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Japan: Erstmals Fukushimaunfall als Krebsverursacher bestätigt

Die Japanische Regierung hat erstmals offiziell anerkannt, dass ein Angestellter des AKW Fukushima aufgrund des Einflusses von Strahlung nach der Havarie im Jahre 2011 an Krebs erkrankt sei.

Nun soll er eine Entschädigung erhalten. Eine Reihe von Experten macht aber darauf aufmerksam, dass in Wirklichkeit die Häufigkeit an Krebserkrankungen nach der Katastrophe generell stark zugenommen habe.

Dieser Fall erfülle die gegebenen Kriterien, konstatierte das Japanische Gesundheitsministerium trocken. Der heute 41-jährige Mann befand sich zur Zeit der tragischen Havarie im Jahre 2011 nicht im Kraftwerk, arbeitete aber mehr als ein Jahr danach in einem Team von Menschen, welche sich bemühten, den geschmolzenen Reaktor nach außen hin abzudichten. Später wurde bei ihm eine Leukämie-Erkrankung diagnostiziert. Das ist überhaupt das erste Mal, dass eine japanische Behörde einen Zusammenhang zwischen der Krebserkrankung eines konkreten Menschen und der Verstrahlung in Folge der Havarie von Fukushima herstellte. Drei weitere Fälle werden noch überprüft.

Wenn es tatsächlich so wäre, dass die nach Tschernobyl größte atomare Katastrophe in der Geschichte maximal vier Krebserkrankungen verursacht hätte, wäre das noch keine allzu schlechte Bilanz. Allerdings gibt es eine Reihe von Indizien, dass die Realität ziemlich anders aussieht. Wie die deutsche Frankfurter Allgemeine Zeitung erinnert, haben laut Angaben der Weltgesundheitsorganisation Frauen, welche in hoch radioaktiv verstrahlten Gebieten leben, eine um 70% erhöhte Wahrscheinlichkeit, dass bei ihnen Schilddrüsenkrebs auftritt.

Einem noch größeren Risiko sind Kinder ausgesetzt, weil deren Organismus gegenüber radioaktiver Strahlung 10 Mal sensibler reagiert, als der Organismus von Erwachsenen. Obwohl die japanischen Behörden wiederholt versichern, dass außerhalb der sogenannten verbotenen Zone rund um das havarierte Kraftwerk die Strahlung unter Kontrolle sei und niemandem eine Gefahr drohe, sprechen die Statistiken eine klare Sprache: Schilddrüsenkrebs hat es vor dem Jahr 2011 in Japan bei Kindern praktisch nicht gegeben, respektive bewegte sich die Frequenz des Auftretens von Schilddrüsenkrebs bei unter einem Fall pro einer Million betroffener Kinder.

Nach dem Unfall wurden bis zum August des heurigen Jahres allein in der Präfektur Fukushima, wo etwa 300 000 Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren leben, insgesamt 137 entsprechende Krebsfälle verzeichnet, wobei sich die Häufigkeit ihres Auftretens von Jahr zu Jahr erhöht. Die Situation hat sich insofern auch weiter verkompliziert, dass das Entweichen von Strahlung in die Umwelt nicht ein einmaliges Ereignis war, sondern dass Strahlung aus den geschmolzenen und ungesicherten Reaktoren weiterhin laufend austritt. Dennoch behaupteten die Behörden, dass ein Zusammenhang zwischen der Erkrankung eines konkreten Menschen und der AKW-Havarie nicht nachweisbar sei. Das verstärkte Auftreten von Krebsfällen sei darin begründet, dass Kinder jetzt einfach sorgfältiger untersucht würden, sodass dabei auch Fälle entdeckt werden, auf welche man sonst nicht gekommen wäre.

Einer derartigen Begründung aber glauben die Japaner, welche traditionell ihren Vorgesetzen gegenüber gehorsam zu sein pflegen, immer weniger. Eine Reihe von Ärzten, Wissenschaftlern und Aktivisten meint, dass die Regierung aus den Menschen unter Beihilfe der Atomlobbyisten Versuchskaninchen mache. Kürzlich gaben die Behörden zum Beispiel ihre Absicht bekannt, den Menschen in einen Teil der verbotenen Zone, aus der unmittelbar nach der Havarie etwa 150.000 Bewohner evakuiert worden waren, eine Rückkehr zu erlauben. Eine Rückkehr sei angeblich sicher, die Rückkehrwilligen mögen sich präventiv aber nicht überflüssigerweise im Freien aufhalten, keine landwirtschaftlichen Produkte ziehen, keine Früchte sammeln oder in Seen oder Flüssen baden. Kein Wunder, dass laut einer Umfrage kaum jemand an so einem Leben Interesse hat.

Autor: Jakub Šiška

erschienen am 14.12.2015 im tschechischen Original "V Japonsku poprvé potvrzena rakovina kvůli Fukušimě" auf
http://temelin.cz/index.php?option=com_content&view=article&id=728:fukusima&catid=45:bezpecnost-atomu&Itemid=92

Übersetzung: Bernhard Riepl, www.sonneundfreiheit.eu

GastautorIn: Jakub Šiška für oekonews.
Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /