© hexenkueche  pixabay.com
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Letzter Aufruf zur Steuerreform: Endlich Mut zur ökosozialen Wende!

Energie- und Ressourcenbesteuerung im EU-Gleichklang notwendig- Abschaffung aller ökologisch fragwürdiger Steuerausnahmen - KEINE Privilegien bei Grundsteuer und Dienstwägen!

Wien- Die Steuerreform-Verhandlungen gehen dem Ende zu. Der Klimawandel und seine Folgen bekommen eine immer dramatischere Dimension, auch in wirtschaftlicher Hinsicht, wie der aktuelle Sachstandsbericht Klimawandel 2014 offenbart hat. Die Auswirkungen sind vehement - auch in Österreich.

"Die aktuelle öffentliche Diskussion wird zwar von wirtschaftlichen Krisen dominiert, trotzdem werden wir nicht müde, darauf hinzuweisen, dass die Lage in Sachen Klimawandel mehr als ernst ist", betont Helga Kromp-Kolb, renommierte Klimaforscherin der BOKU und Vorsitzende des Forum Wissenschaft und Umwelt. Der Sachstandsbericht legt eindeutig klar, dass in Österreich politische Initiativen in Hinblick auf Klimaschutz und Klimawandelanpassung auf allen Ebenen - Bund, Länder und Gemeinden - erforderlich sind. Für die erforderliche Transformation der Gesellschaft muss ein breites Spektrum von Instrumenten bespielt werden. Steuern sind dabei ein zentrales Steuerungsinstrument. Wissenschaftliche Untersuchungen zeigen, dass die Besteuerung von Treibhausgasen nicht nur einen Lenkungseffekt hinsichtlich der Treibhausgasemissionen hat, sondern - richtig eingesetzt - eine Fülle weiterer positiver Effekte, darunter eine Belebung der Klein- und Mittelbetriebe in der Bau- und Handwerksbranche und eine finanzielle Entlastung sozial Schwächerer.

Der Sachstandsbericht weist zahlreiche andere Handlungsoptionen auf, darunter die Streichung klimaschädlicher Förderungen und Subventionen, etwa für die Exploration von neuen fossilen Reserven, der undifferenzierten Pendlerpauschale, welche die Nutzung des PKWs begünstigt, oder auch der Wohnbauförderung für Einfamilienhäuser im städtischen Nahbereich. "Eine als umfassend angekündigte Steuerreform in einer Zeit geringer Energiepreise, die keine klima- und umweltpolitischen Akzente setzt, würde im Rückblick den Architekten dieser Reform als eine der wichtigsten verpassten Chancen angelastet werden", so Kromp-Kolb.

Ökosoziale Steuerreform JETZT: Österreich auf europäisches Niveau heben

"In weiten Teilen der Europäischen Union ist die Ökologisierung des Steuersystems als erfolgreiche politische Maßnahme akzeptiert. In der aktuellen Steuerreformdiskussion findet diese nachhaltige Weichenstellung allerdings kaum Berücksichtigung. Hier muss das Ruder noch auf den letzten Metern herumgerissen werden", fordert Franz Maier, ehrenamtlicher Präsident des Umweltdachverbandes. Denn: Mit der Senkung der Abgabenbelastung auf Arbeit, verbunden mit einer vernünftigen Reform und Anpassung der Energie- und Ressourcenbesteuerung gelang es z. B. Deutschland, 250.000 zusätzliche Arbeitsplätze zu schaffen, gleichzeitig einen massiven Innovationsmotor in der Industrie anzuwerfen sowie - trotz Wirtschaftswachstums - die CO2-Emissionen klar zu reduzieren. "Warum soll das in Österreich nicht möglich sein?", fragt Maier. Besonders unverständlich ist diese ausdauernde Resistenz gegen eine ökosoziale Steuerreform auch vor dem Hintergrund, dass internationale Organisationen, wie z. B. die OECD, seit langem und zuletzt im Wirtschaftsbericht Österreich empfehlen, den Stellenwert von Umweltsteuern zu erhöhen. "Es geht längst nicht mehr darum, dass Österreich hier eine Vorreiterrolle einnimmt, sondern darum, dass wir auf europäisches Niveau nachziehen", stellt Maier fest.

Aus für ökologisch fragwürdige Steuerausnahmen im Verkehrsbereich

Insbesondere mit der Abschaffung der Dienstwagenprivilegien würde in ein Feld vorgestoßen werden, das eine Vielzahl weiterer Steuerausnahmen umfasst, die gleichzeitig umweltschädlich wirken. Das generierte Mehraufkommen liegt dabei zwischen den 50 Mio. Euro der Steuerreformkommission und Schätzungen der EU-Kommission, die bis zu 1,6 Mrd. Euro betragen. Weitere Einsparungsposten wären etwa die längst überfällige Angleichung des Steuersatzes zwischen Benzin und Diesel. Allein durch die Steuerdifferenz von nach wie vor 8,5 Cent pro Liter entgingen dem Finanzminister im Jahr 2013 Steuereinnahmen von 654 Mio. Euro. Angesichts der Herausforderungen auch im Luftreinhaltungsbereich (NOX) wäre diese Maßnahme mehr als notwendig. Doch das Geld liegt nicht nur auf der Straße. Auch die Aufhebung der Steuerbefreiungen des Flug- und Schiffverkehrs würde insgesamt 690 Mio. Euro bringen. "Ein Zielwert von einer Milliarde Euro wäre somit alleine durch die Ökologisierung im Verkehrsbereich und die einhergehende Abschaffung direkter oder indirekter - d. h. in Form von Steuerausnahmen - ökologisch fragwürdiger Steuerausnahmen in diesem Sektor leicht einzusparen", so Maier.

10 Cent mehr bedeuten rund 150 Mio. Euro

"Die österreichische Bundesregierung hat im Rahmen der Steuerreform die Chance, das System nach ökosozialen Gesichtspunkten zu reformieren", bekräftigt auch Josef Plank, Präsident des Österreichischen Biomasse-Verbandes. Die Erdölpreise sind im Zuge eines halben Jahres deutlich gesunken und weiterhin unter dem Niveau der Vorjahre. Ein Blick auf die unterschiedlichen Mineralölsteuersätze zeigt, dass die Steuer für Heizöl mit derzeit nur 9,8 Cent pro Liter deutlich bevorzugt wird. Dies entspricht rund einem Viertel des ohnehin schon begünstigen Niveaus für Diesel. "Wenn wir diesen Steuersatz um rund 10 Cent pro Liter erhöhen, wäre Heizöl immer noch billiger als in den vergangenen vier Jahren. Aus dieser Erhöhung würden sich zusätzliche Fiskaleinnahmen von rund 150 Mio. Euro ergeben. Auch der Lenkungseffekt ist enorm, weil die Glaubwürdigkeit in der notwendigen Veränderung des Energiesystems und die Wettbewerbsfähigkeit der erneuerbaren Energiesysteme deutlich gestärkt wären", analysiert Plank.

Streichung von Grundsteuerprivilegien

"In den aktuellen Steuerverhandlungen wird zudem außer Acht gelassen, dass im Bereich der Grundsteuer einiges zu holen wäre. Allein durch die Aufhebung von Grundsteuerbefreiungen und eine moderate stufenmäßige Anhebung der Grundsteuer bis 2020 wären mindestens 500 Mio. Euro pro Jahr für das Budget einbringbar", rechnet Maier vor. In Österreich werden der Natur täglich rund 31 Fußballfelder oder 22,4 Hektar an wertvollem Boden entzogen. Gleichzeitig leisten wir uns einen Wildwuchs an Einkaufszentren und flächenfressenden Verkehrsprojekten. Allein durch die Streichung der Grundsteuerbefreiung für die Verkehrsflächen der ASFINAG, der ÖBB oder von Flughäfen wäre ein Volumen von ca. 130-150 Mio. Euro einhebbar. "2015 ist das Internationale Jahr des Bodens. Wir sind gefordert, dringend nötige Maßnahmen zum Bodenschutz in die Wege zu leiten - die Streichung der Grundsteuerprivilegien wäre ein erster wichtiger Schritt in diese Richtung", so Maier.

Sofort umsetzbare Vorschläge sind am Tisch

"Unsere Vorschläge sind Vorschläge zur Güte. Sie sind sofort machbar, ökosozial ausgerichtet, bringen substanzielle Beiträge und Österreich wieder auf europäisches Niveau bei der Besteuerung des Energie- und Ressourcenverbrauchs", so Maier.


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /