© Laurent Renault
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Gentechnik-Richtlinie: Den Bock nicht zum Gärtner machen!

Gentechnik-Konzerne sind weiter Player in der geplanten EU-Richtlinie. Die Umweltschutzorganisation GLOBAL 2000 kritisiert Einigung auf Kompromiss im nationalen Selbstbestimmungsrecht zum Gentechnikanbau.

Wien/Brüssel – Heute haben sich VertreterInnen der Mitgliedsstaaten und des EU-Parlaments auf die Zusammensetzung der neuen geplanten EU-Richtlinie für ein nationales Selbstbestimmungsrecht zum Gentechnik-Anbau-Verbot verständigt. Die finale Abstimmung im EU-Parlament erfolgt Mitte Jänner 2015, die finale Abstimmung im EU-Ministerrat soll kurz darauf stattfinden. Die EU-Richtlinie soll ein Novum enthalten: Gentechnikkonzerne, also die Profiteure eines verstärkten Gentechnik-Anbaus in der EU, bekommen ein Mitspracherecht, wenn ein Mitgliedsstaat den Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen auf seinem Gebiet verbieten möchte. ‘Zwar ist diese so genannte erste Phase nicht mehr bindend, jedoch ist es dennoch mehr als befremdlich, dass die wirtschaftlichen Profiteure in einem Gesetzestext mit verankert werden’, betont Heidemarie Porstner, Gentechniksprecherin von GLOBAL 2000. Porstner weiter: ‘Eine rechtlich solide Grundlage für ein nationales Gentechnikanbauverbot ist dringend notwendig. Wir sind schockiert, dass es nicht gelungen ist, dem offensichtlichen Druck der Gentechnik-Industrie entgegenzuwirken. Das hat Signalwirkung auch für künftige Richtlinien und Verordnungen. Wie kann es sein, dass man Konzernen ein derartiges Mitspracherecht jetzt sogar schon schwarz auf weiß zugesteht?’

Auch bei den Verhandlungen zu den Handelsabkommen TTIP (mit den USA) und CETA (mit Kanada) steht Gentechnik ganz oben auf der Wunschliste der Konzerne und InteressensvertreterInnen der Gentechnik-Industrie. ‘Im Lichte dieser Verhandlungen ist die Einbindung der Konzerne in die neue EU-Richtlinie wirklich mehr als bedenklich. Es müsste eine grundsätzliche Rechtssicherheit für Mitgliedsstaaten geben, ohne dass Konzerne dabei mitreden dürfen. Das wäre laut einem Rechtsgutachten, das uns vorliegt, auch möglich gewesen’, erklärt Porstner.

In der so genannten zweiten Phase der geplanten EU-Richtlinie wurden einige Verbesserungen gegenüber dem ursprünglichen Vorschlag des EU-Ministerrates vom Juni 2014 gemacht: So kann ein Mitgliedsstaat für die gesamte Gültigkeitsdauer der Zulassung einer GV-Pflanze ein Anbauverbot beantragen (und nicht nur zwei Jahre nach Zulassung). Der Mitgliedsstaat kann auch ein Verbot für eine ganze Gruppe von GV-Pflanzen verhängen, also für alle GV-Maissorten oder für alle GV-Pflanzen, die die gleiche gentechnische Veränderung beinhalten. ‘Wir erwarten von Österreich, dass es sich keinesfalls der ersten Phase bedient und bei Monsanto und Co um eine Genehmigung zum Anbauverbot ansucht. Über die Phase 2 wäre aber tatsächlich ein umfassendes Anbauverbot möglich. Das gilt es, nach der Jänner-Abstimmung umzusetzen’, sagt Porstner abschließend.


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /