführer der IG Windkraft. "Unter diesen Bedingungen wird es nur marginale Neuinvestitionen in Windräder, Kleinwasserkraftanlagen, Photovoltaik oder Biomasse- bzw. Biogasanlagen geben", so Hantsch. Die Deckelung des Fördervolumens, die jährlich zu bestimmende Absenkung der Einspeisetarife (Degression), keine durchgängige Reihung der eingereichten Projekte und keine Anreize zur Heranführung an die Marktreife, sind inakzeptable Bedingungen für Planer und Investoren, die im vorliegenden Entwurf wieder nicht geändert wurden: "Momentan weiß ich als Projektbetreiber weder ob ich eine Förderung bekommen werde, wann ich sie bekomme und wie hoch sie sein wird. Kein Wunder, dass 2007 nur 18% der vorgesehen Mittel ausgeschöpft wurden.

Der "neue" Gesetzesentwurf wird daran nichts ändern - egal, ob jetzt 17, 21 oder sonst wie viele Millionen Euro im Fördertopf liegen", ist Hantsch überzeugt.

Seit 2006 gibt es im Jahrestakt Ökostromnovellen. Die kosmetischen Korrekturen, die jedes Mal vorgenommen werden, können aber nicht über die grundsätzlich falsche Ausrichtung des Gesetzes hinwegtäuschen: "Die Experten der Branche bringen laufend konstruktive Vorschläge für eine Neuorientierung der österreichischen Strompolitik ein. Praktisch nichts davon ist im Gesetz umgesetzt worden - kein Wunder, dass das Ökostromgesetz an der Praxis vorbei geht und die Branche zu einem Stillstand kommt", so DI Martina Prechtl, Geschäftsführerin von Kleinwasserkraft Österreich.

Hinhaltetaktik kommt extrem teuer

Die Konsequenzen aus dieser "Hinhaltetaktik" sind folgenschwer und teuer: "Der Marktpreis für Strom folgt dem Erdgaspreis. Innerhalb eines Jahres ist der Marktpreis für Strom deshalb um 45% gestiegen, das sind zwei Cent pro kWh. Für die österreichischen Konsumenten bedeutet das eine Mehrbelastung von einer Milliarde Euro pro Jahr", warnt Dr. Heinz Kopetz, Vorsitzender des Österreichischen Biomasse-Verbandes. "Statt dieser Preisentwicklung Rechnung zu tragen und Österreich durch ein Stromspargesetz und verstärkten Ausbau der erneuerbaren Stromerzeugung von Erdgas unabhängiger zu machen, werden im Rahmen des Ökostromgesetzes weiter fossile KWK-Anlagen subventioniert, die insgesamt vier bis fünf Millionen Tonnen CO2 ausstoßen. Mit dem absehbaren Ergebnis, dass die Stromrechnungen der Österreicherinnen und Österreicher auch in den nächsten Jahren um Milliarden Euro steigen werden. Im Vergleich dazu wird in kurzsichtiger Weise heute beim Ökostrom die Stopptafel aufgestellt, in der falschen Meinung, man könne sich dadurch ein paar Millionen ersparen."

Regierung beim Wort nehmen: 85 % Strom aus Erneuerbaren bis 2020 Die Ökostrom-Verbände fordern daher eine grundlegende Novelle in Einklang mit den österreichischen und internationalen Energie- und Klimaschutzzielsetzungen: "Die österreichische Regierung hat sich in ihrem Regierungsprogramm klar festgelegt: Verdoppelung des Anteils der erneuerbaren Energien bis 2020 auf 45 %, und Anhebung des Stromanteils aus Erneuerbaren auf 85 %. Jetzt heißt es, sie beim Wort zu nehmen und diese Ziele auch in der Ökostromnovelle gesetzlich zu verankern", verlangt Dr. Hans Kronberger, Präsident von Photovoltaic Austria. Das bedeute konkrete Energiespar- und Effizienzmaßnahmen genauso wie den schranken- bzw. deckellosen Ausbau der Erneuerbaren.

Besonders im kleinen Leistungsbereich von Photovolatik-, Biomasse- und Biogas könnte durch gezielte Förderung ein Inlandsmarkt als Anreiz zur Technologieentwicklung geschaffen werden. "Moderne Solarzellentechnik und Klein- bzw. Kleinst-Wärmekraft-Kopplungs- Technologien sind international gefragt. Österreich hätte die einmalige Chance, hier eine Technologieführerschaft aufzubauen", betont Kronberger. "Strom aus Wind- und Wasserkraft wird ohnehin bereits bald günstiger als Erdgasstrom sein, eine Deckelung ist hier also rein ökonomisch betrachtet ein Unsinn."

Der Zug Richtung Erneuerbare fährt mit Volldampf - warum bremst Österreich? Die ganze Welt investiert in erneuerbare Energien!Österreich versäumt diese Entwicklung und gefährdet damit nicht nur die Gesamtwirtschaft sondern besonders auch den blühenden Wirtschaftszweig der österreichischen Ökoenergien: "Die Zeiten des billigen Öls sind vorbei. Um für die absehbare Energiekrise vorbereitet zu sein, müssen heute die neuen Wege wie die Biogastechnologie weiterentwickelt werden", so Franz Kirchmeyr, Leiter des Fachbereichs Biogas der ARGE Kompost & Biogas Österreich. "Nur wenn wir heute anhand eines kontinuierlichen Ausbaus unsere Technik sukzessive verbessern, werden morgen die Technologien ausreichend stark vorhanden sein, die wir brauchen, wenn das Erdgas ausgeht", so Kirchmeyr. Und abschließend: "Dazu sind aber gesicherte Rahmenbedingungen notwendig- und das sofort!"

Die Ökostromverbände wenden sich daher gegen einen Beschluss dieser Novelle im Ministerrat und fordern für die Novelle desÖkostromgesetzes: "Zurück an den Start".

Wie soll ein neues Ökostromgesetz aussehen?

Ein neues Gesetz muss im Einklang mit den Zielsetzungen der neuen EU- Richtlinie für erneuerbare Energie und dem aktuellen Regierungsprogramm stehen.

So wie im Ökostromgesetz 2002 oder im deutschen EEG darf KEIN Deckel für den Ausbau der erneuerbaren Energie enthalten sein. Für große rohstoffbetriebene Anlagen ist ein kontinuierlicher Ausbauplan vorzusehen.

Das Gesetz muss Planungs- und Investitionssicherheit gewährleisten Die Tarife müssen generell auf 15 Jahre gesichert werden. Für rohstoffbetriebene Anlagen sind eine Flexibilisierung der Tarife und Nachfolgetarife notwendig.

Für Kleinwasserkraftanlagen unter 1 MW bedarf es einer Wahlmöglichkeit zwischen Investitionsförderung und Einspeistarifen; einfache Abwicklung und Staffelung bei Investitionsförderungen mit angemessenen Förderquoten ist vorzusehen.
Mittlere Wasserkraft bedarf keiner Förderung aus dem Ökostromtopf, da diese ohnehin zu Marktpreisen produzieren kann.

Die verpflichtende Kofinanzierung aus den Bundesländern bei der Photovoltaik muss abgeschafft werden- es kann nicht sein, dass in einzelnen Bundesländer aufgrund dieser Kofinanzierung keine Anlagen mehr errichtet werden können.

Es muss ein vorrangiger Netzzugang für Ökostrom und innovative Anreize zur Selbstvermarktung enthalten sein.

Effizienzgesetz ist notwendig

Zusätzlich bedarf es eines eigenen Stromspar- und Effizienzgesetzes, damit Österreich seine Klimaschutzverpflichtungen im Strombereich erfüllen kann und den heimischen Konsumenten damit viel Geld erspart.

Auch der Umweltdachverband meint in einer aktuellen Aussendung: "Dieses Ökostromgesetz ist für den Müll!" und fordert neue Verhandlung unter Einbeziehung der Bundesländer, der Ökostrombranche und der NGOs.Der Umweltdachverband appelliert an Bundeskanzler Gusenbauer und Vizekanzler Molterer: "Ab mit dem Entwurf ins Altpapier! Was wir brauchen, ist als allererstes Energiesparen und Effizienzsteigerung und dann ein umwelt- und naturverträgliches Ökostromgesetz nach Vorbild des deutschen Erneuerbaren-Energien-Gesetzes (EEG), das Planungs- und Investitionssicherheit gewährleistet!"


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /