© Rybson/freepik.com
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Deutsche lösen das Kohlekraftwerksproblem

Es ist kein Geheimnis, dass die deutsche Energiewende bei unseren Nachbarn nicht uneingeschränkt Begeisterung auslöst. Zu ihren Gegnern gehören Energiekonzerne, viele Industriebetriebe, einige Ökonomen und selbstverständlich Politiker.

Der Chef der SPD und derzeitige Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel ist einer von ihnen. Schon lange behauptet er, dass erneuerbare Energiequellen teuer und unzuverlässig seien und dass es nötig sei, deren weiteren Ausbau zu bremsen. Nun hat er in einem offiziellen Ministerdokument geschrieben, dass es nicht möglich sei, gleichzeitig aus der Atom- und der Kohlekraft auszusteigen.

Derartige Forderungen würden angeblich enorme Preissteigerungen auslösen, eine Instabilität in der Versorgung und beim Handel eines großen Teils der Industrie mit Hinsicht auf das Ausland. Kohle- und Gaskraftwerke seien noch länger nötig, weil Wind- und Solarkraftwerke diese nicht zu ersetzen fähig seien. Laut Gabriel sei es nötig, mit Illusionen im Energiebereich Schluss zu machen.

Diese Sätze klingen zwar radikal, sagen aber in Wirklichkeit nichts wirklich Revolutionäres. Niemand in Deutschland fordert nämlich, dass Kohlekraftwerke sofort abgestellt werden müssten, bzw. vor dem Jahr 2022, was als Deadline für die Atomkraftwerksblöcke gilt.

Der Streit geht in Richtung der Frage, ob die Energiegewinnung aus der Kohle von sich aus in dem Maße von der Szene verschwinden soll, wie die erneuerbaren Energien sie zunehmend aus dem Markt verdrängt, oder ob deren Rückzug der Staat regulieren soll, ähnlich wie im Beispiel der Atomkraftwerke.

Gabriel ist für die von selbst verlaufende Entwicklung, die Umweltministerin Barbara Hendricks, übrigens ebenfalls von der SPD, für staatliches Engagement. Sie argumentiert unter anderem damit, dass Deutschland sonst seine Klimaschutzziele möglicherweise nicht erreichen könnte.

Allerdings erwartet die fossile Energiewirtschaft in Deutschland auch dann keine gute Perspektive, wenn die Bundesregierung sich der Haltung des Wirtschaftsministers annähern und die Kohlekraftwerke der Dynymik des Marktes überlassen würde.

Es ist zwar wahr, dass die Stromerzeugung in Kohlekraftwerken im vorigen Jahr historische Höchstwerte erreicht hatte, dass heuer die Daten aber schon von derem Rückgang zeugen. Und auch die Kohleförderung in den Braunkohlegruben geht zurück.

Die Liste der fossil befeuerten Kraftwerke, welche deren Eigentümer aufgrund ihrer Nichtrentabilität außer Betrieb nehmen wollen, wird laufend länger - laut jüngster Angaben sind es 47 Kraftwerke mit einer Gesamtleistungskapazität von 7740 MW.

Der Konzern Vattenfall weicht von seinen Plänen zur Öffnung neuer Kohlegruben in Sachsen und Brandenburg erkennbar zurück.

Am Markt gibt es schlicht einen Stromüberschuss und der Verbrauch von Elektrizität sinkt seit einigen Jahren, was in Zeiten eines ökonomischen Wachstums eine früher nie gesehene Angelegenheit ist.

Der Grund für all das ist einfach: Erneuerbare Energiequellen, welche heute etwa 27 % des Stroms erzeugen, sollen laut Plan der deutschen Regierung im Jahr 2030 schon 60 % herstellen. Sehr wahrscheinlich wird das aber bereits früher der Fall sein, weil die bisherige Zunahme der Leistungen der erneuerbaren Energiewirtschaft jedes Mal sämtliche Erwartungen übertroffen hat.

Beachtenswert ist auch, wie die deutsche Debatte von einigen tschechischen Medien interpretiert wurde. Der Server Ihned.cz schrieb mit Berufung auf Die Zeit, dass die deutsche Regierung nicht mit einem baldigen Abstellen der Kohlekraftwerke rechnen würde.

Noch angriffigere Sätze konnten die Leser am Server www.lidovky.cz lesen: "Deutschland überlegte, dutzende veraltete Kohlekraftwerke außer Betrieb zu nehmen. Jetzt entschied die Regierung aber, dass die Kohlekraftwerke weiterlaufen werden."

In Wirklichkeit, wie schon gesagt wurde, verläuft das Zusperren der Kohlekraftwerke in Deutschland unabhängig vom Willen der Regierung. Und dass die Regierung über deren weiteren Betrieb entscheiden würde, ist eine explizite Unwahrheit.

Sowohl Die Zeit als auch andere Medien referieren über den Streit innerhalb der Regierung, der durch einen Kompromiss gelöst werden müsse. Eine Sensation inform des Scheiterns der deutschen Energiewende findet schlicht nicht statt.

Tschechisches Original "Němci řeší, co s uhelnými elektrárnami" erschienen am 25. November 2014
im Tschechischen Rundfunk unter http://www.rozhlas.cz/plus/nazory/_zprava/1424756

Übersetzung: Bernhard Riepl, www.sonneundfreiheit.eu
Autor: Jakub Šiška (jaš)

GastautorIn: Jakub Siska für oekonews.
Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /