© Wir haben es satt
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EU-Saatgutverordnung vor dem Scheitern

Zivilgesellschaftlicher Protest kann umstrittene Verordnung kippen - Bei Demo in Berlin am Samstag großes Thema!

Wien/Berlin - Der Entwurf der Europäischen Kommission für eine neue EU-Saatgutverordnung steht vor dem Scheitern. Nach vielfältigen Protesten der Zivilgesellschaft und einer halben Million
Unterschriften für die Kampagne "Freiheit für die Vielfalt" gegen die Verordnung allein in Deutschland und Österreich wollen jetzt sämtliche Fraktionen des Europäischen Parlamentes den Entwurf
ablehnen. Eine kleine Sensation! In einer informellen Sitzung des EU-Agrar-Ausschusses einigten sich die Fraktionen am Montag darauf, die Verordnung abzulehnen und an die Kommission zurück zu weisen. Kritisiert werden etwa die unverhältnismäßig hohen bürokratischen Hürden und mangelnder Spielraum für den Erhalt der Artenvielfalt. Die politische Entscheidung im federführenden Agrar- sowie im Umweltausschuss fällt voraussichtlich Anfang Februar 2014.

Anschließend muss noch das Plenum des EU-Parlaments darüber abstimmen.

"Wir freuen uns sehr über diesen Vorstoß der Fraktionen, der Saatgutverordnung der EU-Kommission eine Absage zu erteilen. Die Verordnung bedroht die Saatgut-Vielfalt und würde für die Nutzung und
den Austausch vieler lokal angepasster Obst-, Gemüse- und Getreidesorten das Ende bedeuten", kommentiert Heidemarie Porstner, Agrarsprecherin von GLOBAL 2000. "Es darf aber nicht bloß darum
gehen, ein brisantes Thema vor den Europawahlen im Mai unter den Tisch zu kehren. Die EU-ParlamentarierInnen müssen zeigen, dass sie sich tatsächlich für mehr Vielfalt und faire Bedingungen für kleine und biologische Züchter einsetzen", fordert Iga Niznik, politische
Referentin der ARCHE NOAH. "Die Abgeordneten müssen der Kommission klare Aufträge zur Verbesserung der Verordnung mitgeben. Lokale und traditionelle, aber auch neue samenfeste Sorten müssen einfach genutzt, verbreitet und verkauft werden können."

Niznik und Porstner betonen, dass "die Ablehnung jetzt die Chance für eine völlige Neuausrichtung des Saatgut- und Pflanzgutverkehrsrechts eröffnet. Denn die gegenwärtige Politik will die Vielfalt auf Nischen beschränken und zäumt das Pferd damit von hinten auf. Die Vielfalt muss ein anerkannter Standard werden - auf Augenhöhe mit dem Industriestandard." Öko-Sorten sind anders als Industriepflanzen und brauchen faire Regeln beim Zugang zum Markt. Züchter sollen offenlegen, wenn sie mit Gentechnik arbeiten. Die Menschen sollen tauschen und schenken können, was ihnen gefällt. Die Weitergabe von Samen und Pflanzgut ist unser aller Recht - und bei gefährdeten
Pflanzen eine Pflicht.

Die Mitglieder der Kampagne "Freiheit für die Vielfalt" werden am 18. Jänner bei der Demonstration "Wir haben es satt" in Berlin mit einer Kundgebung vor dem Landwirtschaftsministerium für die Förderung der Saatgut-Vielfalt demonstrieren. Die Kampagne wird getragen von Arche Noah, GLOBAL 2000, Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft, Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft, IG Nachbau, Campact, Save Our Seeds, Zukunftsstiftung Landwirtschaft und Kultursaat e.V..

Online-Appelle der Kampagne haben in Deutschland 250.000 Menschen und in Österreich 290.000 Menschen unterzeichnet. Einzelheiten finden Sie unter www.freievielfalt.at

Anträge der Fraktionen (auf Englisch):
www.europarl.europa.eu/committees/de/agri/amendments.html


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /