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Vereinigtes Königreich: Der Atomdeal – Viel Lärm um nichts?

AKW Hinkley Point C- Eine unendliche Geschichte

Die Regierung des Vereinigten Königreichs und der Französische Energieversorger EDF haben eine erste Vereinbarung über "die Bedingungen eines vorgeschlagenen Vertrags für das AKW Hinkley Point C" (HPC) inder südwestenglichen Grafschaft Somerset abgeschlossen, womit der Weg zum Bau des ersten AKWs in Großbritannien seit Inbetriebnahme des AKWs Sizewell B im Jahre 1995 geebnet werden sollte.

Die Inbetriebnahme der ersten beiden 1,6 GW Reaktoren in Hinkley Point ist für das Jahr 2023 geplant. Die Regierung hat in ihrer Stellungnahme vom 21. Oktober 2013 gemeint, das AKW HPC (Hinkley Point C) würde damit den Prozess des Ersatzes der bisherigen AKW-Flotte einleiten, von denen die meisten Anlagen zwischen 2020 und 2030 außer Betrieb genommen werden sollen.

Allerdings ist das Projekt HPC mir vielen Schwierigkeiten und potentiellen Verzögerungen konfrontiert. Die Regierung erklärte, dass das Abkommen mit EDF juristisch nicht verbindlich sei. EDF wiederum gab bekannt, dass es kein grünes Licht für den Bau geben werde, solange die EU-Kommission die Vereinbarung zwischen der britischen Regierung und EDF in Bezug auf die Regeln für staatliche Subventionen, welche entwickelt wurden, um Verzerrungen am Europäischen Strommarkt vorzubeugen, nicht freigeben würde. EDF informierte, dass es die abschließende Investitionsentscheidung bis Juli 2014 fällen wird. Die Untersuchung der EU-Kommission könnte aber länger dauern.

Der Sprecher der NGO "Stop Hinkley Point" Nikki Clark sagte: "Die Erklärung sei viel Lärm um nichts," und weiter: "trotz aller Fanfaren und Besuche der Reichen und Berühmten (Gäste) in Hinkley, gebe es weder eine juristisch verbindliche Vereinbarung, noch werde es eine geben, solange die Regierung ihre Pläne nicht in der EU-Kommission durchbringe, was, laut verschiedenen Medienberichten frühestens im Sommer 2014 der Fall sein würde".

Der Labour-Abgeordnete Alan Whitehead meinte: "Das ist nicht wirklich eine Vereinbarung, mehr etwas wie eine hingekritzelte Absichtserklärung und eine ziemlich teure noch dazu.... Momentan scheint es, als würde es dabei viel mehr Dinge geben, die wir nicht wissen, als jene, über welche wir Informationen haben." Whitehead merkte auch an, dass EDF im Jahre 2009 erklärte, es plane in Hinkley Point C im Jahre 2017 Strom zu produzieren. Mit dem derzeitig gültigen Zeitplan gebe es also bereits eine Verzögerung im Projektablauf um sechs Jahre.

Es könnte passieren, dass ökonomische Aspekte, zusammen mit den unzähligen Komplikationen im Zusammenhang mit dem Unglück von Fukushima, das gegenwärtige HPC-Projekt ebenso beenden, wie das mit den Plänen von Margaret Thatcher für HPC auch aufgrund ökonomscher Überlegungen und wegen Tschernobyl passiert war.

Die Stellungnahme der Regierung vom 21. Oktober 2013 geht davon aus, dass die Projektpartner gezwungen sein würden, ab dem ersten Tag der Produktion von Elektrizität Geld in einen Fond einzuzahlen, um für die Kosten für den späteren Rückbau des AKWs und den Umgang mit dem Atommüll, der im Zusammenhang mit HPC anfallen würde, aufzukommen. Allerdings: wo der Atommüll entsorgt werden könnte, wird nicht gesagt. Martin Forwood von der Gruppe "Cumbrians gegen eine radioaktive Umwelt" sagte: "Der Fimmel der Regierung für die Atomkraft, wo Minister sich bemühen, die letzten Groschen zur Unterstützung der Investoren und ihrer Wünsche zusammenzukratzen, wird nur noch von der Entschlossenheit übertroffen, mit welcher der Abfall der Nuklearindustrie in der problematischen Geologie des nordwestlichen Cumbrien verscharrt werden soll".

EPRs

EDF plant, in Hinkley Point und Sizewell sogenannte EPRs (Europäische Druckwasserreaktoren) zu errichten. Nirgendwo in der Welt waren je oder sind derartige EPRs in Betrieb. Der Bau von zwei EPRs in China scheint planmäßig zu verlaufen – wobei aber der Chinesische Staat nicht für seine besondere Transparenz bekannt ist.

Die anderen beiden EPR-Projekte – je ein Reaktor in Finnland und einer in Frankreich erwiesen sich bisher als verheerend. Als in Finnland im Jahre 2003 der Vertrag für einen neuen EPR in diesem Land unterzeichnet worden war, ging man von einem Fertigstellungstermin im Jahre 2009 aus. Momentan rechnet man mit dem Beginn einer kommerziell nutzbaren Inbetriebnahme für das Jahr 2015, also schon sechs Jahr hinter Plan. Dabei gab der Energiekonzern und Kraftwerksbetreiber TVO kürzlich bekannt, dass er für die Möglichkeit bereit sei, dass die Anlage nicht vor 2016, also mit 7 Jahren Verzögerung in Betrieb gehen würde. Die geschätzten Kosten sind von ursprünglich 3 Milliarden € auf mittlerweile 8 Milliarden € explodiert. Die Projektpartner Areva und TVO waren in umfangreiche Rechtsstreitigkeiten in Bezug auf die enstandenen Kostenüberschreitungen verwickelt.

Der französische Flamanville 3 EPRvon EDF ist ebenso weit hinter Plan. Ursprünglich sollte er bereits im Jahre 2012 in Betrieb gehen. Dieses Datum wird jetzt aber mit 2016 angesetzt. Die geschätzten Kosten wuchsen von 3,3 Milliarden € auf jetzt schon 8,5 Milliarden.

Die Zeitung Daily Mail beschrieb das französische EPR-Projekt als eines, welches "mit finanziellem Missmanagement und explodierenden Kosten geplagt sei, Todesfälle von Arbeitern zu verantworten habe, eine erschreckende Unfähigkeit aufweise, Zeitpläne einzuhalten und von Industriechaos sowie riesigen Umweltproblemen geprägt sei". Weiters schreibt die Zeitung, dass es nach wie vor zu Verspätungen, steigenden Kosten und zu Prozessen sowohl vor Kriminal- als auch Zivilgerichtshöfen komme". Ein Bericht der französischen Atomsicherheitsbehörde im Jahre 2011 stellte 13 Zwischenfälle von "Nichtumsetzung der üblichen Sicherheitsmaßnahmen" fest. Auch 2011 wurden zwei ehemalige Angestellte von EDF dafür in Haft genommen, dass sie Anti-Atom-AktivistInnen ausspioniert haben, wofür der Konzern selber mit einer Geldstrafe von 1,2 Millionen Pfund belegt worden ist. Der italienische Partner Enel zog sich schon im Dezember 2012 aus dem Projekt zurück.


Chinesische Partner

Der Konzern EDF informierte über die Absicht von zwei chinesischen Firmen, der "China National Nuclear Corporation" (CNNC) und der "China General Nuclear Corporation" (CGN), in das HPC-Projekt als Minderheitseigentümer zu investieren, nachdem früher schon im Oktober zwischen dem Vereinigten Königreich und der chinesischen Regierung ein sogenanntes Memorandum of Understanding in Bezug auf eine Zusammenarbeit im Bereich der Nuklearenergietechnik unterschrieben worden war.

EDF hat schon 30 Jahre Erfahrung in der Zusammenarbeit mit CGN und CNNC, inklusive eines Joint-Ventures für zwei EPR im chinesischen Taishan.

Laut "Nuclear Energy Insider" wird EDF zwischen 45 % und 50 % der Anteile in diesem Projekt besitzen und CGN und CNNC werden sich 30-40 % untereinander aufteilen. Areva wird 10 % übernehmen und EDF diskutiert mit interessierten Firmen über die verbleibenden etwa 15 %. Dabei wird gerüchteweise auch vom kuwaitischen "Reichtumsfond" und von Quatar gesprochen. Im Jahre 2010 zahlten die kuwaitischen Investitionsbehörden 600 Millionen € für einen 4,8 % - Anteil von Areva.

Von den 4 Hauptpartnern in diesem Projekt, EDF, Areva, CNNC und CGN sind 3 zu 100 % in Staatseigentum, einer zu 85 %. Davon sind 2 Partner französisch und 2 chinesisch.

Nachdem Centrica das HPC-Projekt Anfang des Jahres verlassen hatte, ist nunmehr keine britische Firma mehr als relevanter Projektparter dabei. Der Chef von Centrica Sam Laidlaw sagte, dass seit der ursprünglichen Investitionsphase die voraussichtlichen Kosten bei neuen Atomkraftwerken gestiegen seien, während der Zeitplan für den Bau um mehrere Jahre ausgedehnt worden sei. Auch andere Energieversorgungskonzerne haben sich aus dem Atomprogramm des Vereinigten Königreichs zurückgezogen. Zum Beispiel werden die deutschen Konzerne E.On und RWE ihr Versprechen, in neue AKWs im nordwestwalisischen Anglesey zu investieren, nicht halten.

Der ehemalige Labour-Finanzminister Alictair Darling sagte, das Parlament sollte sich die Finanzierung von neuen AKWs mit öffentlichen Geldern sehr genau ansehen: "Es wird die nächste Generation sein, welche für diese sehr hohen Großhandelspreise von Strom aufkommen werden müsse und der Punkt ist, dass man sich selber die Frage stellen sollte, ob das (...) gut wäre, angesichts des doch ziemlich teuer aussehenden Deals."

Das chinesische Investment in das Nuklearprogramm des Vereinigen Königreichs hat übrigens eine beträchtliche Konsternation ausgelöst. Der Berater John Large sagte: "Wir können sogar schon mit dem französichen Betreiber (EDF) von britischen Atomkraftwerken feststellen, dass es Unterschiede im Funktionieren von Regulationsmechanismen zwischen Frankreich und Großbritannien gibt. Aber diese Probleme würden sich mit den Chinesen weiter verstärken, welche ähnlich wie bei den Russen in einem Regierungssystem ohne unabhängige Sicherheitsregulatorbehörde wurzeln.

Ein Gewerkschaftssprecher vom GMB-Verband sagte, es sei "fast orwellianisch", einem Land wie China, das mit Beschuldigungen von Industriespionage und Hackermethoden gegen Firmen in Verbindung gebracht wird, Zugang zur hochsensiblen Infrastruktur (unseres Landes) zu ermöglichen. Eine Umfrage von Transparency International unter 75 Firmen in größeren, aufsteigenden Volkswirtschaften ergab, dass chinesische Firmen die am wenigsten motivierten Subjekte sind, Finanzinformationen und relevante Details über (ihre) Konzernstruktur zu veröffentlichen, welche gestatten würden, sie zur Rechenschaft zu ziehen.

Chinas eigenes inländisches Nuklearprogramm lässt zweifellos viele Fragen offen. He Zuoxiu, Mitglied der Chinesischen Akademie der Wissenschaften, sagte früher in diesem Jahr, dass "um die Kosten zu reduzieren, das chinesische Design oft Abstriche bei der Sicherheit mache".

Li Yulun, ehemaliger Vizevorsitzender von CNNC, sagte im Oktober, dass "chinesische Politiker der (nuklearen) Sicherheit eine hohe Priorität zugemessen hätten, dass aber Firmen, welche die Projekte umsetzen, oft nicht dasselbe Niveau von Verständnis aufbrächten". Li Yulun merkte dabei an, dass Westinghouse für eine modifizierte Version ihres AP 1000 Reaktors erst eine Genehmigung von den britischen Behörden bekommen müsse, während die chinesischen Sicherheitsbehörden die entsprechende Bewilligung schon vor Jahren erteilt hätten.

Im August 2009 entließ und verhaftete die chinesische Regierung Kang Rixin, den Chef des Konzerns CNNC im Zusammenhang mit einem $ 260 Millionen Korruptionsfall, wobei es um Beschuldigungen der Manipulation von Ausschreibungen beim Bau von AKWs ging.

Der erste Atomreaktor, der gänzlich in China geplant und errichtet wurde – in den 90er Jahren in Qinshan – musste aufgrund von Fehlern im Fundament und bei den Schweißnähten des Stahlbehälters, der den Reaktor selbst enthalten hatte, abgerissen und neu gebaut werden.

Im Jahre 2011 warnte der chinesische Physiker He Zuoxiu, dass wir für einen rapiden Ausbau der Atomkraft "ernsthaft zu wenig vorbereitet sind, besonders im Sicherheitsbereich". Qiang Wang und seine Kollegen von der Chinesischen Akademie der Wissenschaften bemerkten im April 2011, dass China immer noch keine wirklich unabhängige Atomsicherheitsregulatorbehörde habe. Sie merkten auch an, dass Chinas Nuklearadministrationssysteme unter verschiedenen Agenturen aufgeteilt seien. Und auch wenn es um Fragen des Personals und Budgetmöglichkeiten für die Aufsicht der laufenden Reaktoren geht, hinke man in China z.B. den USA, Frankreich und Japan hinterher.

Meldungen von Wikileaks aus dem Jahre 2011 unterstreichen die Geheimnistuerei bei den Ausschreibungen von Aufträgen für Atomkraftwerke in China, beim Einfluss des Lobbyismus der Regierung, bei potentiellen Schwächen im Management und bei der Aufsicht der Regulatorbehörden. Der chinesiche Vertreter von Westinghouse Gavin Liu wurde in einer der Meldungen von Wikilieaks wie folgt zitiert: "Das größte potentielle Nadelöhr sind die Personalreserven – das Organisieren von ausreichend qualifizierten Leuten, um all diese neuen Atomkraftwerke zu bauen und zu betreiben und die Industrie zu regulieren".

Die Vereinbarung zwischen der Regierung des Vereinigten Königreichs und EDF hat traditionelle Rivalitäten auf beiden Seiten des Ärmelkanals wiederbelebt. Die Zeitung "The Daily Mail" erklärte, "warum wir den Franzosen Großbritanniens Atomzukunft nicht anvertrauen können" und beschwerte sich, dass "riesige Profite von den britischen Verbrauchern ermolken würden, welche dann nach Frankreich flössen".


Ökonomisches Pokerspiel

Die meisten Berichte gehen von Schätzungen der Gesamtbaukosten von 16 Milliarden Pfund für die beiden 1,6 GW Reaktoren in Hinkley Point aus, während die "World Nuclear News" eine Kostenschätzung von 14 Milliarden Pfund angeben. Die 16 Milliarden Pfund Schätzung kommt etwa 5 Milliarden Pfund pro GW gleich (8,1 Milliarden $ pro GW).

EDF (und ihren Partnern) wird ein minimaler Preis, ein sogenannter "strike price" für den Strom, welcher in HPC produziert werden soll, garantiert. Wenn die Großhandelspreise am Strommarkt unter diesem "strike-price" liegen sollten, würde die Regierung die Differenz ausgleichen. Wenn die Marktpreise höher sein sollten, würde EDF Geld an die Regierung zurückzahlen müssen. Die Regierung gab bekannt, dass der "strike price" bei 89,50 Pfund pro MWh liegen würde, voll angepasst an die Dynamik des Verbraucherpreisindexes, oder bei 92,50 Pfund, falls EDF keine endgültige Investitionsentscheidung in Bezug auf die geplanten Reaktoren in Sizewell in Suffok treffen würde. Diese Zahlen sind etwa doppel so hoch, wie die derzeitigen Großhandelspreise.

Die Information der Regierung begleitet verschiedene Umstände, welche zu einer steigenden oder fallenden Tendenz des "strike price" führen würden. Der garantierte Mindesteinspeistarif würde 35 Jahre lang gelten.

Paul Dorfman vom "University College London´s Energy Institute" sagte, dieser Deal würde die KonsumentInnen dazu nötigen, eine Energiequelle eine ganze Generation lang zu subventionieren, potentiell auf einem sehr hohen Niveau. Im Gegensatz dazu bedeuten die kurzfristigeren Verträge für erneuerbare Energieträger, dass Subventionen für sie reduzierte werden können, falls die Preise für die Errichtung von Windrädern oder für Photovoltaikanlagen fallen. Dorfman prognostiziert, dass die Kosten für die Atomkraft "stagnieren oder steigen, während die erneuerbaren Energien nichts als billiger werden".

Dorfman sagte, dass das Abkommen zwischen der britischen Regierung und EDF "im Wesentlichen eine Subvention in der Höhe von 800 Millionen bis zu einer Milliarde Pfund pro Jahr sei, welche die SteuerzahlerInnen des Vereinigten Königreichs und EnergieverbraucherInnen in die weit offenen Geldbörsen der (staatlichen) chinesischen und französischen Konzerne zahlen würden, im Wesentlichen somit an die Regierungen dieser Ländern".

Zusätzlich zur Vereinbarung mit dem "strike price" bot die britische Regierung noch an, für das HPC-Projekt Kreditgarantien in der Höhe von bis zu 10 Milliarden Pfund zu übernehmen. In diesem Modell würden Möglichkeiten des Staatsbudgets genutzt, um Garantien für größere Infrastrukturprojekte abgeben zu können.

Die früheren Versprechungen, dass die Atomenergie nicht subventioniert würde, wurden damit klar gebrochen, den unaufrichtigen Behauptungen der Regierung, dass die "strike-price" – Übereinkunft und die Kreditgarantien keine Subventionen darstellen würden, zum Trotz. Mehrere Experten, die diese Vorgänge verfolgten, äußerten ihre Skepsis im Zusammenhang mit dem kürzlich abgehaltenen Hearing der "UK-Umwelt-Audit-Kommission". "Das ist eine gigantische öffentliche Unterstützung in Richtung eines Energiedenkens von gestern", sagte z.B. Alan Simpson, ein ehemaliger Labour-Abgeordnete. "Ich frage mich nur, was wir da letztlich einatmen werden."

Die Regierung hat sich in "kreativer Buchhaltung" und Zahlenpoker versucht. Die Ankündigung vom 21.10.2013 behauptet, "dass das HPC-Projekt langfristig ... die Stromrechnungen der VerbraucherInnen entlasten wird". Wendehalsminister Ed Davey von den Liberaldemokraten meinte dazu aber gleich: "Ich kann das nicht garantieren. Es gibt da riesige Unsicherheitsfaktoren. Es wäre absurd zu sagen, dass wir alles bis in die 2020-er Jahre hinein garantieren könnten."

Seit dem Versprechen im Jahre 2010, dass es keine "öffentlichen Subventionen" für neue Atomkraftwerke geben würde, haben die Minister versucht, die Atomenergie mit "grünen Energiequellen" zusammenzufassen und zu behaupten, dass es keine "unfairen Subventionen für die Atomkraft geben würde, verglichen mit anderen grünen Energiequellen". Diese intellektuelle Verrenkung muss in den kommenden Monaten entwirrt werden, wo Prime Minister Cameron plant, "grüne Belastungen" zu reduzieren .... ohne allerdings die für das Atomprogramm möglichen Subventionen zu kürzen.

Die Behauptungen der Regierung bezüglich der Schaffung neuer Jobs waren ähnlich unaufrichtig. Atomkritiker Tom Burke dazu: "Der Prime Minister hat stolz verkündet, dass das 25.000 Jobs schaffen würde. Er vergaß dabei zu erwähnen, dass davon nur 900 langfristig gesichert wären und dass die meisten der wirklich hochwertigen Jobs im Ausland angesiedelt sein würden. Auch vergaß er dazuzusagen, dass ein geschaffener Job Kosten von etwa 600.000 Pfund verursachen würde. Das scheint vergleichsweise ein ziemlich ungünstiges Ergebnis angesichts der 320.000 Jobs, welche mit der selben Summe im Bereich wirklich sinnvoller Verbesserungen im Energieeffizienzbereich für die britischen Verbraucherinnen und Verbraucher geschaffen werden könnten".

Diese Vereinbarung zwischen unserer Regierung und EDF ist ein weiteres schändliches Beispiel dafür, wie der Profit privatisiert und die Risiken vergesellschaftet werden", bemerkte Burke noch.

Greenpeace-UK Chef John Sauven ergänzt: "Hinkley C besteht keinen einzigen Test – in Bezug auf die Wirtschaftlichkeit, auf die VerbraucherInnen und auch auf die Umwelt. Dieses Projekt wird eine ganze Generation von KonsumentInnen mittels einer strike-price Regelung, die fast zweimal teurer ist als die derzteitigen Marktpreise zu höheren Energierechnungen zwangsverpflichten und wird die Energiepolitik als solche entstellen, indem neuere, sauberere Technologien verdrängt werden, die noch dazu preismäßige dramatisch billiger werden.

Ein Greenpeace Briefingpapier informiert übrigens auch darüber, dass der für HPC geplante strike-price nicht nur beinahe doppelt so hoch wäre, wie der derzeitige Marktpreis für Elektrizität, sondern auch deutlich über 100 % höher, als die ursprüngliche Kostenschätzung des "Department of Energy und Climate Change" für die Atomkraft (38 Pfund pro MWh).

Antony Froggatt vom "Chatham House"-think tank ergänzt, dass EDF im Jahre 2006 für eine Vorlage für einen Energiereview der Regierung davon ausgegangen war, dass EPR-produzierter Strom etwa 28,80 Pfund pro MWh kosten würde (umgerechnet auf 2013-Werte). "Diese mehr als dreifache Steigerung (auf 92,50 Pfund) innerhalb von 8 Jahren hebt die Kosten der Atomenergie auf etwa das Doppelte des derzeitigen Marktpreises - auf einen höheren Wert als sowohl bei Strom aus Gas- oder Kohlekraftwerke, und ist somit teurer als viele Optionen aus dem Bereich der Erneuerbaren Energien", sagte Froggatt.

Sogar der "Atomkonvertit" George Monbiot schließt sich mit scharfer Kritik an: "Vor 7 Jahren sammelte ich alle erhältlichen Kostenschätzungen für die Atomkraft ... 8,3 Pence waren so weit weg von den Werten, welche alle anderen vorausgesagt hatten, dass ich diese Daten als kaum glaubwürdig betrachtete. Das ist um einen Penny weniger, als der Preis, auf den sich nun die Britische Regierung eingelassen hat. Ich unterstütze die Atomkraft immer noch. Aber das bedeutet nicht, dass wir sie um jeden Preis akzeptieren sollten. Und bei Hinkley Point sind die Kosten schlicht zu hoch."

Monbiot fügt noch hinzu: "Das ist nicht der einzige Aspekt, wo der Preis zu hoch ist. Ein fundamentales Prinzip aller Entwicklungen ist, dass wir wissen sollten, wie die Story endet. In diesem Falle hat aber niemand die entfernteste Idee. Cumbria – die einzige Regionalbehörde, welche bereit schien, ein Lager für Atommüll aus vergangener und zukünftiger Herkunft zu akzeptieren, distanzierte sich im Januar vom entsprechenden Vorschlag. Niemand sollte ein Durcheinander in Auftrag geben, ohne einen Plan zu haben, es auch wieder in Ordnung zu bringen.

Monbiots Lösungsvorschlag ist allerdings auch nichts anderes als weltfremd: nicht existierende Flüssigthoriumreaktoren und nicht existierende Integralschnellreaktoren.

Übersetzung aus dem Nuclear Monitor 771- übersetzt von Bernhard RIEPL


Quellen:
https://www.gov.uk/government/news/initial-agreement-reached-on-new-nuclear-power-station-at-hinkley
http://stophinkley.org/PressReleases/pr131022.htm
http://alansenergyblog.wordpress.com/2013/10/24/the-knowns-the-unknowns-and-that-fabulous-nuclear-contract-with-apologies-to-donald-rumsfeld/
http://www.thisiscornwall.co.uk/Hinkley-nuclear-power-station-built/story-19591735-detail/story.html#axzz2muyHLpEC
http://www.corecumbria.co.uk/newsapp/pressreleases/pressmain.asp?StrNewsID=326
http://www.bloomberg.com/news/2010-11-24/china-builds-french-designed-nuclear-reactor-for-40-less-areva-ceo-says.html
http://www.world-nuclear-news.org/NN-Olkiluoto_3_delayed_beyond_2014-1707124.html
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http://www.world-nuclear-news.org/NN-TVO_prepares_for_further_Olkiluoto_3_delay-1102134.html
http://uk.reuters.com/article/2012/12/04/enel-edf-idUKL5E8N4DIJ20121204
http://www.dailymail.co.uk/news/article-2477202/Deaths-chilling-safety-lapses-lawsuits-huge-cost-runs-delays-Why-trust-French-Britains-nuclear-future.html
http://www.reuters.com/article/2013/02/25/areva-nuclear-idUSL6N0BPK4820130225
http://www.powermag.com/agreement-sets-stage-for-construction-of-new-nuclear-plant-in-uk/
http://analysis.nuclearenergyinsider.com/new-build/hinkley-point-c-strikes-price
http://uk.reuters.com/article/2013/10/23/uk-edf-gulf-britain-idUKBRE99M07620131023
http://www.walesonline.co.uk/news/news-opinion/rhodri-morgan-beware-price-promises-6243754
http://www.cnplus.co.uk/news/sectors/infrastructure/energy/treasury-willing-to-back-hinkley-nuclear-plant-with-uk-guarantee/8642244.article
http://www.dailymail.co.uk/news/article-2471115/Nuclear-deal-means-giving-oversight-Britains-electricity.html
http://www.cnplus.co.uk/news/sectors/infrastructure/energy/alistair-darling-uk-must-look-at-publicly-funding-new-nuclear/8654752.article
http://www.theguardian.com/environment/2013/oct/17/nuclear-expert-warning-chinese-role-uk-plants
https://www.chinadialogue.net/article/show/single/en/5808-Chinese-nuclear-disaster-highly-probable-by-2-3-
http://www.scmp.com/business/china-business/article/1325973/china-nuclear-plant-delay-raises-safety-concern

GastautorIn: Bernhard Riepl für oekonews.
Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /