© pixabay.Geralt
© pixabay.Geralt

Enttäuschender UN Klimagipfel: Es ist weit mehr zu tun als beschlossen wurde

Fast alle wichtigen Entscheidungen sind bis 2015 vertagt - Erwartungen wurden nicht erfüllt.

Nach langen und kontroversen Verhandlungen hat sich die Staatengemeinschaft bei der Weltklimakonferenz in Lima, Peru (COP20) heute auf einen Minimalkonsens geeignet.

Ein Hauch von Optimismus hatte zu Beginn der diesjährigen UNO-Klimakonferenz in der Luft gelegen, sicher auch wegen der größten Klimaschutzdemonstration aller Zeiten im Herbst und den erfreulichen Ankündigungen von China und den USA. Doch für den dringend nötigen Durchbruch hat das nicht gereicht: "Die positive Klimaschutz-Dynamik wurde in Lima festgefroren", so WWF-Klimareferent Karl Schellmann.


Es konnten keine entscheidenden Schritte in Richtung des geplanten Weltklimaabkommens in Paris gegangen werden. "Es gibt keinen Grund zum Feiern. Leider schreitet der Klimawandel viel schneller voran als die Politik. Die Verhandlungen der letzten Tage haben gezeigt, wie groß die Differenzen insbesondere zwischen vielen Industriestaaten und den sich entwickelnden Ländern noch sind und dass der Weg nach Paris noch sehr steinig sein wird", so die Beurteilung von WWF-Klimareferent Karl Schellmann. Der WWF ist auch enttäuscht über den zu geringen Beitrag Österreichs für den Grünen Weltklimafonds.

Besonders enttäuschend ist, dass kein wirksamer Prozess vereinbart wurde, damit alle Länder schon in den kommenden Jahren mehr Klimaschutz betreiben. Wenn wir die gefährliche Erderwärmung von über zwei Grad verhindern wollen, müssen die globalen Emissionen vor 2020 ihren Höchststand erreichen. Es ist bitter, dass auch in Lima keine Anforderungen an die Länder gestellt werden, schnell zu handeln, so der WWF.

In Paris soll nächstes Jahr das neue globale Klimaabkommen unterzeichnet werden. Dazu sollten alle Länder melden, wie stark sie ihre Treibhausgas-Emissionen mittelfristig reduzieren. Doch das dringend benötigte einheitliche Reportingformat wurde auch in Lima nicht festgelegt. Eine Vergleichbarkeit in den Beiträgen ist deshalb nicht möglich.

"Die Konferenz in Lima war eine Verschwendung von Zeit und Energie. Mit solchen Beschlüssen werden wir den Klimawandel nicht eindämmen. Wir brauchen dringend Signale und politische Rahmenbedingungen, die Investitionen in fossile Energien schnell stoppen und zu größerer Investitionssicherheit für erneuerbare Energien sorgen. Und wir brauchen Regierungschefs und Umweltminister, die bereit sind, endlich ihren eigenen Worten auch Taten folgen zu lassen", so Schellmann. So ist der WWF enttäuscht, dass Österreich statt der geforderten 80 Millionen Euro nur 20 Millionen für den Grünen Weltklimafonds in Aussicht gestellt hat.

Ambitionierter Weltklimavertrag dringend notwendig

"Von dem letzten großen Treffen vor der entscheidenden Klimakonferenz nächstes Jahr in Paris haben wir uns mehr erwartet. Die Weichen für einen ambitionierten, rechtlich verbindlichen Weltklimavertrag wurden leider auch diesmal nicht gestellt, es wurden kaum nennenswerte Fortschritte erzielt", bedauert Stephan Schwarzer, Leiter der Abteilung für Umwelt- und Energiepolitik in der Wirtschaftskammer Österreich.

Es sei schon jetzt unwahrscheinlich, dass es in Paris zu einem Abkommen mit verbindlichen Reduktionsverpflichtungen und Emissionsobergrenzen kommen werde und dass für die europäische Wirtschaft, die als einzige für ihren CO2-Ausstoß immer mehr bezahlen müsse, endlich Wettbewerbsgleichheit geschaffen wird, so Schwarzer. "Wir sind von einem "global level playing field" " für die exportorientierte, energieintensive Industrie und von Wettbewerbsgleichheit für unsere Unternehmen weiterhin meilenweit entfernt."

Damit rückt auch das von der Wissenschaft als notwendig gesehene "2 Grad Ziel", wonach der Temperaturanstieg durch den Klimawandel 2 Grad Celsius nicht überschreiten darf, in weite Ferne. Dieses Ziel wird von der Weltstaatengemeinschaft zwar ausdrücklich unterstützt, allein die Taten fehlen.

"Ich stehe zur Verantwortung der Industrienationen, auch weiterhin ambitionierten Klimaschutz zu betreiben. Aber alle Weltregionen, nicht nur Europa, werden eine maßgebliche CO2-Reduktion stemmen müssen. Und diese Reduktionsverpflichtung aller sollte in einem künftigen Vertrag klar auch in Zahlen festgelegt werden", sagt Schwarzer.

"Ohne ein globales Abkommen, dass tatsächlich globale Wettbewerbsgleichheit schafft, braucht die europäische Industrie auch weiterhin Schutz von "Carbon Leakage", also der Abwanderung auf Grund einseitiger CO2-Kostenbelastungen. Dies ist nach dem Beschluss der EU-Staats- und Regierungschefs von Oktober, die EU-interne Reduktionsverpflichtung auch ohne Aussicht auf einen ambitionierten Weltklimavertrag drastisch anzuheben, notwendiger denn je," sagt WKÖ-Umweltexperte Schwarzer und fordert die EU-Kommission auf, endlich darzulegen, wie ein verstärkter Schutz der ansonsten durch das forcierte europäische Vorreiten abwanderungsgefährdeten europäischen Industrien bis 2030 aussehen wird. Angesichts alarmierender Arbeitslosenzahlen in Europa wäre es verantwortungslos, diesen Flankenschutz weiter hinauszuzögern und die bestehenden Investitionslähmungserscheinungen zu prolongieren.

Klimagipfel in Lima wird Herausforderungen nicht gerecht

"Das Ergebnis von Lima ist besorgniserregend schwach, und bleibt weit hinter den Erwartungen und Notwendigkeiten zurück, um die Erderwärmung auf 2 Grad Celsius zu begrenzen. Der erzielte Minimalstkompromiss wird den Herausforderungen des Klimawandels auch nicht nur annähernd gerecht", so Leonore Gewessler, Geschäftsführerin der österreichischen Umweltschutzorganisation GLOBAL 2000. Insbesondere die nur sehr vagen Kriterien für die nationalen Zusagen zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen werden den Weg Richtung Klimakonferenz in Paris noch schwieriger machen, als er ohnehin schon ist. Auch Österreich hat mit einem leider nur sehr geringen Beitrag zum Green Climate Fund zu wenig dazu beigetragen, dass die Brücke zwischen den Entwicklungsländern und den Industrieländern in den Verhandlungen gebaut werden kann. Viele wichtige Entscheidungen wurden so schlichtweg vertagt.

Österreich ist im letzten Klimschutzranking (Climate Change Performance Index) weiter hinter die Klimaschutzvorrreiter-Länder wie Dänemark zurückgefallen, was auch den nationalen Handlungsbedarf in Österreich zeigt. "Die gesamte Bundesregierung ist gefordert, Klimaschutz zur Priorität zu machen und das im Regierungsprogramm versprochene Maßnahmenpaket für Klimaschutz mit den Eckpunkten öko-soziale Steuerreform, thermische Gebäudesanierung und Investitionen in den öffentlichen Verkehr raschest vorzulegen. Nur mit verstärkten nationalen Anstrengungen der Industrieländer wird die Klimakonferenz in Paris 2015 Chancen auf Erfolg haben" so Gewessler.

Das Ergebnis der Weltklimakonferenz ist besorgniserregend schwach", stellen Eva Glawischnig, Klubobfrau und Bundessprecherin der Grünen, und Umweltsprecherin Christiane Brunner, die bei den Verhandlungen in Lima / Peru anwesend war, fest. "Es sind nur Babyschritte in Richtung eines Weltklimavertrages gemacht worden, der nächstes Jahr auf der entscheidenden Weltklimakonferenz in Paris fertig gestellt werden muss, will man die Erderwärmung auf die noch beherrschbaren zwei Grad eindämmern", so Brunner. "Um Paris erfolgreich abschließen zu können, müssen noch wichtige Verhandlungsschritte vor der dortigen Weltklimakonferenz im Herbst 2015 gesetzt werden", so Brunner.

Wichtig am Lima-Ergebnis ist die Festlegung robuster Kriterien für die Zielbestimmungen der einzelnen Länder. In Summe sind jedoch zu viele der wirklichen Knackpunkte bis zur nächsten Konferenz in Paris aufgeschoben worden. "Gegen stärkere Klimaschutzbestimmungen haben vor allem China und die Öl-exportierenden Länder opponiert", berichtet Brunner. Die Gruppe der Entwicklungsländer und kleinen Inselstaaten hat außerdem die mangelnde Paktfähigkeit der Industrieländer bei der Klimafinanzierung als größtes Manko des Gipfels beklagt. "Wenn in diesem Punkt in den nächsten Monaten keine Fortschritte gemacht werden, könnte Paris an dieser Frage scheitern", so Brunner.

Bundesminister Rupprechter zieht eher positives Resümee

Der Umweltminister meint in einer Aussendung, dass durch intensive und ernsthafte Verhandlungen eine tragfähige Basis für die Erarbeitung eines globalen Klimavertrages geschaffen werden konnte. Dieser soll im Dezember 2015 in Paris bei der COP21 abgeschlossen werden. In Peru setzte sich der Minister wie auch seine Kollegen aus den EU-Staaten in zahlreichen bilateralen Gesprächen für einen ambitionierten Abschlusstext ein. "Es gibt keine Alternative im Kampf gegen den Klimawandel. Alle müssen an einem Strang ziehen. Dabei setzen wir alles daran, auch die USA, China und Russland mit ins Boot zu holen. Es steht uns ein intensives Verhandlungsjahr bevor", betont Rupprechter.

Der weitere Fahrplan sieht vor, dass die Staaten nunmehr im Jahr 2015 ihre beabsichtigten Beiträge für den Weltklimavertrag bekanntgeben. Weiters soll bis Mai 2015 ein erster Vertragsentwurf vorbereitet werden. Die Verhandlungen gehen bereits im Februar weiter, um alle Vorbereitungen für Paris zu treffen.

Ein wichtiger Erfolg konnte bei der internationalen Klimafinanzierung verzeichnet werden. Über den "Green Climate Fund" wollen die teilnehmenden Staaten Projekte zur konkreten Umsetzung der Verpflichtungen finanzieren. Österreich hat sich zur Unterstützung verpflichtet. Rupprechter setzt bei der Finanzierung auf die Beteiligung der Bundesländer und der Wirtschaft. Sie sollen den Beitrag Österreichs von 25 auf insgesamt 50 Millionen Dollar erhöhen. "Klimaschutz ist ein Gemeinschaftsprojekt. Wir müssen globale Verantwortung übernehmen und auch auf internationaler Ebene geschlossen an einem Strang ziehen", bekräftigt Rupprechter.

Ziel des geplanten Vertrages ist es, die Erderwärmung auf zwei Grad zu begrenzen. Ohne verantwortungsbewusste Klimaschutzpolitik droht eine globale Temperaturerhöhung um mindestens 3,6 Grad Celsius, die für die Menschheit schwerwiegende Folgen hätte.


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /