Wirtschaftsausschuss: Ökostromgesetz-Novelle plenumsreif

Neue Anlagen sollen Ökostromanteil bis 2015 auf 15 % steigern

Wien-Gestern tagte in Wien der Wirtschaftsausschuss des Parlaments- auf der Tagesordnung stand die Ökostromgesetzes-Novelle.

Strom aus erneuerbaren Energieträgern soll bis 2015 einen Anteil von 15 % am Verbrauch erreichen. Dafür sollen der Neubau und die Erweiterung von Laufkraftwerken sowie von Windkraftanlagen im Rahmen von Masterplänen der Länder und zusätzliche Biomasseanlagen sorgen. Die Nutzung von Ablauge in Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen wird in die Ökostrom-Förderung einbezogen. Das zusätzliche jährliche Unterstützungsvolumen wird von 17 Mill. Euro auf 21 Mill. Euro aufgestockt und die Vergabe der Mittel flexibler gestaltet. Durch hohe Rohstoffpreise gefährdete Ökostromanlagen sollen über 2008 hinaus einen Zuschlag von höchstens 4 Cent/kWh erhalten, gleichzeitig wird festgehalten, dass Agrarrohstoffe optimal, also nicht um jeden Preis energetisch genutzt werden sollen. Zudem sind Investitionen in die Energieeffizienz und mehr Förderungen für die Photovoltaik vorgesehen.

Über den Regierungsentwurf für eine zweite Ökostromgesetz-Novelle (553 d.B.) hinaus empfahl der Wirtschaftsausschuss dem Plenum durch Annahme eines Abänderungsantrages der Abgeordneten Karlheinz Kopf (V) und Hannes Bauer (S) Maßnahmen zur Beschleunigung des Ökostromausbaus. Kleinwasserkraftwerke mit weniger als 2 MW Leistung können demnach mit höheren Investitionszuschüssen und Anlagen bis zu 500 kW mit einfacheren Förderungsverfahren rechnen. Die "Warteschleife" bei Anträgen für einen Ökoenergie-Abnahmevertrag wird von 2 auf 4 Jahre verlängert. Das Verbot der Doppelförderung entfällt - mit Ausnahmen bei der Photovoltaik -, statt dessen sind EU-konforme Förderungsobergrenzen vorgesehen. Die zeitliche Begrenzung bei der Abnahmepflicht von Ökoenergie zu Marktpreisen abzüglich der Ausgleichsenergie-Kosten entfällt ebenso wie die Ko-Finanzierung der Länder als Förderungsvoraussetzung für Photovoltaikanlagen; diese erhalten überdies 2,1 Mill. Euro mehr Unterstützung pro Jahr. Erweitert wird auch die Verstromung von Biogasen in Mischfeuerungsanlagen.

Im Zusammenhang mit der Verabschiedung der zweiten Öko- Stromgesetznovelle verabschiedete der Wirtschaftsausschuss einen Gesetzentwurf zur EU-konformen Unterstützung von Kraft-Wärme- Kopplungsanlagen, in denen fossile Brennstoffe eingesetzt werden (554 d.B.), samt S-V-Abänderungsantrag für Übergangsregelungen mit S-V- Mehrheit. Ausschussfeststellungen bezogen sich auf das Gleichgewicht von Produktion und Angebot von Nahrungs- und Futtermitteln einerseits und dem energetischen Einsatz von Biomasse andererseits sowie auf die Berücksichtigung von Menschen mit niedrigem Einkommen und auf die rechtzeitige Vorlage einer Novelle zum Heizkostenabrechnungsgesetz. Der von Abgeordneter Ruperta Lichtenecker vertretene G- Entschließungsantrag mit "Grünen Eckpunkten für ein Ökostromgesetz" (424/A[E]) wurde mit S-V-Mehrheit vertagt. Die Anfang des Jahres inhaltlich bereits erledigte Regierungsvorlage 438 d.B. wurde vertagt. Die von der EU verlangte Reparatur dieses Gesetzes enthalte die Zweite Ökostromgesetz-Novelle, erklärte Abgeordneter Karlheinz Kopf (V), der die Vertagung begründete.

Die Debatte wurde von den Abgeordneten Ruperta Lichtenecker (G) und Bernhard Themessl (F) mit übereinstimmenden Protesten gegen die Vorgangsweise der Regierungsparteien bei der Vorlage der Ökostromgesetz-Novelle eröffnet. Die Opposition habe den umfassenden Abänderungsantrag erst gestern Abend übermittelt erhalten, klagten Lichtenecker und Themessl.

Abgeordnete Lichtenecker (G) begründete die Ablehnung der Zweiten Ökostromgesetz-Novelle durch ihre Fraktion, indem sie von "reiner Kosmetik" sprach, die Chancen für Volkswirtschaft und Ökostrom-Firmen ungenutzt lasse und es verabsäume, die steigenden Strompreise durch den Einsatz erneuerbarer Energieträger zu stabilisieren. So bestehe keine Aussicht, den Ökostromanteil wie versprochen zu verdoppeln oder die CO2-Belastung im möglichen Ausmaß zu senken, kritisierte die Abgeordnete. Die Kleinwasserkraft werde auf eine Investitionsförderung umgestellt, obwohl diese Einspeistarife brauche, kritisierte Lichtenecker und warf der Bundesregierung vor, den Nutzen der Ökostromproduktion für die Volkswirtschaft zu ignorieren.

Abgeordneter Karlheinz Kopf (V) replizierte mit dem Hinweis auf die gute Aufnahme der Novelle bei Firmen, die sich mit der Ökostromproduktion befassen. Schon das "Ökostromgesetz alt" habe es erlaubt, den Ökostromanteil in drei Jahren von 1 % auf 8 % zu steigern. Der Kritik an der Novelle des Jahres 2006, die Einschränkungen gebracht habe, wie Kopf einräumte, sei durch Verlängerung der Laufzeiten entsprochen worden, sagte der Redner und erläuterte im Detail die Verbesserungen, die die Novelle für die Ökostromproduktion bringe. Es würden alle Hürden aus dem Weg geräumt, damit die von 17 Mill. € auf 21 Mill. € aufgestockten Förderungsmittel eingesetzt werden können.

Abgeordneter Bernhard Themessl (F) zitierte hingegen den ehemaligen Landwirtschaftsminister Fischler, der die Ökostromgesetz-Novelle als einen "faulen Kompromiss" bezeichnet habe, und lehnte die Vorlage von Seiten seiner Fraktion ab, weil damit auf die sinnvolle Nutzung vorhandener Energiequellen verzichtet werde.

Abgeordneter Hannes Bauer (S) meinte, es könne nach der langen Diskussion über die Ökostromgesetz-Novelle niemand überrascht sein, dass nun ein ausformulierter Gesetzentwurf in den Ausschuss eingebracht werde. Die Richtung, in die die Novelle und die damit zusammenhängenden Gesetze weisen, stimme, weil sie eine CO2- Einsparung von insgesamt 6 Mill. t ermögliche. Viele Aspekte der Konsumenten, der Landwirtschaft und der energieintensiven Industrie waren zu beachten und seien gut gelöst worden. Ausdrücklich begrüßte der Redner die Absicht, in der Biogaserzeugung von Nahrungsmitteln als Rohstoffe wegzukommen. Die Novelle sei ein Schritt in Richtung einer sozial verträglichen Energiewende unter Aufrechterhaltung einer sicheren Versorgung.

Abgeordneter Konrad Steindl (V) beurteilte die Sicherung von Biogasanlagen positiv, verwies auf den schon heute hohen Ökostromanteil an der Energieproduktion und hielt die Deckelung der Ökostrombeiträge für wichtig, um Strompreiserhöhungen nicht ausufern zu lassen.

Abgeordneter Veit Schalle (B) hielt es für unverständlich, dass die Bundesregierung auf eine vorrangige Förderung der Spitzenstromproduktion auf Basis von Photovoltaik verzichte.

Abgeordneter Hermann Schultes (V) sprach von einem erfreulichen Ergebnis schwieriger Verhandlungen unter guter Koordination des Bundesministers. Der Spielraum für eine regional angepasste Entwicklung dezentraler Stromherstellung werde deutlich vergrößert, die Photovoltaik sowie die Kleinwasserkraft gefördert und die Energieeffizienz sowie die Abwärmenutzung verbessert.

Wirtschaftsminister Martin Bartenstein hielt die vorliegende Novelle für "das Beste, was bei diesem komplexen Thema zu machen ist". Sie berücksichtige die Interessen unterschiedlicher Gruppen sowie aktuelle Entwicklungen in den Bereichen Biosprit und Energiepreise. Im Vordergrund stehe die CO2-Einsparung. Dabei wies Bartenstein darauf hin, dass die Wasserkraft derzeit 20 Mill. t CO2 einspare, und informierte über die Kosten für die CO2-Reduktion pro Tonne im Hinblick auf die einzelnen Energieträger: 70 € bei der Windkraft, 165 € bei fester Biomasse, 170 € bei Biogas, aber 1.300 € bei Photovoltaik. Dennoch werde der Spielraum zur Förderung von Photovoltaikanlagen mit Hilfe des KLI.EN-Fonds deutlich vergrößert. Rohstoffabhängige Anlagen werden eine sichere Rohstoffversorgung nachweisen müssen.

Der Förderungsdeckel sei nur für die Photovoltaik absolut, sagte der Minister und kündigte eine Evaluierung an, wenn der Deckel erreicht werde. Den Schutz energieintensiver Industrien hielt der Minister für notwendig. Ausdrücklich bekannte er sich zur Förderung der Kraft- Wärme-Kopplung und kündigte ein Gesetz zur Förderung der Errichtung von Fernwärme- und Fernkälteleitungen mit 16 Mill. € pro Jahr an, wovon er sich eine CO2-Einsparung von 3 Mill. t pro Jahr erwarte. Gegenüber Abgeordneter Lichtenecker verteidigte der Minister die vorliegende umfassende Novelle zum Ökostromgesetz. "Wir brauchen keine Totalreform".

Im weiteren Verlauf der Debatte erinnerte Abgeordneter Werner Kogler (G) an das vehemente Eintreten von Landespolitikern für eine Ökostromgesetz-Novelle nach Vorbild des deutschen Erneuerbare Energien-Gesetzes. Im Hinblick auf den geplanten Ausbau der Wasserkraft machte Kogler darauf aufmerksam, dass auch die Erhaltung intakter Natur einen Wert darstelle, den es zu berücksichtigen gelte.

Wirtschaftsminister Bartenstein und Abgeordneter Hannes Bauer (S) reagierten mit dem Hinweis darauf, dass Österreich höhere Ökostromanteile erreicht habe als Deutschland, obwohl es auf Atomstrom verzichte. Bartenstein sprach sich dafür aus, den Strom aus Wasserkraft generell als Ökostrom zu betrachten. (Schluss)

Quelle: Aussendung der Parlamentskorrespondenz



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Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /