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Nuclear-Free Future Award an Vorbilder aus unterschiedlichsten Ländern

Die Preisträger des Nuclear-Free Future Award 2015 kommen aus USA, Schweiz, Marshall Islands, Österreich und der Kanada.

Die internationale Jury wählte die folgenden Kandidaten:

Kategorie WIDERSTAND:

Megan Rice, Michael Walli und Gregory Boertje-Obed, USA

Am 28. Juli 2012 brach die damals 82-jährige katholische Ordensschwester Megan Rice gemeinsam mit Michael R. Walli (63) und Gregory I. Boertje-Obed (57) in einen sogenannten ‘Y-12 Security Complex’ in Oak Ridge, im amerikanischen Tennessee ein, in einen der streng bewachten Orte, an denen die Vereinigten Staaten hoch angereichertes, waffenfähiges Uran lagern. Die drei – allesamt Mitglieder von ‘Transform Now Plowshares’, zu deutsch ‘Jetzt Schwerter zu Pflugscharen’ – sprayten Friedensparolen auf die Einrichtungen, zu denen normalerweise Nicht-Zugangsberechtigte keinerlei Eintritt erhalten. Sie hissten Friedensfahnen, hämmerten eine festungsartig gesicherte Lagerungseinrichtung für Uran-Material auf, verspritzten Blut aus kleinen Flaschen auf den Bunkerwänden und hinterließen Botschaften wie ‘Die Frucht der Gerechtigkeit ist Frieden’. Als nach mehr als zwei Stunden die Sicherungsmannschaft bei dem Trio eintraf, fand sie Megan, Michael und Gregory singend, in ihren ausgestreckten Armen Kerzen, die Bibel und Rosen. Für ihr Eindringen und die Ausnutzung der ‘größten Sicherheitslücke in der US-Geschichte atomarer Einrichtungen’ (New York Times) ergingen drakonische Urteile: Schwester Megan Rice: 35 Monate Gefängnis, Michael R.Walli und Gregory I. Boertje-Obed: jeweils 62 Monate.


Kategorie AUFKLÄRUNG:

Cornelia Hesse-Honegger, Schweiz

Cornelia Hesse-Honegger, geboren 1944 in Zürich, ist eine zeichnende Wissenschaftlerin, die bereits 1967 Mutationen an Frucht- und Stubenfliegen mit dem Zeichenstift dokumentierte, die unter Laborbedingungen bestrahlt worden waren. Nach der Reaktorkatastrophe in Tschernobyl fand sie stark deformierte Blattwanzen in Regionen Schwedens, die von der radioaktiven Wolke aus Tschernobyl kontaminiert worden waren, und hielt sie fest. Sie zeichnete mutierte Insekten u.a. im Umfeld von Sellafield, La Hague, Three Miles Island, den Atomtestgebieten Nevadas – und an vielen anderen Orten. Das eigentlich Alarmierende: Geschädigte Insekten fand die Forscherin nicht nur an den bekannten Katastrophenorten, sondern auch im Umfeld ‘normal’ funktionierender, gut gewarteter Schweizer Atomkraftwerke. Das ist das Alarmierende ihrer wissenschaftlichen Zeichnungen, die handwerklich präzise deformierte Fühler, Flügel und Füße zu Papier brachte. Als Künstlerin hat Cornelia Hesse-Honegger eindringliche Warnsignale einer radioaktiven Welt geschaffen.

Kategorie LÖSUNG:

Tony De Brum, Marshal Inseln

Senator Tony de Brum, Jahrgang 1945, amtierender Außenminister der Republik der Marshall-Inseln, zu denen auch die Atolle Bikini und Eniwetok gehören, war als kleiner Junge Augenzeuge, als 1954 die Castle Bravo-Bombe detonierte. Sie ist die stärkste Atombombe, die jemals von den USA gezündet wurde – tausendmal gewaltiger als die Bombe von Hiroshima. Noch in 200 Meilen Entfernung erlebte der damals Neunjährige den lautlosen Blitz und die Kraft der Schockwelle. Von 1946 bis 1958 führten die USA auf den beiden Atollen insgesamt 67 Atombombentests durch, zum Teil oberirdisch, zum Teil unter Wasser. Das Bikini-Atoll wurde dadurch zu einem Symbol des nuklearen Schreckens. Tony de Brum hat den Großteil seines Lebens damit verbracht, für die Beseitigung der Strahlenschäden und die Entschädigung der Strahlenopfer auf den Marshall-Inseln zu kämpfen. Erst im April 2014 hat er vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag ein Verfahren gegen die neun Atomwaffenstaaten USA, Russland, Großbritannien, Frankreich, China, Israel, Indien, Pakistan und Nordkorea eingeleitet, um sie wegen eklatanter Verletzungen des Völkerrechts zur Rechenschaft zu ziehen. Der Bann sämtlicher Atomwaffen und gleichzeitig der Kampf gegen die fortgesetzte Aufheizung der Erdatmosphäre sind seit Jahrzehnten die thematischen Felder, auf denen Tony de Brum unterwegs ist.


Kategorie BESONDERE ANERKENNUNG /Ehrenpreis:

Cree Youth of Mistissini, Kanada (Quebec)

Shawn Iserhoff, Justice Debassige, Desmond Michel, Kayleigh Spencer, Catherine Quinn sind Heranwachsende Cree aus dem Dorf Mistissini, einem der südlichen Dörfer der Cree in der kanadischen Provinz Quebec. Als die kanadische Bergbaufirma Strateco Inc. in ihrer Heimat, in der Gegend zwischen Chibougamou und Mistissini, damit begann, nach Uran zu suchen, wurden die jungen Leute aktiv: 2012 marschierten sie fast 900 Kilometer von Mistissini nach Quebec City und Montreal und überzeugten Jugendliche anderer Dörfer sich anzuschließen. ‘Together Against Uranium’ stand auf ihrem Banner. Der Große Rat der Cree verbot schließlich den Abbau von Uran. Strateco schloss seine Explorations-Lager, zog ab und verklagte die Provinzregierung auf Schadenersatz. Der Funke des indianischen Widerstands vereinte sich mit der weißen Anti-Atombewegung und entfachte ein Feuer des Widerstands, das im April 2015 beim World Uranium Symposium in Quebec City bereits loderte. Dafür werden die jugendlichen Aktivisten der Cree mit dem Ehrenpreis des Nuclear-Free Future Awards ausgezeichnet.



Alexander Kmentt, Österreich

Alexander Kmentt, Jahrgang 1965, leitet seit 2011 die Abteilung für Abrüstung, Rüstungskontrolle und Nonproliferation im österreichischen Außenministerium. Seit 15 Jahren spezialisiert er sich auf Abrüstungsthemen und die Nicht-Verbreitung von Atomwaffen, 2014 wurde er von der amerikanischen ‘Arms Control Association” zur ‘Arms Control Person of the Year’ gewählt, der Rüstungskontrollperson des Jahres. Vor dem Hintergrund der Ukraine-Krise und der erneuten Gefahr eines Kalten Krieges appelliert Alexander Kmentt an die Menschheit: ‘Das Beharren auf Nuklearwaffen ist ein letztlich unverantwortliches Glücksspiel, das auf einer Illusion von Sicherheit aufbaut. Das Vertrauen der ,Abschreckungs-Realisten‘ auf diese Illusion ist daher die eigentliche ,Utopie‘, während ein klarer Fokus auf Prävention und nukleare Abrüstung als die einzig nachhaltige und ,realpolitisch‘ vernünftige Konklusion gelten muss.’ Und er zitiert den Vatikan, um der zunehmenden Bedrohung das notwenige Gewicht zu geben: ‘Der Zeitpunkt ist gekommen, nicht nur die Unmoral der Verwendung von Nuklearwaffen zu betonen, sondern auch die Unmoral ihres Besitzes, um damit den Weg zur Abschaffung von Nuklearwaffen zu ebnen.’ Anlässlich des 70. Jahrestages der Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki betont der Abrüstungs-Experte, dass es an der Zeit sei, ‘eine völlige Abkehr von Nuklearwaffen zu initiieren, bevor wir unser Glück früher oder später überstrapaziert haben werden.’

Die Preise werden am 28. Oktober im Russel Building, Capitol Hill, Washington, DC vergeben.


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /