© Ehrenhauser /EU-Abgeordneter Martin Ehrenhauser fordert Gespräche
© Ehrenhauser /EU-Abgeordneter Martin Ehrenhauser fordert Gespräche

Freihandelsabkommen: Offene Gespräche auf Basis unserer umweltpolitischen und sozialen Standards

Das europäisch-US-amerikanische Freihandelsabkommen war heute, Mittwoch, in der Nationalratssitzung Thema der Aktuellen Stunde des Parlaments: Umwelt-und Sozialstandards standen im Mittelpunkt.

Wien - "Fakten auf den Tisch. Stopp dem Aushöhlen von Umwelt-und Sozialstandards durch ein europäisch-amerikanisches Freihandelsabkommen" (TTIP). Dieses Thema machten die Grünen am Mittwoch in der Nationalratssitzung zum Thema der Aktuellen Stunde.

"Österreich kann sich innerhalb der Europäischen Union zu Recht, wenn es um Lebensmittel, Gentechnik und andere wesentliche Fragen der Umweltpolitik geht, darauf berufen, dass wir in vielen Bereichen die höchsten Standards haben", betonte Bundeskanzler Werner Faymann. Daher dränge sich natürlich die Frage auf, ob ausreichend Schutz geboten werde, für Regeln die uns so wichtig sind.

"Die Diskussionen werden auf dem Boden unserer umweltpolitischen und sozialen Standards geführt. Mehr Markt und mehr Chancen für österreichische und europäische Unternehmen ist ein Ziel, das nicht im Widerspruch stehen darf zu unseren Vorgaben", meinte der Bundeskanzler.

Die Frage sei deshalb, was bewirke das Freihandelsabkommen für Europa und Österreich. Der Handel zwischen der europäischen Union und den Vereinigten Staaten beträgt zwei Milliarden Euro an Waren und Güter pro Tag. "Die zentrale Frage ist daher, gibt es Vorteile eines Handelsabkommens die unsere hohen Umweltstandards nicht gefährden?" so Faymann. Es könne zu Verbesserungen der europäischen und österreichischen Wirtschaft kommen zum Beispiel durch die Schaffung neuer Arbeitsplätze.

Wenn eine Ausweitung der Handelsbeziehungen sinnhaft sei, werde Österreich zustimmen. "Wenn wir aber der Meinung sind, dass ein Handelsabkommen eine Verschlechterung für unsere Umwelt- und Sozialstandards bedeutet, werden wir dem nicht zustimmen", betonte der Bundeskanzler.

Die Frage der Transparenz dieser Diskussion stehe daher im Mittelpunkt. Die Unterbrechung der Verhandlungen im Bereich des Investitionsschutzes, um die öffentliche Diskussion mit den Sozialpartnern, NGOs und Arbeitnehmervertretern zu führen, sei wichtig um österreichische Interessen zu wahren. "Denn das Investitionsschutzabkommen soll keine versteckte Hintertür für Privatisierungen sein!"
ÖVP-Abg. Niki Berlakovich erklärte: "Die europäischen Standards in verschiedenen Bereichen wie zum Beispiel im Verbraucher-, Gesundheits- und Umweltschutz müssen gesichert und dürfen nicht ausgehöhlt werden." Er ging auf die österreichischen "Knackpunkte" ein. Es dürfe kein Abrücken von der strengen Politik der EU hinsichtlich gentechnisch veränderter Organismen geben. "Wir wollen kein gentechnisch verändertes Fleisch, kein Chlor-Hendl und kein Hormonfleisch", so der Abgeordnete. Und es dürfe keinen Missbrauch von Investitionsschutzinstrumenten zu Lasten der Umwelt, der Gesundheit und der Landwirtschaft geben. Gefährdet sei zudem das in Europa geltende Vorsorgeprinzip: "Es verpflichtet Unternehmen nachzuweisen, dass ihre Produkte unschädlich sind. In den USA ist das genau umgekehrt."

Derzeit wird das Abkommen von der EU-Kommission mit den USA verhandelt, danach ist die Zustimmung vom EU-Rat und vom EU-Parlament notwendig, bevor das fertige Abkommen von allen 28 Mitgliedsländern ratifiziert werden muss. Im Rahmen dieser Ratifikationsprozesse werden die endgültigen Texte des Abkommens der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Wichtig ist, dass die hohen Standards erhalten bleiben und das nationale Parlament eingebunden ist, meint Berlakovich.

Team Stronach Umweltsprecherin Ulla Weigerstorfer kritisierte die fehlenden Informationen rund um die Verhandlungen des Freihandelsabkommens. "Gerade jetzt ist US-Präsident Obama zu Verhandlungen in Brüssel - und am Abend werden wir wieder keine Informationen bekommen", so Weigerstorfer, die warnte, dass das geplante Freihandelsabkommen "ein Anschlag auf die Grundprinzipien der Demokratie ist!" Nach dem gestern, Dienstag, von ihr initiierten Runden Tisch, an dem alle Parlamentsparteien teilgenommen haben, regte Weigerstorfer eine Enquete zum Freihandelsabkommen an. Weigerstorfer wies auch darauf hin, dass in den USA 80 Prozent aller Rinder Hormone erhalten "und das schon seit 60 Jahren!" Die Inhalte des Freihandelsabkommens würden auch Konzernen wie Monsanto den Weg nach Europa freimachen. "Monsanto - da läuten bei mir alle Alarmglocken!", erklärte Weigerstorfer.

"Mehr Transparenz in das gesamte Handlungsgefüge des Transatlantischen Freihandelsabkommen (TTIP)" bringen will die SPÖ-Sprecherin für KonsumentInnenschutz, Elisabeth Grossmann. "Wir wollen nicht, dass das Abkommen KonsumentInnen-, ArbeitnehmerInnen-, Sozialstandards und Umweltschutz über die USA aushebelt. Deshalb müssen wir genau prüfen, ob hier nicht Risiken und Gefahren für unsere gesamte Lebensqualität enthalten sind."

"Ich habe bereits eine parlamentarische Anfrage an den zuständigen Wirtschaftsminister Mitterlehner geschickt, der hier eingebunden ist. Der Minister geht davon aus, dass Österreich überproportional von dem Abkommen profitieren könnte", so Grossmann. "Doch soziale und ökologische Ziele dürfen keinesfalls den wirtschaftlichen Zielen untergeordnet werden."

"Um eines klar zu stellen: Wir bekennen uns klar zum freien Handel als wesentlichen Garant für ein friedliches Miteinander. Aber: Wir können ein Freihandelsabkommen wie TTIP, wie es sich derzeit darstellt, weder auf nationaler noch europäischer Ebene unterstützen", erklärt NEOS Nationalratsabgeordnete Angelika Mlinar. Es sind vor allem drei Punkte, die ihrer Meinung nach noch nicht erfüllt sind: Transparenz, annehmbare Regelungen für die Streitbeilegung sowie die Festlegung hoher transatlantischer Standards.


"Angesichts so breiter wie anhaltender - und durchwegs berechtigter - Kritik an dem mutmaßlich unausgegorenen und jedenfalls blickdicht verschleierten Hau-Ruck-Konzept der EU-Verhandler aufs Tempo zu drücken und ein Abkommen für nächstes Jahr in Aussicht zu stellen, ist demaskierend", befindet der freiheitliche Generalsekretär NAbg. Harald Vilimsky.

Wichtige Fragen an US-Präsident Barack Obama

In Brüssel wird unter anderem das EU-Parlament über TTIP entscheiden. "Mr. Obama, you need to talk to the Parliament. " so der fraktionslose EU-Abgeordnete Martin Ehrenhauser, der sich darüber ärgert, dass nur sehr wenige Abgeordnete zu einer Ansprache des US-Präsidenten Obama vor sorgfältig ausgewählten Gästen im Brüsseler "Bozar" eingeladen wurden.

Der fraktionslose EU-Abgeordnete Martin Ehrenhauser dazu: "Eine offene und kritische Aussprache mit allen Abgeordneten im EU-Parlament über aktuelle Konfliktthemen wäre ein starkes Signal gewesen. Durchgeplante Redebeiträge vor ausgewählter Kulisse, werden den Redebedarf zwischen der USA und der EU nicht stillen. Es gibt viele offene Fragen zu diskutieren! Bitte um eine Antwort des US-Präsidenten: " Warum werden die Verhandlungen zu TTIP hinter verschlossenen Türen geführt und nicht unter weitreichender Einbindung der Zivilgesellschaft?"

Mehr dazu: Globale Augenauswischerei


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /