© Energieinstitut
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Raus aus der Abhängigkeit

Eine Ansichtssache von Dr. Adi Gross, Geschäftsführer des Energieinstitut Vorarlberg, zur aktuellen Energiepreisdiskussion

Die hohen Rohölpreise – andere Energieträger werden in der Preisentwicklung folgen – haben einen Grund. Es kann nicht mehr genug Öl gefördert werden. Und das wird so bleiben. Wir sind aber zu drei Vierteln abhängig von fossilen Energieträgern. Dagegen gibt es nur ein Rezept das nachhaltig wirkt: Raus aus der Abhängigkeit, so schnell es geht. Wir müssen das Öl verlassen, bevor es uns verlässt.

Die Förderlücke ist nicht mehr zu schließen

Noch vor kurzem hätte es wohl niemand für realistisch gehalten, dass die Energiepreise, allen voran die Ölpreise, derart ansteigen werden. Dabei ist das erst der Anfang. Die Preise werden – mit Schwankungen – weiter steigen. Das gilt zuerst für Öl, das gilt aber auch für Gas und Strom. Denn auch die Kohle hat z.B. ihren Preis verdoppelt. Der zentrale Grund ist, dass der globale Energiehunger immer größer wird aber gleichzeitig die Ölförderung damit nicht mehr mithalten kann. In einem alarmierenden Interview bestätigt dies erstmalig auch die internationale Energieagentur und viele andere. Die Förderlücke wird nicht mehr zu schließen sein.

Pflaster helfen nicht

Das kann man nicht ändern, jedenfalls nicht in Österreich, nicht in Europa, schon gar nicht in Vorarlberg. Da helfen auch keine vielleicht gut gemeinten Pflaster. Die setzen nur das falsche Signal. So wäre es fatal, jetzt relevante Steuern zu senken wie etwa die Mineralölsteuer, oder, wie es leider schon geschehen ist, Pauschalen anheben. Die Wirkung wäre, dass wir es nur schlimmer machen und notwendige Maßnahmen zum eigenen Schaden hinausschieben. Wir müssen jetzt handeln, wenn wir schon wissen was auf uns zukommt. Wir stehen vor einer Energiekrise, die uns aber zur Chance gereichen kann.

Abhängigkeit reduzieren

Wir sind abhängig und wir haben uns über Jahrzehnte selber abhängig gemacht. Es gibt nur eines: Raus aus der Abhängigkeit! Das wird zur wirtschaftlichen Überlebensfrage. Abhängigkeit heißt auch Geldabfluss. Wir füttern mit Milliarden Euros jährlich die Ölscheichs, damit sie ihre Sandinseln bauen können.
Die Abhängigkeit reduzieren heißt die Energieeffizienz radikal steigern. Da ist noch längst nicht das Ende der Fahnenstange erreicht. Wir wissen heute wie man den Energieverbrauch bei gleichen Dienstleistungen weit mehr als halbieren kann. Das heißt weiters Ausschöpfung der Möglichkeiten erneuerbare Energieträger zu ernten. Andere Lösungen sind nicht intelligent und nicht zukunftsfähig.

Der Preis lenkt

Wir brauchen die Lenkungswirkung über den Preis, auch wenn es schmerzt. So wird Veränderung ausgelöst.
Eine Abfederung sozialer Härten muss über Rückverteilung aus den Profiten der Preissteigerungen erfolgen, aber so, ohne die Lenkungswirkung zu stören.

Viele notwendige Veränderungen um aus der Abhängigkeit zu kommen gehen schnell. So wie das eigene Verhalten oder beispielsweise im Mobilitätsbereich. Einiges ist mittelfristig, wie die Sanierung von Gebäuden, die Veränderung von Nahversorgungs- und Wirtschaftsstrukturen. Einiges braucht Zeit, ist aber besonders wichtig, wie raumplanerische und infrastrukturelle Aspekte der Energieversorgung und der Mobilität. Und, umso längerfristiger eine Sache ist, desto eher muss man handeln.

Wir können gewinnen

Wir müssen uns davor, wenn wir aktiv handeln, nicht fürchten. Wir gewinnen mehr Selbständigkeit und vernünftige, nachhaltige Strukturen. Wir haben alle Möglichkeiten und Chancen, wirtschaftlich und persönlich. Wirtschaftlich gewinnen werden know how basierte Branchen, Branchen die besonders energieeffizient zu produzieren verstehen, Branchen die sich mit Effizienztechnologien beschäftigen (inklusive Verkehrssysteme und Baubranche) und solche die Technologien zur Nutzung erneuerbarer Energieträger herstellen sowie letztlich Energieproduzenten auf Basis erneuerbarer Energieträger. Fakten die auf Vorarlberg besonders zutreffen. Und durchaus wahrscheinlich wird auch der Tourismus profitieren, denn Billigflüge rund um die Welt haben ein Ablaufdatum.
Also ordentlich rann an die Sache, die anderen schlafen nicht. Besser jetzt konsequent steuern und positive Aspekte nutzen als dann mit (de facto) Zwangsmaßnahmen konfrontiert sein.

Höhere Preise bringen einen sorgsameren Umgang mit der extrem wichtigen Ressource Energie mit sich. Sie tragen dazu bei, dass wir etwa bewusster und zurückhaltender mit dem Auto umgehen, Geräte ausschalten wenn wir sie nicht brauchen, Verbesserungsmaßnahmen am Gebäude die zudem den Komfort erhöhen in Erwägung ziehen, unser Handeln mehr an Reflexion und Qualität gewinnt.

GastautorIn: Adi Gross für oekonews.
Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /