© WWF, David Prokop / Die Tiere maschierten zum Umweltministerium
© WWF, David Prokop / Die Tiere maschierten zum Umweltministerium

Alpentiere stürmen Büro von Umweltminister Rupprechter

20.000 Unterschriften gegen Tiroler Megakraftwerk Kaunertal übergeben - Protest

Wien – Quaken, Zwitschern, Heulen, Brummen, Krähen .. LAUT machen die Tiere ihren Unmut klar!

Heute Mittag zogen mehr als 30 Umweltaktivisten, darunter viele als Alpentiere verkleidet, über die Wiener Ringstraße ins Lebensministerium zu Bundesminister Andrä Rupprechter. Ihr Protest gegen die drohende Zerstörung wertvoller Tiroler Natur und ihrer Lebensräume durch den Ausbau des Kraftwerks Kaunertal war nicht zu überhören.

Stellvertretend für Tausende besorgte Bürger überreichten "die Tiere" dem Umweltminister eine Petition zur Rettung der Tiroler Alpentäler und Flussjuwelen vor dem Zugriff der E-Wirtschaft. Hintergrund der gemeinsamen Aktion der größten heimischen Umweltorganisationen ist der immer mehr wachsende Protest gegen die Errichtung von sechs Großkraftwerken im Oberinntal und besonders gegen das umstrittene Kaunertal-Projekt der Tiroler Wasserkraft AG (TIWAG). WWF, Greenpeace, GLOBAL 2000 und das ÖKOBÜRO appellierten an Minister Rupprechter, den TIWAG-Plänen eine klare Absage zu erteilen und die ökologisch verheerenden Kraftwerke rasch zurückzuweisen.

Seit dem Jahr 2007 hat die TIWAG unter Ausschluss der Öffentlichkeit an einem Rahmenplan für sechs Großkraftwerke im Tiroler Oberland gearbeitet. Erst vor wenigen Wochen erhielten die Zivilgesellschaft und die Umwelt- und Naturschutzverbände die Möglichkeit, dazu Stellung zu nehmen. Obwohl die Zeit extrem knapp bemessen war, gingen rund 60 Stellungnahmen im Umweltministerium ein, von denen die meisten die Kraftwerkspläne ablehnen oder kritisch betrachten.

Klarer Appell an den Minister

‘Wir appellieren an den aus Tirol stammenden Minister, der sich in seiner Jugend für die Erhaltung von wertvollen Naturjuwelen eingesetzt hat, nun auch vehement für die Flussheiligtümer des Tiroler Oberlandes einzutreten. Die europaweit bedeutenden Flüsse Venter und Gurgler Ache dürfen nicht für Wasserkraftwerke geopfert werden’, warnt Christoph Walder, Leiter des WWF Tirol. Andrä Rupprechter darf nicht zulassen, dass für die Profitgier eines Energieversorgers hunderte Hektar wertvollster alpiner Lebensräume überstaut und auch noch die letzten intakten Flüsse im hintersten Ötztal geopfert werden.

Die beachtliche Anzahl von knapp 20.000 Unterstützern der Petition ‘Nein zum Ausbau des Kraftwerks Kaunertal’ unterstreicht die massive Kritik von Naturfreunden aus ganz Österreich.

"Alles andere als die sofortige Zurückweisung des TIWAG-Planes durch den Umweltminister wäre ökologisch und demokratiepolitisch nicht zu rechtfertigen’, ist Hanna Simons, umweltpolitische Direktorin von Greenpeace, überzeugt. ‘Wir lehnen die Wasserkraft nicht grundsätzlich ab und sehen sie als wichtigen Beitrag zur Umstellung auf eine Atomkraft- und CO2-freie Energieversorgung in Europa. Doch dürfen keinesfalls unter dem Deckmantel der Energiewende die letzten Naturparadiese und unberührte Flussheiligtümer im Ötztal zerstört werden’, betont Simons.

Der Wasserwirtschaftsplan der TIWAG wird derzeit von Umweltminister Rupprechter auf seine Genehmigungsfähigkeit geprüft. ‘In einem wasserwirtschaftlichen Rahmenplan müssen die Interessen am Schutz und der Sanierung der Gewässer gegenüber den Nutzungsinteressen für die Wasserkraft überwiegen. Weil der TIWAG-Plan aber die Absicht hat, die Tiroler Gewässer zu beeinträchtigen, abzuleiten oder aufzustauen, darf Minister Rupprechter diesen Plan schon rein rechtlich nicht anerkennen’, erklärt Thomas Alge, Geschäftsführer von ÖKOBÜRO – Allianz der Umweltorganisationen.

Offener Diskussions- und Beteiligungsprozess dringendst notwendig

Für die Umweltorganisation GLOBAL 2000 ist es nun höchste Zeit, einen breiten Diskussions- und Beteiligungsprozess mit allen Interessensgruppen anzustrengen. ‘Die Reaktionen auf den TIWAG-Plan sind derart eindeutig ausgefallen, dass der Minister den Plan nicht einfach so genehmigen darf. Vor allem unter den geänderten Vorzeichen am Strommarkt ist die Errichtung neuer Pumpspeicher unbedingt zu hinterfragen’, unterstreicht Reinhard Uhrig, Energieexperte von GLOBAL 2000.

Ein umfassender Runder Tisch mit allen Beteiligten soll nun klären, wie es mit dem Ausbau der Wasserkraft in Tirol weitergeht, so die Forderung der Umweltorganisationen an Umweltminister Rupprechter. Abschließend halten die NGOs fest, dass sie nicht grundsätzlich gegen den Ausbau der Wasserkraft auftreten, wohl aber, wenn unberührte Fließgewässer und intakte Lebensräume betroffen sind, wie im Tiroler Oberland.

Mit ihrer Kritik stehen die Vertreter der großen Organisationen nicht allein da, auch regionale Bürgerinitiativen, weiteren Umwelt-NGOs und Bauern aus der Region haben sich gegen den wasserwirtschaftlichen Rahmenplan der TIWAG formiert. Eine negative Stellungnahme gibt es außerdem von Tirols Landesumweltanwalt Johannes Kostenzer.

"Es ist absurd, dass man 30 Jahre nach Hainburg, dem Start des Widerstands gegen Großkraftwerke, ein solches Projekt durchziehen will. Das ist ein gestriges Projekt und hat mit "Tirol 2050 energieautonom" nichts zu tun. Clevere erneuerbare Energienutzung geht mit der Bevölkerung. Sie ist nicht 120 Meter hoch und 450 Meter breit, so wie die geplante Staumauer des Kraftwerks Kaunertal!" konnten wir in Tirol vor Ort von einem Bauern hören.
"Wir haben hunderte Dächer, mit der Möglichkeit, die Sonne zu nutzen, wir haben ein großes Biomassepotential. Warum sollen wir unsere letzten Alpentäler mit absurden Projekten wie Megastaumauern zupflastern?"

Studien zeigen: Neue Pumpkraftwerke nicht wirtschaftlich


Wirtschaftliche Aspekte sprechen ebenfalls gegen zusätzliche Pumpspeicherkraftwerke in den Alpen, wie in der Zwischenzeit mehrere Gutachten aufzeigen. Wird das umstrittene Kraftwerk tatsächlich umgesetzt, so könnte die Kaunertalverbauung nicht nur für den Naturschutz ein Problem, sondern gleichzeitig wirtschaftlich eine Investitionsruine werden.


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /