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Anti-Gentechnik vom Feinsten!

"Die Stunde der Wahrheit naht!" - Hochkarätige Veranstaltung verweist auf große Gefahren des Freihandelsabkommens

US-Wirtschaftsimperialismus bedroht Gesundheit der Freien Welt

Wien - Vor den Weihnachtsfeiertagen fand beim Grinzinger Heurigen "ZUM BERGER" eine denkwürdige Veranstaltung statt. Unter dem Titel "Gentechnik - die Stunde der Wahrheit naht" lud KLAUS FAIßNER, freier Journalist, Autor und Gründer der "Initiative Gentechnikverbot" zu einem Vortragsabend in die sehr gediegene und besonders gemütliche Stube des Traditionsbetriebs.

Über 90 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher lehnen Gentechnik am Teller und am Acker sowie Patente auf Leben ab. Nichts desto trotz ist das Thema noch lange nicht "vom Tisch", zu groß sind die gierigen Interessen der einschlägigen Konzerne, die auch großen Druck auf einzelne Regierungen und die EU-Kommission ausüben. 2014 könnte für Lebensmittel und Landwirtschaft zum Jahr der Entscheidung werden. Über das unselige "Transatlantische Freihandelsabkommen" zwischen EU und USA versucht die Agro-Industrie auf Biegen und Brechen bezüglich Gentechnik die "Festung Europa" zu erobern. Die Verhandlungen zum Abkommen sind nicht öffentlich, im Geheimen wird versucht, Verbraucher und Kritiker vor vollendete Tatsachen zu stellen. Im Grunde eine völlig undemokratische und schwer kontraproduktive Vorgangsweise. Im Lichte dieser betrüblichen Situation gab es drei Vorträge und einen Überraschungsauftritt, die allesamt Hoffnung machten und jeder für sich sehr stark beeindrucken konnten.

Den Anfang machte CHRISTIANE LÜST, Gründerin der "Aktion Gen-Klage" aus München, mit ihrem Bericht über die momentan aktuelle zweite Beschwerde gegen die österreichische Regierung wegen Menschenrechtsverletzungen durch Agro-Gentechnik vor der UNO in Genf. Die "Aktion Gen-Klage" wurde 2006 in Hinblick auf juridisches Vorgehen auf EU-Ebene gegen den Vormarsch von Gentechnik gegründet und hat bis dato wichtige Erfolge errungen.

Der Ausschuss für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Menschenrechte behandelt die Eingaben und erteilt den Regierungen Auflagen, welche Kraft des Paktes für nationale Menschenrechte für diese bindend sind. Es geht daher auch darum, diese Auflagen in die Öffentlichkeit zu tragen und sie bei den Regierungen von allen Seiten immer wieder öffentlich einzufordern – umso eher wird Veränderung ermöglicht. Über 150 Länder haben den Pakt unterzeichnet und in Anbetracht dessen, dass in der EU bereits 50 genveränderte Futtermittel zugelassen sind, die hauptsächlich aus Argentinien und Brasilien kommen und die dortige Landbevölkerung und die Böden dramatisch schädigen, tut beherztes Einschreiten not. Es ist völlig widersinnig, nach Deutschland oder Österreich genverändertes Soja zu importieren. Erstens gibt es in Südamerika ausreichend konventionelles Soja und zweitens könnte viel mehr Futtermittel im Inland angebaut werden. Ein Importverbot für Gen-Soja wäre daher absolut sinnvoll. Die "Aktion Gen-Klage" hat übrigens vor kurzem den Entscheid des Europäischen Gerichtshofes für ein endgültiges Verbot der Gentechnik-Kartoffel Amflora erwirkt.

Weiters referierte VOLKER HELLDORFF,Biobauer aus Kärnten und Vertreter der Plattform ‘Ärzte, Bauern und Juristen für gentechnikfreie Nahrung’, über die Vorteile eines gentechnikfreien Österreichs und Europas für Gesundheit, Umwelt und Wirtschaft.
Er verwies auf die dramatischen Mißstände in Argentinien, wo missgebildete Kinder durch die intensive Spritzung der Gentechnikfelder mit Glyphosat (=Roundup) keine Seltenheit sind. Auch die unzureichenden Tests neuer Gentechnik-Nahrungsmittel, international und seitens der EU-Behörde EFSA, sind schlicht unzumutbar für gesundheitsbewußte Bürger/innen. Grundsätzlich betonte HELLDORFF, dass die Agro-Gentechnik weltweit versagt: der Hunger in der Welt wurde verstärkt, da mit Gentechnik weniger geerntet wird und die Ernte außerdem vom Nährwert meist wenig bekömmlich ist. Er erinnerte auch an die bedrohlichen gesundheitlichen Auswirkungen sowohl des "Star Link" Genmaises als auch des genveränderten Tryptophan, deren Opferzahl in den USA in die Zehntausende gehen. Die Behauptungen der Gen-Industrie, Gen-Nahrung wäre sicher und Gen-Anbau würde den Hunger in der Welt verringern, seien gezielte Desinformation und da der Mensch ein Anrecht auf gesunde Nahrung hat, eine gefährliche Fehlentwicklung des "modernen Lebens". Kein Konzern sollte das Recht haben, mit seinen Produkten die Umwelt zu schädigen und die Äcker mit Gift produzierenden Pflanzen zu verseuchen. Die Umweltschäden, welche durch die Ausbringung von Glyphosat (=Roundup) enstehen, haben so gravierend negative Auswirkungen auf Bienen, Grundwasser und Böden, dass sich die Einsicht aufdrängt, dieses weitverbreitete und kontraproduktive Mittel schleunigst zu verbieten. Bienen zum Beispiel sterben, wenn sie nur einem Hauch von Glyphosat ausgesetzt sind, das Grundwasser wird durch einsickerndes Roundup nachhaltig vergiftet.

Auch wirtschaftlich beschert Gentechnik überdimensionale Pleiten: Der deutsche
Chemie-Konzern BAYER wurde in den USA zu 517 Millionen € Schadenersatz verdonnert, wegen der selbständigen Weiterverbreitung von genveränderten Reispflanzen in die Umgebung, ausgehend von einem kleinen Versuchsacker. Dem amerikanischem Reisexport war so ein Milliardenschaden entstanden.
HELLDORFF vertritt aus diesen Gründen die Ansicht, dass ein gentechfreies Europa - und natürlich ebenso Österreich - einen wesentlichen Wettbewerbsvorteil bezüglich Lebensmittelexporten aber auch Fremdenverkehr für sich verbuchen können. Diesen Vorteil dem Druck skrupelloser Geschäftemacherei zu opfern, wäre ebenso dumm wie unverantwortlich.

Gastgeber KLAUS FAIßNER sprach anschließend über die bedrohlichen Gefahren des momentan in Verhandlung befindlichen "Freihandelsabkommen TIPP" zwischen den USA und der EU. Die Gespräche zeichnen sich vor allem durch Intransparenz (die Verhandlungen werden geheim abgehalten) und ein brüskierend undemokratisches Vorgehen aus. Im Grunde genommen eine neoliberale Farce, ein beispielloses "Drüberfahren" über menschenwürdige und enkeltaugliche Interessen zu Gunsten von kurzsichtiger Geschäftemacherei, die sich offensichtlich zum Ziel gesetzt hat, die europäischen Umweltstandards zu unterlaufen und auszuhebeln. Eine drastische Verschlechterung von Lebensmittel- und Umweltstandards zugunsten der Gentechindustrie ist ebenso zu befürchten wie eine Gentechnikflut. Hormon-, Klon- und Chlorfleisch auf unseren Tellern wären eine mögliche Folge. Schon heute rangiert die amerikanische Bevölkerung kraft ungesunder Lebens- und Ernährungsweise auf bemitleidenswerten Plätzen im internationalem Gesundheitsvergleich - die Lebenserwartung ist sogar durch immer mehr zunehmende Zivilsationskrankheiten gesunken! In den USA läuft offenbar in diesem Bereich so viel falsch und aus dem Ruder, dass es absurd anmutet, die wirtschaftlichen Begehrlichkeiten eines selbstzerstörerischen Systems überhaupt ernst zu nehmen und über gierige Konzerninteressen zu verhandeln. In vieler Hinsicht sind die USA mit dem Wirtschaftsliberalismus am Ende - die EU sollte wachsam sein und auf Distanz zu diesem Abwärtstrend gehen. Ob dafür aber die nötige Vernunft und Weitsicht seitens der EU-Verhandler geben ist, bleibt sehr dahingestellt. In Anbetracht, dass der EU-Verhandlungsführer Handelskommissar KAREL de GUCHT in seiner belgischen Heimat wegen Steuerhinterziehung vor Gericht steht, will sich da nicht viel Hoffnung für einen vernünftigen Einsatz fürs Gemeinwohl breitmachen. Die materialistische Ausrichtung der aktuellen EU in diesem Bereich, die mehr den Geschäftsinteressen ausschließlich profitorientierter Konzerne, als dem Allgemeinwohl der Bürgerinnen geneigt ist, nimmt FAIßNER auf´s Korn. Er vertritt die These, dass nur ein selbst-bestimmter Nationalstaat sich vor internationalen Machenschaften und Absenken der Regulierungsstandards auf US-amerikanisches Niveau erfolgreich wehren kann. Und empfiehlt daher aus diesen Gründen einen österreichischen EU-Austritt. Möglicherweise wäre dies die letzte Konsequenz sich von der schleichenden kollektiven Selbstzerstörung abzukoppeln.

Unangekündigt und völlig überraschend erschien bei der Versammlung GOTTFRIED GLÖCKNER, legendäre Galionsfigur im Kampf gegen Gentechnik aus Hessen. GLÖCKNER war aus Erl in Tirol angereist, wo er wenige Tage zuvor einem Vortrag seines brasilianischen Kollegen Prof. ANTONIO ANDRIOLI von der Universidade Federal da Fronteira Sud in Brasilien beigewohnt hatte.
GOTTFRIED GLÖCKNER hat ein schweres Schicksal im Kampf gegen Gentechnik hinter sich. Er hat nach der Verfütterung von Genmais seine gesamte Rinderherde und damit seine materielle Existenz verloren, ist mit seinem Fall an die Öffentlichkeit gegangen und als Botschafter für Gentechnikfreiheit aufgetreten. Darauf wurde er vom betroffenen Konzern verleumdet und ähnlich wie Wiki-leaks Gründer ASSANGE skrupellos verfolgt und erst jüngst rehabilitiert und entschädigt. Heute gilt er als international anerkannter Experte in Sachen Gentechnik und ist unter anderem Berater der russischen Regierung, die vernünftiger Weise eine radikalen Anti-Gen-Kurs fährt. GOTTFRIED GLÖCKNER fand sehr bewegende Worte und berichtete von einer kürzlich stattgefundenen internationalen Veranstaltung der russischen Regierung über Gentechnik in Moskau, welche die Ablehnung der Machthaber gegenüber Agro-Gentechnik deutlich unterstrich.

Dazu ein entsprechender Bericht über die Situation in Russland:
sustainablepulse.com/2013/09/25/russia-considers-total-ban-on-all-gmo-products

Seite von Christiane Lüst und ihrer Initiative:
www.stopptgennahrungsmittel.de

Man war sich einig, dass angesichts dieser dramatischen Entwicklungen nachdrücklich an die Forderung des Gentechnik-Volksbegehrens von 1997 erinnert werden muss:

Die Bürger/innen Österreichs wollen ein generelles Gentechnikverbot!

Bei vorzüglicher und selbstverständlich absolut genfreier Kost fand der Abend im bezauberndem Ambiente der gediegenen Grinzinger Heurigen-Institution seinen würdigen Abschluss.




P.S.: An sämtliche im Parlament aktuell vertretenen Parteien: SPÖ, ÖVP, Grüne, Team Stronach und Neos waren Einladungen zu dieser informativen und brisanten Veranstaltung ergangen. Reagiert hat einzig die FPÖ, sie war durch NR Abg. Johannes Hübner vertreten.

PS aus der OEKONEWS-Redaktion: Wir hoffen natürlich, dass alle anderen Parteien ebenfalls den Anti-Gentechnik-Kurs Österreichs weiterhin mittragen. Zumindest aus den Bundesländern gibt es klare Statements.


Artikel Online geschaltet von: / hackenberg /